"Bei Sozialverhandlungen nicht am Wegesrand stehen"
Der Mensch steht beim sozialpolitischen Tag des VdK-Kreisverbandes Heidelberg im Mittelpunkt.

Von Christiane Barth
Meckesheim/Rhein-Neckar. Er steht für die nachhaltige Förderung des sozialen Miteinanders sowie für eine kämpferische Begleitung der Politik im Namen der sozial Schwächeren. "Wir wissen, dass heute, sieben Jahrzehnte nach unserer Gründung, der Auftrag des VdK noch lange nicht erledigt ist", sagte Kreisverbandsvorsitzender Hans-Josef Hotz und betonte, der Verband mit rund 250.000 Mitgliedern in Baden-Württemberg betreibe "niemals" Parteipolitik, sondern "Lobby-Arbeit für diejenigen, die sonst wenig wahrgenommen werden: Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt". 13.000 Widerspruchs- und Klageverfahren erledige der Sozialverband alleine in Baden-Württemberg. Jährlich.

Hotz sprach sich beim diesjährigen sozialpolitischen Tag des Kreisverbandes Heidelberg, der erstmals in der Auwiesenhalle Meckesheim stattfand, für einen Staat aus, "der Solidarität organisiert, wo sonst Individualismus und Egoismus dominiert". Mehr als 200 Gäste, darunter Vertreter der Politik und der umliegenden Kommunen, lauschten den Worten des Kreisverbandsvorsitzenden, der mit klaren Worten die Haltung des VdK unterstrich: "Es ist beruhigend, dass Verschwörungstheoretiker und Feinde unseres Grundgesetzes die Gesellschaft bisher nicht spalten konnten. Wir setzen uns dafür ein, dass dies so bleibt." Auch eine Lanze für das Ehrenamt brach Hotz und sagte, es sei eine der "wichtigsten Stützen der demokratischen Staatsform".
Er verdeutlichte, wie sehr die Schere zwischen Arm und Reich auseinandergegangen sei: "Bereits vor dem Krieg in der Ukraine gab es bei vielen Menschen Unbehagen." Vor der Pandemie hätten die Sozialkassen "bemerkenswerte Überschüsse" verzeichnet, Deutschland sei Exportweltmeister gewesen, und trotzdem hätten mehr als 1,6 Millionen Kinder in Familien gelebt, deren einziges Einkommen Hartz IV gewesen sei. 350.000 Rentner versorgten sich in der Suppenküche: "Daran hat sich nichts geändert", mahnte Hotz mit Nachdruck und forderte von der Politik, Armut zu bekämpfen und dafür zu sorgen, dass die Rente zu einem würdigen Leben reicht, dass Gesundheit, Pflege und Wohnen für alle bezahlbar wird und dass Behinderung kein Nachteil ist. "Wir wissen aber, dass bei der aktuell hohen Inflationsrate immer mehr Menschen immer schneller an ihre Grenzen kommen."

Entlastungspakete der Politik begrüße man daher im Schulterschluss mit zahlreichen weiteren Sozial- und Wohlfahrtsverbänden sowie den Gewerkschaften und Kirchen. "Wir konnten aber nicht nachvollziehen, warum ausgerechnet die Rentner keine Energiepauschale erhalten sollen." Der VdK habe daher einen Aufschlag auf die Rente gefordert und sei nicht davor zurückgeschreckt, mit einer Klage gar beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu drohen. Auch eine groß angelegte, bundesweite Pflegekampagne habe der VdK gestartet, "um auf die zahlreichen ungelösten Probleme im Bereich Pflege" aufmerksam zu machen.
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Meckesheims Bürgermeister Maik Brandt unterstrich dies, indem er anmerkte: "Nie war der VdK so wertvoll wie heute." Eine Frage ziehe sich wie ein roter Faden durch alle Diskussionen: "Wie gerecht ist unser Gesellschaftssystem?" Brandt bezeichnete den VdK als "soziale Institution schlechthin".
Cédric Lacroix, Präsident der Union Fédérale Marnaise, der französischen Partner-Organisation, sagte: "Wir weigern uns, bei Sozialverhandlungen am Wegesrand zu stehen." Lacroix bemühte eine bildhafte Sprache: "Wenn wir unsere Alten auf der Eisscholle zurücklassen, haben wir kein Recht mehr zu leben." Es sei richtig, ein Schloss an der Haustüre zu haben, aber trotzdem den guten Kontakt zu den Nachbarn zu pflegen. So sagte Lacroix auch: "Gehen Sie nicht uneingeladen zu anderen." Dies sah er als Metapher für den Krieg in der Ukraine. Übersetzt wurden seine Worte von Bernhard Wipfler.
Andreas Schwarz, Direktor der Deutschen Rentenversicherung, gab zu bedenken, dass sich der demografische Wandel bald noch deutlicher bemerkbar mache, denn die Geburtenrate sei seit Mitte der 60er-Jahre stark gesunken und so sei ein "demografischer Buckel" entstanden: Dies sei die Generation der "Babyboomer", die ab Mitte dieses Jahrzehntes "massiv" in Rente gehen würde.
Dennoch sah Schwarz die Rentenversicherung "in der Tendenz auf einem guten Pfad", jedenfalls bis zum Jahr 2030. Doch räumte Schwarz auch ein, dass Energiekrise, Inflation und möglicherweise Rezession "erhebliche Unsicherheiten" bergen. Grußworte sprachen auch Norbert Knopf (MdL, Grüne), Albrecht Schütte (MdL, CDU), Andrea Schröder-Ritzrau (Kreisvorsitzende der SPD Rhein-Neckar), Ralf Frühwirth (Sprecher für die Fraktionen des Kreistages des Rhein-Neckar-Kreises) sowie Stefan Hildebrandt (Erster Landesbeamter und Vertreter der Verwaltungen).
Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung vom Spielmanns- und Fanfarenzug Meckesheim. Die Totenehrung nahm Birgit Kaspari in Vertretung der verhinderten Kreisfrauen-Vertreterin Maurice Peters vor, und der Ökumenische Seniorenkreis Meckesheim-Mönchzell sowie der Ökumenische Verein für Caritas und Diakonie, der auch die Nachbarschaftshilfe in Meckesheim organisiert, stellten ihre Arbeit mit einem Infostand vor.