Der Datenschutz verbietet keine Kindergarten-Fotos
Die RNZ hat sich beim Landesbeauftragten für Datenschutz erkundigt. Eine Einwilligung der Eltern reicht vollkommen aus.

Buchen. (rüb) Pfarrblätter, in denen beim Hinweis auf einen Hochzeitsgottesdienst der Name des Brautpaars geschwärzt ist. Schulen, die keine Listen ihrer Schulabsolventen mehr veröffentlichen. Und Kindergartenträger, die keine Erinnerungsfotos von Kindergartengruppen auf dem Kindergartengelände mehr zulassen: Der Datenschutz – oder das, was manche darunter verstehen – treibt mitunter die tollsten Blüten. Ein in der vergangenen Woche in der Printausgabe der RNZ veröffentlichter Leserbrief von Heiko Hemberger aus Hainstadt hat genau diese Thematik aufgegriffen und für viel Gesprächsstoff gesorgt – nicht nur bei Eltern in der Region, sondern auch bei Erzieherinnen und den Kindergartenträgern. Wir haben darauf beim Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit in Stuttgart nachgefragt. Seine Botschaft: Selbstverständlich können auch weiterhin Gruppenfotos im Kindergarten geschossen werden – wenn alle Eltern damit einverstanden sind.
Heiko Hemberger hatte die Problematik, die zurzeit viele Eltern beschäftigt, aus der Sicht eines Vaters geschildert: Nachdem es im Kindergarten in Hainstadt mit Verweis auf den Datenschutz keine Fototermine mit einem externen Fotografen mehr angeboten werden, hätten sich die Eltern selbst um einen solchen Termin gekümmert. Schließlich wollen sie ein Erinnerungsfoto ihres Kindes mit den Kindergartenfreunden und den Erzieherinnen ins Fotoalbum kleben, Doch auch diese Privatinitiative habe der Träger zu unterbinden versucht und – nachdem dies nicht gelungen sei – schließlich den Erzieherinnen die Teilnahme am Fototermin, der in ihrer Freizeit gewesen wäre, untersagt.
Inzwischen hat sich der Sturm in Hainstadt aber wohl gelegt. Die Erzieherinnen durften dann doch auf das Foto. Nichtsdestotrotz haben wir beim Träger, der Verrechnungsstelle für Katholische Kirchengemeinden in Walldürn, nachgefragt. Die Mitarbeiter der Verrechnungsstelle betreuen aktuell 35 Kindertagesstätten zwischen Schweinberg, Assamstadt und Buchen eine verantwortungsvolle Aufgabe, die mit der Veröffentlichung der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die seit Mai 2018 Gültigkeit besitzt, nicht einfacher geworden ist.
Die DSGVO soll die Bürger vor dem Missbrauch personenbezogener Daten schützen. Das führt andererseits aber auch dazu, dass manche Vorgaben falsch oder überinterpretiert werden, um keinen Fehler zu machen, der einen am Ende teuer zu stehen kommen könnte.
"Es ist ein sehr schwieriges und sensibles Thema", betont Thomas Geiger gleich zu Beginn des Gesprächs mit der RNZ. Die früher üblichen Gruppenfotos im Kindergarten gebe es in der Tat nicht mehr: "Von der Einrichtung aus können wir ein solches Foto nicht organisieren, da für sonst für die Daten haften würden", glaubt Geiger. "Die Eltern dürfen aber privat Fotos machen – vor der Einrichtung. Da haben wir natürlich nichts dagegen." Auch die Erzieherinnen dürften in ihrer Freizeit und wenn sie dies wünschen, auf diese Fotos. "Das hatten wir zunächst anders gesagt, aber wir haben uns rückversichert, dass es nun doch geht", betonte Geiger.
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Die Vorsicht vonseiten der Verrechnungsstelle ist zunächst einmal durchaus zu verstehen: Schließlich gibt es genügend Beispiele für Datenmissbrauch. Und Fotos von Kindern sind sowieso ein besonders sensibles Thema. Aber es muss doch möglich sein, dass wie früher im Kindergarten Fotos geschossen werden – für den privaten Gebrauch und mit dem Einverständnis der Eltern. Die könnten sich zudem verpflichten, die Fotos nicht im Internet zu veröffentlichen.
Das ist auch möglich, so die klare Aussage von Cagdas Karakurt, Pressesprecher des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Seine Antwort: "Nein, der Datenschutz verbietet solche Aufnahmen nicht, wenn alle Beteiligten über den Zweck und die Verwendung solcher Bilder informiert wurden und damit einverstanden sind. Es ist schade, dass so schöne und sogar wichtige gemeinsame Erinnerungen mit pauschalen und häufig unzutreffenden Verweisen auf ,den Datenschutz‘ oder ,die DSGVO‘ verhindert werden."
"Tatsächlich können Ton- und Bildaufzeichnungen für ein Kind einen erheblichen Eingriff in dessen Persönlichkeitsrecht darstellen", macht Karakurt deutlich, "gerade wenn das Kind und die Eltern nicht ,im Bilde‘ sind, dass und wofür solche Aufnahmen gemacht werden." Dennoch sei das Anfertigen von Fotos datenschutzrechtlich zulässig, nämlich dann, "wenn die Eltern zuvor eine wirksame Einwilligung erteilt haben; gerade auch Bilder für den persönlichen Gebrauch, die also nicht (im Internet) veröffentlicht werden sollen, werden von der DSGVO nicht verboten. Einen vollständigen Verzicht auf das Anfertigen von Fotos gibt das Datenschutzrecht also keineswegs vor."
Info: Hinweise zum Datenschutz sind über das Kindergartenportal des Kultusministeriums erhältlich.