Plus Polizisten im Kugelhagel

Urteil gegen Reichsbürger aus Bobstadt ist rechtskräftig

Der Mann hatte über 40 Schüsse auf SEK-Beamte bei einer Hausdurchsuchung im April 2022 abgegeben. Er bekommt 14 Jahre und sechs Monate Haft.

20.04.2022 UPDATE: 30.12.2024 11:30 Uhr 11 Minuten, 37 Sekunden
Bewaffnete Polizisten umziegeln ein Haus in Boxberg. Foto: dpa

Bobstadt. (pm) Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart verworfen. Dieses hatte den Angeklagten, einen Reichsbürger aus Bobstadt, unter anderen wegen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und Verstößen gegen das Kriegswaffenkontroll- sowie das Waffengesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vorbehalten.

Nach den vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen beschäftigte sich der Angeklagte seit dem Jahr 2016 mit Verschwörungstheorien, darunter auch mit solchen der sogenannten Reichsbürgerbewegung. Seit Beginn der Corona-Krise war er zudem im sogenannten Querdenkermilieu verhaftet. Infolge seiner zunehmend staatsfeindlichen Geisteshaltung beschloss er nach dem Verlust seiner Wohnung, sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurückzuziehen.

Er ließ sich Ende 2021 auf einem nach außen völlig abgeschotteten Bauernhof in Bobstadt nieder. Dort lebte er isoliert von der Außenwelt als Selbstversorger. Seinen bisherigen Arbeitsplatz gab er auf. Er sah das Gehöft und seine ihm dort zur Verfügung gestellte Wohnung als eigenständiges, jedenfalls nicht der staatlichen Rechtsordnung unterworfenes Gebiet an. Er traf Vorkehrungen, um etwaige Eindringlinge, insbesondere auch Vertreter des von ihm nicht mehr anerkannten Staates, von dem Grundstück fernzuhalten und in die Flucht zu schlagen.

Zeitgleich mit seiner Radikalisierung begann er, illegale, vorwiegend vollautomatische Schusswaffen nebst dazugehöriger Munition anzuschaffen, darunter die spätere Tatwaffe, eine Replik des Sturmgewehrs Kalaschnikow, ein Maschinengewehr, mehrere Maschinenpistolen und über 5000 Schuss Munition. Diese funktionstüchtigen Schusswaffen verwahrte er geladen und zugriffsbereit in seinem Haus.

Am frühen Morgen des 20. April 2022 begaben sich neun Beamte eines Spezialeinsatzkommandos der Polizei zur Vollstreckung eines Durchsuchungsbeschlusses zum Grundstück des Angeklagten. Ihrer Aufforderung, das Haus zu verlassen, kam der Angeklagte nicht nach. Vielmehr feuerte er mit seinem vollautomatischen Gewehr aus unterschiedlichen Positionen seiner Wohnung über 40 Einzelschüsse auf die Beamten, von denen zwei verletzt wurden. Etwa zwei Stunden nach dem letzten Schuss verließ der Angeklagte das Gebäude und wurde festgenommen (wir berichteten).

Die durch die Sachrüge veranlasste Überprüfung des Urteils durch den für Revisionen in Staatsschutzstrafsachen zuständigen 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht erkennen lassen. Das Oberlandesgericht hat insbesondere mit Blick auf die staatsfeindliche Tatmotivation des Angeklagten rechtsfehlerfrei das Mordmerkmal der sonstigen niedrigen Beweggründe bejaht. Das Verfahren ist mit der Entscheidung des Senats rechtskräftig abgeschlossen.

Update: Montag, 30. Dezember 2024, 11.31 Uhr


Anwältin sieht keine Mordmerkmale im Boxberger "Reichsbürger"-Prozess

Stuttgart. (dpa) Trotz der Schüsse auf ein Spezialeinsatzkommando im badischen Boxberg sieht die Verteidigung des angeklagten mutmaßlichen Reichsbürgers keine Merkmale für einen versuchten Mord bestätigt.

