Gundelsheim

So produziert die Schokoladen-Manufaktur Schell ihre Kreationen

Von der Bohne bis zur Lemberger-Trüffelpraline - Dem Geheimnis der Pralinen auf der Spur

31.08.2020 UPDATE: 01.09.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden
Die Vielfalt an Formen, Farben, Größen und Zutaten machen Pralinen zu einem der vielseitigsten Genüsse. Um das Geheimnis ihrer Herstellung weiß das Ehepaar Schell aus Gundelsheim genau Bescheid. Foto: Anton Zuber

Von Anton Zuber

Gundelsheim. Ein Wasserfall aus Schokolade, Blumen aus Zucker und essbares Gras. Spätestens seit der Verfilmung von Roald Dahls Kinderbuchklassiker "Charlie und die Schokoladenfabrik" träumen viele Mädchen und Jungen von einem eigenen süßen Imperium. Nur so viel vorweg: Charlies Oompa-Loompas sind es nicht, die köstliche Schokolade und Pralinen produzieren. Es sind Eberhard Schell und seine Mitarbeiter, die dafür sorgen, dass Gourmets die allerfeinsten Schokoladen genießen können. Und der erfahrene Chocolatier überrascht mit ähnlich köstlichen Kreationen wie die exzentrisch-genialen Filmfiguren.

Hintergrund

Die Bäckerei und Konditorei Schell wurde 1924 von Großvater Karl gegründet. Seit 30 Jahren führen nun Annette und Eberhard Schell die Geschicke des Betriebes. Die vierte Generation, Agnes und Michaela Schell, arbeitet ebenfalls im Betrieb. 1995 wurde das "Essigschleckerle"

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Die Bäckerei und Konditorei Schell wurde 1924 von Großvater Karl gegründet. Seit 30 Jahren führen nun Annette und Eberhard Schell die Geschicke des Betriebes. Die vierte Generation, Agnes und Michaela Schell, arbeitet ebenfalls im Betrieb. 1995 wurde das "Essigschleckerle" als erste deutsche Praline mit Patent kreiert und schaffte sogar den Sprung ins Guinness-Buch der Rekorde. Seitdem hat sich Eberhard Schell auf Schokoladen aus qualifizierten Herkunftsländern sowie auf den Themenbereich "Schokolade und Wein" spezialisiert. Er arbeitet mit Weingütern in Deutschland, Frankreich, Italien und der Schweiz zusammen. (az)

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Doch wer in Schells Produktionsstätte eine Landschaft mit hochtechnisierten, computergesteuerten Produktionsanlagen erwartet, wird enttäuscht. Eberhard Schell versteht seinen beruflichen Lebensinhalt als echte Handarbeit. Und er ist ein kreativer Schokoladenkünstler mit viel Innovationskraft. Rund acht Arbeitsschritte sind notwendig, bis die sämige Schokoladenmasse als edle Praline die Stätte des Genusses verlässt. Doch ohne Mysterium geht es auch in der Schokoladenmanufaktur Schell nicht. "Es kommt auf die Zusammensetzung der Zutaten und vor allem auf die Verarbeitung an", erklärt Eberhard Schell.

"Für unseren hohen Anspruch an die Schokoladenqualität ist die Herkunft des Kakaos von entscheidender Bedeutung", betont Eberhard Schell. Aus diesem Grund pflegt er eine enge Partnerschaft mit Kakao-Pflanzern in den Anbaugebieten in Südamerika. Schell überzeugt sich vor Ort vom Wachstum und Verfahren mit der Kakaobohne. "Anfänglich hat man mich für verrückt erklärt", erinnert sich Schell an den Start seiner Schokoladenproduktion vor 25 Jahren. Wie viele Chocolatiers liegen auch seine Wurzeln in der elterlichen Bäckerei, die es nach wie vor gibt. Schokoladen und Pralinen sind jedoch zum Haupterwerb des Familienunternehmens geworden.

Für eine 100-Gramm-Tafel Schokolade werden etwa 50 Kakaobohnen benötigt. Doch bis aus der Kakaoblüte leckere Schokolade wird, sind viele Schritte und einige Verwandlungen nötig. In den rund ein halbes Kilogramm schweren, ovalen Kakaofrüchten liegen, eingebettet im weißen, aromatisch-saftigen und süßlich-frisch schmeckenden Fruchtfleisch, die Samen. Sie werden per Hand aus der aufgeschlagenen Kakaofrucht entnommen. Die Transformation der Samen geschieht in einer rund fünftägigen Fermentierung, die das typische Aroma des Kakaos bewirkt. Das ist ein Verfahren, das der Weinherstellung ähnelt: Traubensaft schmeckt ja auch ganz anders als vergorener Wein.

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Die Bohnen werden in den ersten 24 Stunden alle zehn Minuten gewendet und aufwendig getrocknet. Dies geschieht immer in den Erzeugerländern. Ganze Bohnen werden zunächst bei 130 Grad im Ofen geröstet. Die Struktur der Bohne bleibt während des gesamten Röstprozesses erhalten, und erst nach der Abkühlung kommt das Brechen der Bohnen. Kakaonibs entstehen, der Stoff für Schokolade.

Die ungefähr maiskorngroßen Kakaostückchen kommen in den Melangeur. Mit Zucker und Milchpulver wird die Masse gewalzt, in einem Mahlwerk erneut auf rund 16 Mikrometer zerkleinert und dann bei 70 Grad Celsius und bis zu 72 Stunden conchiert. Industrieschokolade wird bei rund 100 Grad und acht bis zwölf Stunden conchiert. Sobald die flüssige Schokoladenmasse ihre gewünschte Konsistenz erreicht hat, muss sie kontrolliert temperiert werden, bevor Tafeln, Hohlfiguren oder Pralinen entstehen.

Die Rezeptur der Lemberger-Trüffelpraline bleibt Schells Geheimnis. Foto: Zuber

Um eine Lemberger-Trüffelpraline herzustellen, ist die cremige Füllung in Verbindung mit der Schokolade maßgebend. Die Finessen der Rezeptur bleiben dabei das süße Geheimnis von Eberhard Schell. Gesagt werden darf, dass edler Lembergerwein und spezielle Schokoladen, die mit dem Wein in besonderer Weise harmonieren, mit einem Schuss Sahne erwärmt und zusammengefügt werden.

Das One-Shot-Verfahren für gefüllte Pralinen ist dagegen gängige Praxis. In die schokoladige Hülle wird über einen feinen Füllkopf die köstliche Lemberger-Creme mit einem zusätzlichen Schuss des edlen Weins in die Hohlfigur aus Schokolade gegeben und mit einem Pfropfen verschlossen. Dann wird die Praline nochmals in feine Schokolade getaucht. Je nach Sorte ist die Schokoladenhülle nicht glatt, sondern ein bisschen stachelig gestaltet, was wiederum Einfluss auf die Sensorik und das Mundgefühl nimmt. Andere Lemberger-Trüffelpralinen werden in Weinzucker gewälzt oder bekommen einen Schokoladenmantel und sind kunstvoll verziert.

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