DRK-Rettungshundestaffel Mosbach

Wie Rusty, Bonny und Candy ihren 24/7-Job erledigen (plus Fotogalerie)

Wenn der Hund zur Arbeit geht: Ein Einblick in ihre Ausbildung und ihr "Berufsleben".

10.06.2022 UPDATE: 12.06.2022 06:00 Uhr 4 Minuten, 9 Sekunden
Die Spürnasen der Rettungshundestaffel des DRK Mosbach suchen auf der Fläche im Wald aber auch in Gebäuden nach vermissten oder verschütteten Personen. Die Einsätze sind für die Betroffenen und ihre Angehörigen kostenfrei. Foto: Esther Hoffmann

Von Noemi Girgla

Mosbach. "Sie sind mittelgroß, mittelschwer und arbeitswillig? Sind gerne 24/7 an 365 Tagen im Jahr einsatzbereit und stressresistent? Sie arbeiten gerne mit Menschen und im Team, sind nicht älter als drei Jahre und akzeptieren eine Bezahlung in Naturalien (wahlweise Lieblingsspielzeug oder Futter)? Dann sind Sie bei uns genau richtig!": So könnte eine Stellenanzeige aussehen – für den Hund.

Natürlich melden sich nicht die Vierbeiner bei der Rettungshundestaffel des DRK-Kreisverbands Mosbach, sondern die jeweiligen Halterinnen und Halter. 15 Mensch-Hund-Teams sind derzeit in der Staffel und werden von weiteren zehn Mitgliedern unterstützt. Doch nicht jedes Team besteht die sechsmonatige Probezeit ab Eintritt in die Staffel. "Meistens scheitert es am Menschen bzw. dessen Zeit", meint Nadja Roos, die Bereitschaftsleiterin der Rettungshundestaffel. "Es melden sich auch viele, die besser in einem Hundesportverein aufgehoben wären. Aber die Spreu trennt sich relativ schnell vom Weizen."

Das klingt härter, als Roos es eigentlich meint. Sie weiß aus Erfahrung, dass sich viele, die einen "begabten" Hund haben, im Vorfeld nicht genug Gedanken darüber machen, was es heißt, der Rettungshundestaffel beizutreten. Die Teams müssen rund um die Uhr (auch an Feiertagen) einsatzbereit sein, denn die Einsatzzeiten sind nicht planbar. Teilweise kommen lange Strecken und auch finanzielle Belastungen auf die Hundeführer zu. Und mit der Grundausbildung ist es auch nicht getan. Regelmäßig steht Training für Mensch und Tier, nicht nur mit der eigenen Spürnase und Einheit, auf dem Programm – schließlich geht es bei den Einsätzen um Menschenleben. Doch wie sehen Ausbildung und Berufsleben der "Dogs with Jobs" (zu Deutsch: berufstätigen Hunde) eigentlich aus?

Rusty – Der Azubi

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Rusty ist ein zweieinhalbjähriger Australian Cattle Dog und befindet sich noch in der Ausbildung. Wie alle "Azubis" der DRK-Rettungshundestaffel Mosbach muss er in seinem Lebenslauf den Hundeführerschein und die Begleithundeprüfung bestehen, bevor er seine Prüfung zum Rettungshund ablegen darf. Ein Eignungstest ersetzt das "Vorstellungsgespräch". Bei diesem wird das Wesen des Hundes bewertet. Zeigt er Interesse am Menschen? Ist er sozialverträglich? Wie geht er mit Stresssituationen um? Und (ganz wichtig) zeigt er Aggressionen? Denn dies wäre ein Ausschlusskriterium.

Mit seiner Ausbildung ist Rusty gut im Zeitplan. Wann die Tiere mit dem Training beginnen, ist unterschiedlich. "Manche fangen schon mit zwölf Wochen an, andere nach einem Jahr. Nur sollten die Tiere vor dem dritten Lebensjahr vorbereitet werden. Denn sie müssen bis zum sechsten erfolgreich ihre erste Prüfung als Rettungshund abgelegt haben, und die Ausbildung dauert zwei bis drei Jahre", erklärt Nadja Roos.

Parallel zur tierischen läuft die Humanausbildung. Auch Rustys Hundeführerin und beste Freundin Antonia Henn muss in rund 300 Ausbildungsstunden im Jahr die Schulbank drücken. Wobei sie als Notfallsanitäterin schon über ausgezeichnete Vorkenntnisse verfügt. Henn und Roos wissen, dass man den Azubis möglichst viel bieten muss, um sie auf alle möglichen Szenarien im Einsatz vorzubereiten. Auch Gerätetraining, Koordination und Gangsicherheitsschulungen sind wichtig. In der Prüfung geht es dann um Fachfragen, Gehorsam, das Anzeigen einer gefundenen Person und die Flächensuche im Wald nach vermissten Personen. "Die Durchfallquote ist hoch, aber nach acht Wochen kann die Prüfung wiederholt werden. Schließlich hat jeder mal einen schlechten Tag – Mensch wie Hund", berichtet Nadja Roos.