Zwar habe der damals 54-Jährige im April vergangenen Jahres auf die Beamten geschossen, als ihm diese in seiner Wohnung eine illegal besessene Pistole abnehmen wollten. Die SEK-Beamten seien aber weder ahnungslos- noch wehrlos, sondern vorbereitet gewesen, sagte seine Anwältin in ihrem Plädoyer am Montag vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht. Auch habe ihr Mandant nicht aus Heimtücke gehandelt.

Er habe sich an jenem Morgen in einer "absoluten psychischen Ausnahmesituation" befunden, sagte die Juristin. Es sei ihm bei der Abgabe der Schüsse darauf angekommen, ein Eindringen der SEK-Beamten in die Wohnung zu verhindern und seinen behinderten Sohn zu schützen.

Der Mann habe zudem von der Außenwelt weitgehend abgeschnitten in einem "vergifteten und radikalisierten, den Staat ablehnenden Umfeld" gelebt und "aufgrund der Isolation kein Korrektiv" mehr gehabt.

Die Bundesanwaltschaft fordert für den mutmaßlichen Reichsbürger lebenslange Haft wegen vierfachen versuchten Mordes, sie beantragt zudem Sicherungsverwahrung. Ein Termin für ein Urteil nach Dutzenden Verhandlungstagen steht noch nicht fest.

Der Angeklagte soll mit einem Schnellfeuergewehr auf die Polizisten geschossen haben. Ein Beamter wurde von mehreren Geschossen im Bein getroffen. Im Haus des Schützen fanden die Ermittler ein begehbares Waffenlager mit Gewehren und Maschinenpistolen, Tausenden Schuss Munition und Zubehör.

Im Prozess hatte der Mann zwar zugegeben, geschossen zu haben. Ihm sei aber nicht bewusst gewesen, wer draußen vor der Tür stehe.

"Reichsbürger" und sogenannte Selbstverwalter erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Das Bundesamt für Verfassungsschutz rechnet der Szene rund 23.000 Anhänger zu - Tendenz steigend.

Update: Montag, 6. November 2023, 14.30 Uhr


Verteidigung hat im Boxberger "Reichsbürger"-Prozess das Wort

Stuttgart. (dpa) Für Schüsse auf ein Spezialeinsatzkommando im badischen Boxberg sollte ein mutmaßlicher sogenannter Reichsbürger aus Sicht der Staatsanwaltschaft zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden. Die Beamten hatten seine Wohnung durchsuchen wollen, um ihm eine Pistole abzunehmen, für die er keine Erlaubnis mehr besaß.

Sie fanden sich allerdings im Kugelhagel wieder, ein Beamter wurde schwer verletzt. Nachdem die Bundesanwaltschaft dem Mann in ihrem Plädoyer vierfachen versuchten Mord vorgeworfen hat, wird am Montag die Verteidigung ihre Sicht formulieren. Ein Termin für ein Urteil nach fast 30 Verhandlungstagen steht noch nicht fest.

Neben der lebenslangen Freiheitsstrafe beantragte die Staatsanwaltschaft Mitte Oktober Sicherungsverwahrung für den heute 56-jährigen Angeklagten. Der Mann soll im April vergangenen Jahres im Main-Tauber-Kreis mit einem Schnellfeuergewehr auf die Polizeibeamten geschossen haben. Ein Beamter wurde von mehreren Geschossen ins Bein getroffen. Im Haus des Schützen fanden die Ermittler ein begehbares Waffenlager mit Gewehren und Maschinenpistolen, Tausenden Schuss Munition und Zubehör.

Laut Darstellung der Bundesanwaltschaft wollte der Angeklagte verhindern, dass seine Waffen gefunden und sichergestellt werden - und die Polizei von seinem Grundstück fernhalten. Sie spricht von einer "massiven Gewaltbereitschaft".

