Elektrozäune sollen die Ansteckung unter Wildschweinen eindämmen
Die Barriere ist Teil im Kampf gegen die Afrikanische Schweinepest. Die Spannung des Zauns soll den Tieren nur einen Schreck versetzen.

Von Moritz Bayer
Eberbach/Rhein-Neckar. Seit Anfang Juni im hessischen Groß-Gerau die Afrikanische Schweinepest (ASP) bei einem toten Wildschwein festgestellt wurde, läuft der Abwehrplan auf Hochtouren. Das befürchtete Auftreten des hochansteckenden, aber für Menschen ungefährlichen Virus im Rhein-Neckar-Kreis wurde vergangenen Freitag bei einem Kadaver in Hemsbach bestätigt. Nun soll ein weit gefasster Elektrozaun um die infizierten Zonen die weitere Ausbreitung eindämmen.
Dazu wurden auch Pufferzonen mit weiteren Maßnahmen eingerichtet, über die am Donnerstag zwischen Hirschhorn und Eberbach an der B 37 seitens der Behörden informiert wurde. "Der Zaunbau hier ist nur Teil eines größeren Projekts", erklärte Erster Landesbeamter Stefan Hildebrand. Denn einerseits komme es natürlich auf die Reaktionszeit an, andererseits dürfe der Radius nicht zu klein gewählt sein, um alle eventuell infizierten Tiere auch innerhalb der Bezaunung zu haben.

So soll sich der Elektrozaun entlang des Rheins an der A 6 bei Mannheim, Richtung Süden ab Heidelberg an der B 37, durchs Neckartal und im Gammelsbachtal an der B 45 erstrecken. "Der Zaun kann uns keine Garantie auf Erfolg geben, aber bietet eine gute Möglichkeit, solange das Gebiet überschaubar ist", betonte Hildebrandt.
Eberbach, Hirschhorn und Heidelberg liegen bei diesem Plan in der sogenannten Pufferzone. Dass die Zaunroute zu großen Teilen entlang des Neckars verläuft, hilft übrigens nicht: Den Fluss überqueren "wanderwillige" Wildschweine ohne Probleme.
Auch interessant
Zusammenarbeit ist von immenser Wichtigkeit. Forst BW, der Rhein-Neckar-Kreis, das THW und die hessischen Behörden arbeiten Hand in Hand. "Anders wäre das Projekt auch nicht zu stemmen, wir haben am Sonntag mit dem Zaunbau an der Grenze von Baden-Württemberg und Hessen begonnen", stellt Doreen Kuss, Dezernentin für Ordnung und Gesundheit im RNK, fest.
Zehn Arbeiter schaffen etwa einen bis eineinhalb Kilometer der Konstruktion pro Tag. Mit schnellem Aufstellen ist es nämlich nicht getan. Auf dem Boden müssen lichtdichte Planen ausgelegt werden, es folgen die stützenden Pfosten in regelmäßigen Abständen. Erst dann werden die stromleitenden Litzen gespannt, die Batterien mit zwölf Volt versorgt werden. An einige Stellen ist eine Einspeisung aus dem örtlichen Stromnetz möglich, auch könnten perspektivisch Solarmodule die Haltbarkeit der Batterien erhöhen.
Besondere Bedeutung kommt der unteren Litze zu, die auf 20 Zentimeter Höhe hängen muss. Ohne die lichtdichte Planen-Unterlage würden Gras oder Pflanzen schnell an vielen Stellen zu den Kontakten wachsen, sodass es bei Berührungen nicht mehr zu Stromschlägen käme. Dann könnten Ferkel leicht unter den Zäunen durch. Und wenn die Bache, das weibliche Wildschwein, ihre Jungen zu verlieren droht, hält sie kein noch so großer Stromschlag mehr auf – sie würde die Konstruktion beschädigen oder niederreißen.
Steht der Zaun aber korrekt, reichen die 6,2 Joule Impulsenergie aus, um den robusten Tieren bei Berührung einen Schreck zu versetzen, der sie fernhält. "Der vorderste Teil des Wildschweins ist die Schnauze, und wenn die mit dem Elektrozaun in Berührung kommt, spüren das die Tiere deutlich. Ein dauerhafter Schaden ist aber nicht zu befürchten", sagt Mathias Steckel von Forst BW.
Ebenso ist die Stromstärke und Spannung für den Menschen ungefährlich. Von absichtlichem Anfassen wird dennoch abgeraten. An Waldwegen oder Übergängen sind zudem stets gut isolierte Griffe, mittels denen man den Stromkreis unterbrechen kann, um durchzukommen. Wichtig: danach natürlich wieder ordnungsgemäß aufhängen. Neben dem Zaun werden in der infizierten und der Pufferzone auch die Bejagung verstärkt und Drohnen eingesetzt, um Tierkadaver schnell ausfindig zu machen und untersuchen zu können. Das zuständige Labor in Karlsruhe arbeitet auf Hochtouren und kann meist innerhalb von 48 Stunden Ergebnisse liefern.
Die Jäger bekommen in den Gebieten 50 Euro pro erlegtem Wildschwein zusätzlich. Für infizierte Tiere käme ohnehin jede Rettung zu spät: Sie werden verhaltensauffällig und sterben innerhalb von drei bis fünf Tagen. Da Wildschweine Allesfresser sind und vor Aas keinen Halt machen, stecken sich potenziell viele Tiere an den Kadavern an.