Bonny – Die Berufstätige

Die fünf Jahre alte Border-Collie-Dame Bonny ist alleinerziehende Mutter zweier Teenager und steht mitten im Berufsleben. Das lässt sich aber gut miteinander vereinbaren, wenn die beste Freundin, Katharina Eisenlohr, gleichzeitig die Teamkollegin ist.

Bonny ist spezialisiert auf die Flächensuche, den Schwerpunkt der Mosbacher Staffel. Fordert die Polizei sie an, rücken Bonny und Eisenlohr zu jeder Tages- und Nachtzeit zum Einsatz aus. Dabei müssen sie sich blind aufeinander verlassen können. "Wichtig ist, dass man seinen Hund lesen kann", sagt Eisenlohr. Dazu gehört auch zu merken, wenn der Hund keinen guten Tag hat. Denn: "Wenn wir ein Gebiet verlassen, müssen wir uns ganz sicher sein, dass die vermisste Person sich nicht dort aufhält", macht sie deutlich.

Auch bilden sich Bonny und ihre Teampartnerin regelmäßig weiter. Ja, auch nach der Ausbildung gibt es noch viel zu lernen. Nun werden die Trainings spezifischer, finden auch mal bei Nacht oder unter erzeugten Stresssituationen statt. Neben der Fläche wird jetzt mal ein Gebäude durchsucht, sich von einem Hang abgeseilt oder von einem fahrenden (wackelnden) Boot aus gesucht. Schließlich muss man fit bleiben, denn einmal im Leben geprüft zu werden, reicht als Rettungshund nicht aus. Alle zwei Jahre entscheidet eine unabhängige Jury über die Fähigkeiten von Mensch und Tier.

Hinzu kommen nun auch die Einsatzzeiten. "Im Notfall müssen wir alles stehen- und liegenlassen", sagt Katharina Eisenlohr. Als Mensch müsse man sich im Klaren darüber sein, welche Verpflichtung man eingeht. "Den Hunden sind Tag und Uhrzeit egal – sie freuen sich immer, wenn es losgeht." Auch wenn es mitunter gefährlich werden kann. "Das Risiko, dass etwas passiert, besteht immer", weiß Eisenlohr. Gut, dass Bonny und die anderen Hunde der Staffel mit ihr auch eine Expertin und Ausbilderin für Erste Hilfe am Hund mit dabeihaben.

An Bonnys Kindern zeigt sich, wie unterschiedlich die Tiere sind, und dass es nicht auf die Rasse ankommt, ob man Rettungshund wird oder nicht – die meisten sind ohnehin Mischlinge. Während die einjährige Tochter Ginny lediglich Interesse an ihrem Hundeführerschein zeigt, hat ihr Zwillingsbruder Wodka schon beschlossen, beruflich in Mamas Pfotenstapfen zu treten, und drückt zusammen mit Rusty die Schulbank.

Candy – Die Rentnerin

Aber irgendwann hat jedes Berufsleben ein Ende, auch bei der Rettungshundearbeit. Und so gibt es eben auch "Rettungshunde im Ruhestand". Zu ihnen gehört inzwischen Candy. Die Labrador-Hündin ist 15 Jahre alt und hat mehr als 100 Einsätze hinter sich. Während ihre ehemalige Kollegin und WG-Partnerin – Nadja Roos – momentan mit dem Hund einer Kollegin in den Einsatz geht, schaut Candy nur noch wenn sie Lust hat beim Training vorbei. Auch um ab und an einen kritischen Blick auf die Azubis zu werfen. Aus der Ruhe bringt sie das nicht. Dafür hat sie viel zu viele Erfahrungen in ihrem Berufsleben gesammelt. "Es ist interessant zu beobachten, wie die Hunde eine gewisse Routine bekommen", verrät Roos. "Ein alter, erfahrener Hund sucht ganz anders, als ein junger, der noch nicht so viele Einsätze hinter sich hat."

Wann ein Hund in Rente geht, entscheiden Hundeausbilder, Staffelleitung und Hundeführer gemeinsam. "Die Gesundheit und Fitness des Tieres steht dabei im Fokus", erklärt Nadja Roos. Solange die Senioren aber noch fit sind und Spaß daran haben, sind sie beim Training willkommen. "Man kann da nicht direkt von 100 auf null herunterfahren", betont Roos. Und das wollen auch weder Mensch noch Tier.

Info: Die Einsätze der DRK-Rettungshundestaffel sind "kostenfrei, aber nicht umsonst". Vieles wird über Spenden finanziert. Wer unterstützen möchten, kann unter Iban: DE03.6745.0048.0003 3667 21 spenden. 

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