Im Prozess hatte der Mann zwar zugegeben, geschossen zu haben. Ihm sei aber nicht bewusst gewesen, wer draußen vor der Tür stehe. Ihn hätten Explosionen, Schüsse und Schreie geweckt, er habe nur seinen kranken Sohn schützen wollen. Dann habe er einen Filmriss gehabt.

Update: Montag, 6. November 2023, 8.14 Uhr


Lebenslänglich für "Boxberger Reichsbürger" gefordert

Von Nico Pointner

Stuttgart. Es ist 6.08 Uhr an diesem Aprilmorgen, als gepanzerte Fahrzeuge in dem Örtchen Boxberg im Main-Tauber-Kreis vorfahren. Einsatzkräfte des Spezialeinsatzkommandos springen aus den Wagen, dringen über einen Zaun in ein Grundstück ein. Darin lebt ein Mann, der den Behörden als gefährlich gilt. Ein sogenannter Reichsbürger soll er sein. Die Beamten wollen seine Wohnung durchsuchen, ihm eine Pistole abnehmen, für die er keine Erlaubnis mehr besitzt. Nun, so fordert die Bundesanwaltschaft, soll der Mann lebenslänglich in Haft – wegen vierfachen versuchten Mordes.

Die Polizisten kündigen sich an dem Morgen an, sie rufen, Blaulicht blinkt, das Martinshorn dröhnt, so berichten die Beamten. Über die Terrasse wollen sie in die Wohnung gelangen. Die Rollläden sind verschlossen. Plötzlich bricht die Hölle los: Schüsse fallen, Fenster bersten. Ein Beamter wird in die Beine getroffen. Geschossteile schlagen auf Helme seiner Kollegen auf und auf ein Schutzschild.

Die Schüsse im badischen Boxberg erschüttern 2022 die Republik. Die Tat reiht sich ein in eine Serie von Angriffen von "Reichsbürgern" auf den Staat. "Reichsbürger" und sogenannte Selbstverwalter erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Das Bundesamt für Verfassungsschutz rechnet der Szene rund 23.000 Anhängerinnen und Anhänger zu – Tendenz steigend.

Der Boxberg-Prozess geht nun auf sein Ende zu. Am Mittwoch, nach fast 30 Verhandlungstagen, forderte die Bundesanwaltschaft nun eine lebenslange Freiheitsstrafe. Zudem wurde Sicherungsverwahrung für den heute 55-Jährigen beantragt. Der Mann soll in Boxberg mit einem Schnellfeuergewehr auf die Polizeibeamten geschossen haben. Im Haus des Schützen fanden die Ermittler ein begehbares Waffenlager mit Gewehren und Maschinenpistolen, Tausenden Schuss Munition und Zubehör.

Der Angeklagte bestreite die Existenz der Bundesrepublik, berichtete die Vertreterin des Generalbundesanwalts. Er habe die BRD lediglich als privatrechtliche Gesellschaft gesehen. "Er traf umfangreiche Vorkehrungen, um sich gegen staatliche Einflussnahme zu verteidigen", sagte sie. Dabei habe er auch die Tötung von Polizisten als legitim erachtet.

Der 55-Jährige habe sich seit 2015/2016 zunehmend radikalisiert und zeitgleich ein Waffenarsenal aufgebaut. Die zuständige Behörde habe ihm die Waffenerlaubnis für eine Pistole im Sommer 2021 entzogen. Der Mann habe sich aber geweigert, sie zurückzugeben. Nach Ablauf der Frist ordnete das Amt die Sicherstellung der Waffe an – und so rückte das Spezialeinsatzkommando an.

Laut Darstellung der Bundesanwaltschaft wollte der Angeklagte verhindern, dass seine Waffen gefunden und sichergestellt werden – und die Polizei von seinem Grundstück fernhalten. "Er stellte seine Überzeugung über die Gesundheit und das Leben der Polizeibeamten", sagte die Vertreterin der Anklage. Der Angeklagte habe "regelrecht Jagd auf Polizeibeamte gemacht".

