"Machen Sie es so, dass es 100 Jahre hält"
Nur andauerndes Mahnen hilft vorzubeugen, dass aus Antisemitismus nicht wieder Taten wie in den 1930er/40er-Jahren werden

Sehr viel Symbolik enthält das Mahnmal auf Eberbachs Synagogenplatz, die ein im Rathaus erhältlicher Flyer erläutert. Mitinitiator Hans Wipfler erklärt u.a., dass sich das Steinrund dort öffnet, wo es den Blick auf den früheren Synagogenstandort frei gibt. Foto: Felix Hüll
Von Felix Hüll
Eberbach. "Das war mein wichtigstes Anliegen: Die einheimische Jugend soll das machen", blickt Hans Wipfler zurück auf die Entstehungsgeschichte des Mahnmals am Eberbacher Synagogenplatz. Um Antisemitismus und Ausgrenzung Anderer vorzubeugen, müsse man immer wieder aufs Neue die Erinnerung an Geschehenes aufrecht erhalten. Dazu trägt dieses Objekt in Eberbach bei.
Die Kombination zweier Erinnerungsprojekte ist im Gedenken an den 100. Jahrestag der Synagogeneinweihung Eberbachs von 1913 sowie an die 75. Wiederkehr des Reichspogromnacht-Datums von 1938 am 9. November 2013 offiziell eingeweiht worden. 13 Schülerinnen des Neigungskurses Bildende Kunst des Hohenstaufen-Gymnasiums hatten gemeinsam mit Bildhauer Hans Wipfler, ihren Lehrern Sebastian Schäufele und Markus Reuter sowie mit Begleitung durch den Heidelberger Rabbiners Dhaul Friberg das Mahnmal geschaffen.
Statt eines ursprünglich von Wipfler angedachten Brunnens war ein zweimal durchbrochner teils mannshoher Mauerkreis entstanden, der insgesamt 19 Reliefplatten zeigt. Die dargestellten Motive symbolisieren das Auf und Ab jüdischen Lebens in Eberbach und enthalten viel Symbolik, die erst ein Flugblatt näher erläutert. Der erläuternde Mahnmal-Flyer ist kostenlos bei der Tourist-Information im Rathaus erhältlich. Infos gibt es aber auch bei einer Führung etwa mit Eberbachs Nachtwächter oder Stadtführern.
Das Mahnmal umschließt den in der Mitte befindlichen 4,9 Tonnen schweren Sandsteinblock mit zwei Bronzetafeln. Diese zeigen die Standorte der in Eberbach verlegten "Stolpersteine" als Teil des Projekts Künstlers Gunter Demnig. Auf Initiative von Robert Moray hatten Schüler des HSG-Neigungskurses Geschichte um Lehrer Bernhard Schell Biografien Eberbacher Juden recherchiert und Standorte für die Pflastersteine mit ihren Namen festgelegt.
Als Eberbachs Gemeinderat Projekt und Gelder dafür bewilligte, hatte man aus zwei Vorhaben ein Mahnmal gefügt. Insgesamt kostete das Vorhaben 24.428,35 Euro. Davon steuerte die Stadt 7398,35 Euro bei, bis 2015 waren 17.030 Euro durch Spendenmittel gedeckt worden. Und das in einer Stadt, aus deren Stadtteil Lindach der NSDAP-Gauleiter Badens und aktiver Antisemit, Robert Wagner (1895-1946), stammt. Auch während des Entstehungsprozesses des Mahnmals seien kritische Äußerungen in der Bevölkerung wahrzunehmen gewesen. Inzwischen habe man sich aber an die Botschaft des Mahnmals gewöhnt.
Wipfler erinnert sich an Aussagen wie man solle die Vergangenheit auf sich beruhen lassen oder zuletzt an den Wunsch einer der 13 beteiligten Gymnasiastinnen, nicht namentlich auf der Tafel der Mahnmal-Urheberinnen mit aufgeführt zu werden. Dabei sei klar gewesen, dass es ihre Sorge war, namentlich mit der Erinnerung an das Verbrechen Verfolgung und Ermordung der Eberbacher Juden in Verbindung gebracht zu werden.
Vor diesem Hintergrund ist Wipfler unterstützenden Firmen dankbar wie etwa Gärtner, die während der Bauzeit einen Container stellten, oder Muriana für ihre Schweißarbeiten. "Machen Sie es so, dass es auch hundert Jahre hält", habe Bürgermeister Peter Reichert ihm im Entstehungsjahr beim Vorstellen der Pläne gebeten, berichtet Wipfler.
Vorbeugend habe man besondere Materialien für dieses Mahnmal verwendet, die einerseits Beschädigungen erschwerten als auch das Beseitigen eventueller Schmierereien. Wer genau hinsieht, wird auch an einer Stelle eine Ausbesserung nach einer solchen Tat entdecken.
Wipfler: "Ich glaube, was wir wollten, hat das Mahnmal erfüllt: eine permanente Erinnerung aufrecht zu erhalten um eine Wiederholung solcher Taten zu verhindern."