Eberbach

Fünfzig Fachwerkhäuser prägen das Stadtbild

Dr. Bernd Strey führt anlässlich des Deutschen Fachwerktages unter dem Motto "Fachwerk und Sandstein durch die Altstadt.

31.05.2023 UPDATE: 31.05.2023 06:00 Uhr 3 Minuten, 21 Sekunden
Die Kunst des Fachwerks am kleinen Schloss der Altstadt. Foto: Uta Förster

Von Uta Förster

Eberbach. Anlässlich des 9. Deutschen Fachwerktages bot die Stadt Eberbach am Pfingstsonntag eine besondere Themenführung "Fachwerk und Sandstein" an. Durch den Feiertag und auch die recht spontane Bekanntgabe dieser Führung war die interessierte Gruppe recht überschaubar.

Dr. Bernd Strey, der sich zu diesem Thema extra hatte coachen lassen, begrüßte die Teilnehmer am Startpunkt auf dem Leopoldsplatz. Seit nunmehr zwei Jahren ist die Stadt Eberbach Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fachwerkstädte und der Deutschen Fachwerkstraße. Zum jährlichen Deutschen Fachwerktag fanden an diesem Sonntag auch in umliegenden Städten besondere Führungen mit dem Schwerpunkt "Fachwerk" statt. Bei der Eberbacher Führung ging es sowohl um die Fachwerkbauten wie auch um den allgegenwärtigen Sandstein in unserer schönen Stauferstadt.

Die erste Station der Themenführung führte das Grüppchen ins Naturparkzentrum im Thalheimschen Haus. Hier erklärte Strey anhand der vorhandenen Ausstellungsstücke die Unterschiede der verschiedenen regional im Odenwald vorkommenden Gesteinsarten. Vom sehr festen Granit über die Vulkangesteine Quarzpophyr und den Basalt, der unter anderem am Katzenbuckel vorkommt und vorrangig im Kölner Dom verbaut wurde bis hin zu den Sedimentgesteinen Muschelkalk und Buntsandstein konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Unterschiede selbst erfühlen und unter die Lupe nehmen.

Der Buntsandstein ist der Bausandstein, der in Eberbach sehr häufig verbaut wurde und hier überall zu sehen ist. Die interessierten Besucherinnen und Besucher erfuhren, dass sogar Marmor im Odenwald zu finden ist, nämlich in der Nähe von Auerbach.

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In den oberen Räumen des Naturparkzentrums konnten die unterschiedlichen Holzarten erkundet werden. Anhand von Holzkugeln konnte die Dichte und das Gewicht der heimischen Hölzer gut verglichen werden. Für das Fachwerk besonders geeignet ist die Eiche, da ihr Holz robust und fest sowie gut verarbeitbar ist. Früher erhielten Eberbacher Bürger beim Bau eines Hauses 136 Eichen für ebendiesen. Für große Häuser hat diese Menge jedoch nicht ausgereicht, darum wurde schon damals recycelt.

Das Holz, das bei alten Häusern, die man abriss, eingearbeitet war, wurde in neuen Häusern wieder mit verbaut. Ein Modell, wie ein Fachwerkhaus bestenfalls aufgebaut war, konnte ebenfalls betrachtet werden. "Hier handelt es sich um ein tolles Muster, das jedoch ziemlich realitätsfremd ist," erklärte Strey. "Es gibt kaum ein Fachwerkhaus, das auf diese Weise gebaut wurde."

Nach dem mehr oder weniger theoretischen Teil im Naturparkzentrum ging es in der Stadt anhand von realen Beispielen weiter. Viele Häuser sind Mischbauten, in denen sowohl Holz als auch Stein verbaut sind. In mittelalterlichen Zeiten waren die Häuser oft so aufgebaut, dass sich im Erdgeschoss der Viehstall für Kleinvieh wie Schweine, Hühner oder Schafe befand. Darüber hatte die Familie ihre Wohn- und Schlafräume, während der Dachboden oft nur zu Zwecken des Wäschetrocknens oder der Lagerung diente. "Die Tiere im Untergeschoss waren für die Familie so eine Art Fußbodenheizung", scherzte Dr. Strey.

An der Stadtmauer ist der studierte Geologe Bernd Strey voll in seinem Element, als er auf die verschiedenen Schichtungen im Stein und die interessanten Farbverläufe aufmerksam macht. Seine Ausführungen werden durch weiteres Wissen der gut informierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer ergänzt. Durch die kleine Gruppengröße ist es möglich, alle Fragen loszuwerden, die einem während der Besichtigung kommen.

Die Zuhörerinnen und Zuhörer bekommen verschiedene Arten von Fachwerken zu sehen. Da gibt es vorgehängte Fassaden, die nur so aussehen, als wäre es ein echtes Fachwerkhaus, nachträglich gebaute Fachwerke und kunstvoll verzierte Fachwerkhäuser. Gut 50 Fachwerkhäuser in der Eberbacher Altstadt prägen das Stadtbild. Das rote Fachwerkhaus am Stadttor diente in alten Zeiten als Winterschloss.

Da der Weg zur Burg in den Wintermonaten zu beschwerlich war, wurde ein großer Hof mit einem kleinen Schloss für den Adel in der Altstadt angelegt. In diesem Fachwerk erkennt der Betrachter einige typische Strukturmerkmale: das Barock-K, das Andreas-Kreuz und Zierformen mit Nasen und Augen. Typisch ist auch, dass der First geradewegs runter verläuft und so zur Stabilität beiträgt. Auch die Querverstrebungen geben dem Haus eine bessere Festigkeit. Angemerkt wird, dass es bei den Fachwerkbauten lokale Unterschiede gibt, da jeder Handwerker anders gearbeitet hat.

Auch handelt es sich bei diesen Häusern keineswegs um Fertighäuser, so dass es keine einheitlichen Strukturen gibt. Teilweise weiten sich die Häuser nach oben hin mit jedem Stockwerk ein wenig aus. Verschiedene Gründe förderten diese Bauweise: Zum einen sorgten die horizontalen Balken in den Decken und Fußböden auf diese Weise für eine stabilere Statik, zum anderen wurden die Steuern nach der Grundfläche am Boden berechnet. Um trotzdem mehr Platz rauszuschlagen, wurden die Räume darüber dann größer gebaut.

Außer den Verzierungen im Fachwerk entdecken die Führungsteilnehmerinnen und -teilnehmer auch Verzierungen und Markierungen im Stein. So wurden zum Beispiel Berufe, Familienwappen oder Handwerke im Stein eingraviert. Die einfache Bevölkerung, die nicht lesen konnte, wusste dann anhand der Abbildungen, was sie in diesem oder jenem Haus vorfinden würden.

Und wer sich einmal den Rosenturm genauer ansieht, der wird über der höher gelegenen Holztür im Sturz eine Figur erkennen. Hier handelt es sich um einen Neidkopf, eine Fischgestalt mit menschlichem Kopf, der sowohl als Zierde wie auch zur Abwehr böser Geister dienen sollte. Solch ein Neidkopf war immer in Richtung Westen ausgerichtet, da die Gefahr meist aus dem Westen befürchtet wurde. Am Alten Badhaus endete die interessante Führung nach knapp zwei Stunden.

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