Die Anklage zeichnet das Bild eines überforderten Menschen, der kurz vor der Tat seine Arbeit in der Sicherheitsbranche verlor und aus dem Schützenverein flog. Der Angeklagte selbst wirkt am Mittwoch gelassen. Immer wieder schüttelt er empört den Kopf. Seine Version der Dinge glaubt die Bundesanwaltschaft nicht: Der Angeklagte gibt zwar zu, geschossen zu haben, ihm sei aber nicht bewusst gewesen, wer draußen stehe. Ihn hätten Explosionen, Schüsse und Schreie geweckt, er habe nur seinen kranken Sohn schützen wollen. Dann habe er einen Filmriss gehabt. Nächste Woche wird das Plädoyer der Verteidigung erwartet.

Update: Mittwoch, 18. Oktober 2023, 08.11 Uhr


Erneut größerer Polizeieinsatz mit SEK

Boxberg. (dpa) Bei den Ermittlungen im Fall eines mutmaßlichen "Reichsbürgers", der in Boxberg auf einen Polizisten geschossen haben soll, ist es am Freitag erneut zu einem Polizeieinsatz gekommen. "Es waren geplante strafprozessuale Folgemaßnahmen", teilte ein Sprecher der Polizei Heilbronn mit. Nähere Angaben machte er zunächst nicht. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen waren erneut ein Spezialeinsatzkommando (SEK) und das Zollfahndungsamt im Einsatz. Die zuständige Staatsanwaltschaft Karlsruhe war zunächst nicht zu erreichen.

Aufgrund der Vorkommnisse im April sei der Kräfteeinsatz etwas höher gewesen, sagte der Polizeisprecher. Gegen den mutmaßlichen "Reichsbürger" ermittelt der Generalbundesanwalt. Er ist wegen der "besonderen Bedeutung der Sache" zuständig.

Am 20. April wollte ein Spezialeinsatzkommando ein Gebäude im Main-Tauber-Kreis durchsuchen. Dabei ging es um den Verdacht illegalen Waffenbesitzes. Nach Polizeiangaben eröffnete der 54 Jahre alte Tatverdächtige das Feuer und verletzte dabei einen SEK-Beamten.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Festgenommenen, der in Untersuchungshaft sitzt, versuchten Mord mit Körperverletzung sowie den unerlaubten Besitz einer Kriegswaffe vor. Er sei der "Reichsbürger"-Szene zuzuordnen. Schon vor dem Polizeieinsatz hatte das baden-württembergische Landesamt für Verfassungsschutz ihn deshalb im Visier. In seinem Haus fanden die Beamten Kriegswaffen, Munition und nationalsozialistische Gegenstände.

Update: Freitag, 13. Mai 2022, 15.43 Uhr


Generalbundesanwalt ermittelt nach SEK-Einsatz (Update)

Boxberg. (dpa-lsw) Nachdem ein mutmaßlicher "Reichsbürger" am Mittwoch in Boxberg einen Beamten eines Spezialeinsatzkommandos mit Schüssen verletzt hat, ermittelt nun der Generalbundesanwalt. Das sagte eine Sprecherin am Samstag.

Wie die Sprecherin mitteilte, ermittelt der Generalbundesanwalt wegen der "besonderen Bedeutung der Sache". Die Ermittlungen dauerten an, weitere Details wollte die Sprecherin nicht nennen.

Der 54-Jährige sitzt in Untersuchungshaft. Der Vorwurf lautet auf versuchten Mord in Tateinheit mit Körperverletzung und unerlaubtem Besitz einer Kriegswaffe. Da der Mann der "Reichsbürger"-Szene zuzuordnen sei, hatte das Landesamt für Verfassungsschutz den Mann schon vor dem Polizeieinsatz im Visier.

