Alles, was singbar ist, heißt "Cantabile"
Haßmersheimer Chor feierte sein 20-jähriges Bestehen mit einem lebendigen Liederabend in der ausverkauften Festhalle

Von Bernd Kühnle
Haßmersheim. "Einen Chor als junger Dirigent zu übernehmen und ihn dann über 20 Jahre zu begleiten, ihn wachsen zu sehen und zu formen, ist ein ganz erhebendes Gefühl", schilderte Dirigent Rupert Laible seine Gefühle anlässlich des Jubiläumskonzerts zum 20-jährigen Bestehen des Haßmersheimer Chors "Cantabile" in der brechend vollen Festhalle. Wie gut ihm dies gelungen ist, stellten er und seine Sängerinnen und Sänger mit ihrem ausgewogenen Programm, das alle Genres der Musikwelt umfasste, anschaulich unter Beweis.
Nach dem langsamen Einmarsch der Sänger auf die Bühne formierte sich der Chor zu dem ruhigen "Leningrad" von Billy Joel, ehe die Vorsitzenden Sandra Linß und Matthias Hartmann das Publikum begrüßten. Tempo und Gesangsstärke wechselten, begleitet von den begeistert mitsingenden Gästen, bei "Mit 66 Jahren", und auch das folgende "Hinterm Horizont" forderte die Besucher auf, sich in die Darbietung einzubringen.
Die Antwort der Sänger auf den heftigen Applaus war "Vielen Dank für die Blumen", das Laible mit einem temperamentvollen Schlussakkord am Klavier abschloss. Danach untermalten Marcus Heck an der Cajón und Uwe Marckscheffel mit seiner Gitarre Percy Mayfields "Hit the road Jack", bevor das melancholische "Can you feel" die Gemüter im Saal bewegte.
Einen besonderen Akzent setzten Annika Fuchs und Nina Heilmann, die "Hallelujah" von Leonard Cohen mit ihrem ausdrucksvollen Tanz vor der Bühne begleiteten, ehe Marcus Dietrich mit der Entstehungsgeschichte und Interpretation zu "The Boxer" von Simon and Garfunkel überleitete. Bei "You raise me up" zeigte sich ebenso wie bei vielen der vorhergehenden Stücke, dass die Bearbeitung des Satzes durch den Dirigenten exakt die Intentionen der ursprünglichen Lieder traf und die zutiefst ermutigende Melodie unterstrich.
Diese durchdachte und fantasievolle Umsetzung zeigte sich auch beim folgenden "Africa", bei dem die Sängerinnen und Sänger eine Stimmung des aufkommenden Gewitters in der afrikanischen Savanne interpretierten. Auf den leise einsetzenden Wind, der sich über erste Regentropfen zu einem gewaltigen Regenguss steigerte und mit Blitz und Donner endete, folgte das engagiert vorgetragene Lied und leitete zur Pause über.
Für den zweiten Teil der Darbietungen hatten sich die Verantwortlichen eine ganz besondere Liedauswahl ausgedacht: Das Publikum durfte aus einer Liste von 24 Liedern selbst eine Auswahl zusammenstellen, wobei die beliebtesten sechs Stücke vorgetragen werden sollten. Dies zeigte das Selbstvertrauen, mit dem der Haßmersheimer Chor sein Repertoire angeht und sich dabei zutraut, das umfangreiche Liedgut in gewohnter Qualität präsentieren zu können. Wie Laible festhielt: "Cantabile heißt ,singbar’, und so trauen wir uns zu, alles, was singbar ist, auf die Bühne zu bringen".
Um es vorweg zu nehmen: Das Experiment gelang überzeugend, und die Zuhörer kamen in den Genuss, die nach der Platzierung gestaffelten Vorträge genießen zu dürfen. Das Potpourri begann mit dem durch seine Dynamikwechsel bestechenden "The rose" und setzte sich mit "Über sieben Brücken" fort. Auch "Streets of London", das wie die anderen Stücke von Marcus Heck an der Cajón, Uwe Marckscheffel mit der Gitarre und Ulrich Schmidt am Bass begleitet wurde, rief heftige Beifallsstürme hervor, ehe "Sounds of silence" wieder eine ruhigere Stimmung verbreitete.
Auch bei "Ich war noch niemals in New York" gelang es Rupert Laible, seinen Chor und das Publikum mitzureißen und seine kräftige Solostimme einzuflechten. Zum Favoriten hatten die Zuhörer "Ich wollte nie erwachsen sein" ausgewählt und damit auch dem Kinderchor die Gelegenheit eröffnet, sich bei dem Höhepunkt der Veranstaltung zu präsentieren.
Nach dem überwältigenden Erfolg des Jubiläumskonzerts war eine Zugabe selbstverständlich, die Marcus Dietrich mit der Geschichte aus der Zeit des Ersten Weltkriegs einleitete, bei der Soldaten an der Front ihre Kriegshandlungen einstellten, um gemeinsam "Stille Nacht" zu intonieren. Auf das genau in diese Szenerie passende "Ich träume von daheim" folgte der umfassende Dank der Vorstände an alle an der Aufführung Mitarbeitenden und beschloss den stilvoll und mit spürbarem Engagement gestalteten Liederabend.