Einige Befunde erstaunten die Archäologen
Bei einer Oberflächenbegehung auf dem Areal des ehemaligen KZ-Außenlagers Asbach gab es trotz guter Quellenlage Überraschungen.

Von Noemi Girgla
Asbach/Daudenzell. Was bislang über das KZ-Außenlager in der Nähe des alten Sportplatzes in Asbach bekannt ist, weiß man aus Lagerdokumenten, Zeitzeugenberichten, Zeichnungen, Fotos und Karten. Diese liefern einen spannenden Einblick dessen, was 1944/45 im Hönigwald vor sich ging – alle Fragen können sie aber nicht zur Gänze klären.
Um weitere Puzzleteilchen zu finden, die das Bild komplettieren könnten, kam man dieser Tage zu einer archäologischen Oberflächenbegehung zusammen, einem sogenannten "Survey". Gekommen waren acht Studierende der Uni Tübingen gemeinsam mit Projektleiter Attila Dézsi vom Landesamt für Denkmalpflege. In drei Tagen liefen sie die Fläche ab, fanden Strukturen, beschrieben das Gesehene, vermaßen und zeichneten Pläne – so weit sie eben kamen.
"Die Fläche ist so groß, da bräuchten wir doppelt so viele Leute und eine ganze Woche, um alles erfassen zu können", meinte eine Studentin am letzten Tag des Surveys. "Wir haben das Gelände zunächst in sieben Bereiche unterteilt, von denen einer zu stark bewachsen war, als dass wir ihn hätten begehen können", erklärt der Projektleiter das Vorgehen. Letztlich habe man in den drei Tagen vier der Bereiche aufnehmen und dokumentieren können.
Ein erstes Fazit: "Die Pläne und der Befund gehen teilweise auseinander", verrät Dézsi auf einer Betonplattform mit Abflüssen stehend. "Dieses Gebäude war überwuchert und eine ziemliche Überraschung. Es ist weder den Plänen zu entnehmen noch wird es irgendwo beschrieben." Eventuell habe es zwischen den Baracken gestanden. Was genau es war, lässt sich (noch) nicht sicher sagen. Eine Küche? Eine Waschbaracke? Wurde es von der Wachmannschaft oder den Häftlingen genutzt? Lediglich die Abflüsse legen nahe, dass sie irgendeine Hygiene-Funktion gehabt haben müssen.
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Die Mauer um das Gebäude herum fehlt. War es ursprünglich länger? Wurde es fertiggestellt? Mehr Fragen als Antworten. "Insgesamt haben wir fünf Gebäude gefunden. Es gibt aber noch sechs weitere Betonplattformen, auf denen etwas errichtet werden sollte", erzählt Dézsi. Man könne gut erkennen, dass der Bau des Lagers im vorderen Bereich vorangeschritten war und im hinteren (mit Kriegsende und Aufgabe) mitten im Bau abgebrochen wurde.
Auch seien Wasserleitungen parallel zu den Gebäuden gegraben worden, jedoch gebe es keine Hinweise auf Rohre. Und noch etwas wundert den Neuzeitarchäologen: "Wir haben bisher kein Glas bei den Baracken gefunden." Dafür ist an einigen Ziegeln eines vermeintlichen "Türmchens" direkt am Sportplatz der Name der Manufaktur erkennbar. Dézsi hofft, so ermitteln zu können, woher die Ziegel kamen. Ob jenes Türmchen, von dem nur noch die Bodenplatte erhalten ist, aber ein Wachturm oder Trafohäuschen war, das steht auf einem anderen Blatt. "Im Lager in Obrigheim ist ein Trafohäuschen erhalten. Das werden wir jetzt vergleichen", beschreibt der Projektleiter das weitere Vorgehen.
Außerdem will Dézsi Kontakt zu Bauhistorikern aufnehmen, die sich mit Maurertechniken auskennen. Nur so ließen sich Detailfragen klären. "Aus meiner Perspektive würde es sich lohnen, hier zu graben", meint er. Vieles hat sich ihm noch nicht erschlossen. "Bei einer Grabung könnte die Funktion der einzelnen Gebäude geklärt werden. Die Wachmannschaft hatte ja eine ganz andere Ausrüstung als die Häftling. So ließe sich herausfinden, wer wo untergebracht war."
Ob es zur Grabung kommt, muss abgewartet werden. Dézsi wird nun erst einmal einen Überblick aus den gesammelten Daten sowie eine Beurteilung erstellen. Dokumentieren, was tatsächlich noch vorhanden ist. "Ich habe auch in Auftrag gegeben, dass im Winter, wenn die Belaubung weg ist, noch einmal Luftbildaufnahmen von dem Areal gemacht werden", erhofft er sich neue Erkenntnisse.
Auch die Studierenden würden sich wünschen, dass das ehemalige Lager weiter erforscht wird. "Hier ausgraben – das wär’s", meint eine Studentin. "Die Mauern und Fundamente sind ja noch da. Es wäre toll herauszufinden, um was für Gebäude es sich konkret handelte."
Das "Unbekannte mitbearbeiten" würde auch eine weitere Survey-Teilnehmerin gerne: "Es ist unheimlich spannend, dass wir jetzt die ersten sind, die das hier wirklich archäologisch aufnehmen. Wenn es eine Grabung geben sollte, würde ich gerne daran teilnehmen. Es ist schön, dass die Archäologie des 20. Jahrhunderts nun in den Fokus rückt, denn es gibt viele Fragen, die wir klären können."
Von Gemeindeseite steht dem Vorhaben nichts im Weg: Sowohl der Aglasterhausener Bürgermeister Stefan Kron als auch Obrigheims Bürgermeister Achim Walter würden sich freuen, wenn das Projekt fortgesetzt wird. Beide sind gespannt, zu welchen neuen Erkenntnissen die Neuzeitarchäologen wohl kommen. Die Entscheidung liegt jetzt aber beim Landesamt für Denkmalpflege – und natürlich auch die Bereitstellung von Forschungsgeldern ...