Update: Samstag, 23. April 2022, 11.07 Uhr


"Reichsbürger" von Boxberg hortete Waffen und NS-Gegenstände

Von Christian Johner und Marco Krefting

Heilbronn/Boxberg. Unzählige Kriegswaffen, Munition und nationalsozialistische Gegenstände haben Ermittler im Haus eines mutmaßlichen "Reichsbürgers" gefunden, der auf einen Polizisten geschossen haben soll. "Das war schon eindrucksvoll, was da an Material zusammengekommen ist", sagte der Präsident des Landeskriminalamtes (LKA) Baden-Württemberg, Andreas Stenger, am Donnerstag. Der beschuldigte 54-Jährige kam unter anderem wegen versuchten Mordes in Untersuchungshaft.

Der Mann soll am Mittwoch in Boxberg im Main-Tauber-Kreis nahe der Grenze zu Bayern einen Beamten angeschossen und am Oberschenkel verletzt haben - nicht lebensgefährlich. Schutzausstattung habe Schlimmeres verhindert, sagte der Heilbronner Polizeipräsident Hans Becker. Die Polizei habe bei dem Einsatz mit einer gewissen Aggressions- und Gewaltbereitschaft gerechnet. Von dieser Brutalität seien die Ermittler dann aber doch überrascht gewesen.

Auch die Polizisten hätten Schüsse abgegeben, sagte Becker. Es soll dabei aber niemand verletzt worden sein. Die Durchsuchung fand wegen des Verdachts des illegalen Waffenbesitzes statt.

Der 54-Jährige habe eingeräumt, auf die Polizisten geschossen zu haben, sagte der Leitende Mosbacher Oberstaatsanwalt Florian Kienle. Die Ermittler werfen ihm versuchten Mord mit Körperverletzung sowie den unerlaubten Besitz einer Kriegswaffe vor. Außerdem sei der Mann der "Reichsbürger"-Szene zuzuordnen. Schon vor dem Polizeieinsatz hatte das Landesamt für Verfassungsschutz ihn deshalb im Visier.

Gefunden haben die Ermittler laut LKA-Chef Stegner unter anderem begehbare Waffenkammern und Reichsflaggen. Im Wohnzimmer des Hauses in Boxberg habe ein Maschinengewehr gestanden, im Grunde habe sich überall Munition befunden. Zudem sei auf dem umzäunten Areal eine Cannabis-Plantage gewesen.

Bei dem Einsatz am Mittwoch ging nach Polizeiangaben das Wohnhaus des Mannes in Flammen auf. Warum es zu dem Brand kam, war am Donnerstag noch unklar. Noch könne man das Gebäude nicht betreten, sagte Stegner. Vermutlich finde man dort noch mehr Waffen.

Neben dem 54-Jährigen wurden am Mittwoch sechs Menschen - darunter zwei Frauen und ein erwachsenes Kind des Hauptbeschuldigten - festgenommen, die aber inzwischen wieder auf freien Fuß kamen. Die Ermittlungen laufen weiter, wie Oberstaatsanwalt Kienle sagte. Es bestehe unter anderem der Verdacht auf Verstoß gegen das Waffengesetz und das Betäubungsmittelgesetz. "Momentan richtet sich der Tatverdacht weiterhin gegen alle sieben Beschuldigten", sagte Kienle. Dringende Verdachtsgründe gebe es jedoch nur gegen den 54-Jährigen. Ob nur er Schüsse abgegeben habe, sei noch unklar.

Update: Donnerstag, 21. April 2022, 19.52 Uhr


Polizei hält sich nach SEK-Einsatz bedeckt

Boxberg. (dpa) Nach dem Schuss auf einen Polizisten in Boxberg (siehe unten) sind noch viele Fragen offen. Staatsanwaltschaft, das Landeskriminalamt Baden-Württemberg und Polizei wollen am Donnerstagnachmittag über den Stand der Ermittlungen informieren, wie ein Sprecher mitteilte.

Am Mittwochmorgen hatte nach Polizeiangaben ein 54 Jahre alter mutmaßlicher Reichsbürger auf einen Beamten eines Spezialeinsatzkommandos geschossen. Ein Polizist wurde verletzt - nicht lebensgefährlich. Er wurde wohl am Bein getroffen. Spezialkräfte wollten ein Gebäude in der Nähe der bayerischen Grenze unter die Lupe nehmen. Dabei seien mehrere Schüsse abgegeben worden, hieß es. Die Durchsuchung fand wegen des Verdachts des illegalen Waffenbesitzes statt.

Die Polizei nahm nach eigenen Angaben sieben Personen vorläufig fest. Der Mann, gegen den sich die Polizeiaktion richtete, besaß nach dpa-Informationen schon einmal legal mindestens eine Waffe. Es habe eine Verfügung der Waffenbehörde gegeben, dass er sie abgeben müsse. Es kam auch zu einem Brand in dem durchsuchten Gebäude. Dieses sei kontrolliert abgebrannt, hieß es.

Update: Donnerstag, 21. April 2022, 12.19 Uhr


Mutmaßlicher Reichsbürger schoss auf Polizisten

Von Andreas Hanel

Boxberg-Bobstadt. "Unfassbar, es ist eine Katastrophe!", waren sich die Einwohner Bobstadts einig, als am Mittwoch die idyllische Ruhe in dem 400-Seelen-Ort im Main-Tauber-Kreis jäh gestört wurde. Über 200 Einsatzkräfte der Polizei – darunter Kräfte eines Spezialeinsatzkommandos – sowie vier Hubschrauber und gepanzerte Fahrzeuge waren im Einsatz, nachdem sich ein 54-Jähriger, dessen Haus wegen illegalen Waffenbesitzes durchsucht werden sollte, mit den Beamten einen Schusswechsel geliefert hatte. Dabei wurde ein Beamter verwundet. Nach dem Schusswechsel geriet das Haus des Mannes, der vermutlich der Reichsbürgerszene angehört, in Brand.

Doch der Reihe nach: Morgens um 6 Uhr betraten die Beamten mit einem Durchsuchungsbeschluss das Grundstück zwischen der Eckstraße und der Bergstraße. Sie sollten eine Schusswaffe, für die der 54-Jährige keinen Waffenschein hatte, sowie weitere Beweismittel beschlagnahmen.

Doch dazu kam es nicht, denn "die Einsatzkräfte wurden plötzlich beschossen", wie Hans Becker, Chef des Polizeipräsidiums Heilbronn, in einer Pressekonferenz berichtete. Bei dem Schusswechsel wurde ein Beamter verletzt, sein Zustand sei zum Glück "nicht lebensbedrohlich", so Becker.

Das Haus, aus dem die Schüsse kamen, geriet daraufhin in Brand. "Ob es durch den Schusswechsel dazu kam, ist noch nicht klar", erklärte der Polizeipräsident. Die Gebäude im Umkreis wurden zum Teil evakuiert.

Kurze Zeit später habe sich der 54-Jährige per Notruf bei der Polizei gemeldet. "In den Verhandlungen konnte er zur Aufgabe bewegt werden", berichtete Becker. Danach habe er das Gebäude mit sechs weiteren Personen verlassen. Sie alle befinden sich nun im polizeilichen Gewahrsam und sind Ziel der Ermittlungen. Diese "werden in alle Richtungen verfolgt", sagte Florian Kienle, Leitender Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Mosbach. Der Tatverdacht: versuchte Tötung, schwere Körperverletzung und Brandstiftung.

Die Beweisaufnahme und die Ermittlungen des Landeskriminalamts und des Polizeipräsidiums Heilbronn werden allerdings noch einige Zeit in Anspruch nehmen, da man das Haus zuerst "kontrolliert abbrennen" ließ. Beim Brand kam es zu mehreren Detonationen, die darauf hindeuten, dass sich im Gebäude Munition befand, erklärte Becker. Was der 54-Jährige neben der Schusswaffe und der Munition noch in seinem Haus versteckt hielt, ist nun Gegenstand der weiteren Ermittlungen.

Offene Fragen gibt es auch noch bezüglich des Schützen. "Wer wie geschossen hat, wissen wir noch nicht", betonte der Polizeipräsident. Allerdings ist der 54-Jährige "schon strafrechtlich in Erscheinung getreten", wie Kienle erklärte. Becker ergänzte, dass "die Person bis jetzt behördliche Aufforderungen, die Schusswaffe abzugeben, ignoriert hat". Außerdem "können wir nicht ausschließen, dass er der Reichsbürgerszene angehört", führte der Polizeipräsident weiter aus. Hinweise – auch aus dem näheren Umfeld – ließen dies als plausibel erscheinen, erklärte Kienle. Dies bekräftigte auch Innenminister Thomas Strobl (CDU) per Pressemitteilung: "Dieser brutale Schusswaffen-Angriff belegt, wie wichtig unser sehr konsequentes Vorgehen gegen jegliche Extremisten, darunter auch die Reichsbürger, in Sachen Schusswaffen ist", teilte der Minister mit.

Für die Bobstadter kam die Tat wie aus heiterem Himmel. "Er war immer freundlich, das hätte ich ihm nie zugetraut", meinte ein Einwohner.

Update: Mittwoch, 20. April 2022, 21.37 Uhr


SEK-Einsatz gegen Reichsbürger, Polizist angeschossen

Boxberg-Bobstadt. (pol/dpa) Bei einem Polizeieinsatz in Boxberg zwischen Heilbronn und Würzburg ist ein Polizeibeamter angeschossen worden. Wie eine Sprecherin am Mittwoch mitteilte, wurden auf die Beamten mehrere Schüsse abgegeben, als sie das Gebäude durchsuchen wollten. Dabei wurde ein SEK-Beamter verletzt. Er wurde wohl am Bein getroffen. Er sei nicht lebensgefährlich verletzt worden. Die Durchsuchung fand wegen des Verdachts des illegalen Waffenbesitzes statt.

Ein Mann habe sich der Festnahme widersetzt. Er wurde festgenommen. Zu Gerüchten, dass es sich um einen Anhänger der sogenannten Reichsbürger-Szene handelt, wollte sich eine Polizei-Sprecherin nicht äußern. Ein politisch motivierter Hintergrund der Tat sei nicht ausgeschlossen, sagte die Sprecherin. Das werde geprüft. Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, sagte: "Seit Jahren beschäftigt die Polizei die zunehmende Gefahr, die von "Reichsbürgern" ausgeht." Die Tötung eines SEK-Beamten 2016 in Bayern komme in Erinnerung und zeige, mit welchem Gefahrenpotenzial man zu rechnen habe. Immer da, wo Waffen im Spiel seien, müssten die Alarmglocken läuten.

Laut dem Verfassungsschutz gibt es etwa 3300 Personen in dieser Szene in Baden-Württemberg. "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" leugnen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und ihres Rechtssystems, sprechen Politikern und Staatsbediensteten die Legitimation ab und verstoßen immer wieder gegen Gesetze.

Nach Angaben der Polizei wurden in dem Anwesen weitere Personen, die sich dort aufhielten, widerstandslos und unverletzt festgenommen. Das Gebäude wurde von Entschärfern durchsucht, da der Verdacht bestehe, dass dort Munition oder Ähnliches gelagert wird. Es kam auch zu einem Brand. Der Stadtteil Bobstadt wurde nach Polizeiangaben vorübergehend abgeriegelt. Die Anwohner wurden gebeten, Türen und Fenster geschlossen zu halten. Bei dem Großeinsatz waren neben der Polizei auch das SEK, der Rettungsdienst und die Feuerwehr vor Ort.

Ort des Geschehens

Update: Mittwoch, 20. April 2022, 15.15 Uhr

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