Wohnungsbau in Mannheim

Eine Stimme entscheidet - Die Sozialquote kommt

Hauchdünne Entscheidung im Gemeinderat – So will die Stadt mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen

02.05.2018 UPDATE: 04.05.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 25 Sekunden

In den Quadraten T 4 und T 5 entsteht derzeit neuer Wohnraum in begehrter Lage. Die Sozialquote greift hier allerdings nicht mehr. Foto: Gerold

Von Olivia Kaiser

Mannheim. Es ist eine knappe Entscheidung: Mit nur einer Stimme Unterschied hat sich der Mannheimer Gemeinderat in seiner Sitzung am Donnerstag für die Sozialquote im Wohnungsbau ausgesprochen. In einem Neubau mit mehr als zehn Wohneinheiten müssen ab jetzt mindestens 30 Prozent der Wohnungen, oder mindestens 20 Prozent der Gesamtfläche, für eine Miete von maximal 7,50 Euro pro Quadratmeter angeboten werden. Ausgenommen sind Neubauten in bereits bestehenden Wohngebieten. Bei der Bebauung der Konversionsflächen Hammond in Seckenheim und Spinelli zwischen Käfertal und Feudenheim wird die Quote nun angewendet.

Sie ist Teil eines Zwölf-Punkte-Programms der Stadtverwaltung, das der Gemeinderat bereits im vergangenen Juni beschlossen hat und das die Wohnungsbaupolitik künftig bestimmen soll. In den kommenden zehn Jahren sind 10.000 Wohnungen geplant, von denen nun mindestens 3000 zum festgelegten Mietpreis angeboten werden. Denn aus Sicht der Stadtverwaltung haben es vor allem Bürger mit mittleren und unteren Einkommen immer schwerer, bezahlbaren Wohnraum zu finden.

"Die 2000 Wohnungen, die bereits entstanden oder bald fertig gestellt sind, befinden sich alle im hochpreisigen Segment", betonte Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD). Mietpreise von 11,20 Euro pro Quadratmeter seien keine Seltenheit. Immer mehr Menschen könnten sich die Mietpreise auf dem freien Wohnungsmarkt nicht mehr leisten, verdienten aber zu viel, um Wohngeld beziehen zu können, ergänzte Baubürgermeister Lothar Quast (SPD). "Das ist unser Dilemma." Die Diskussion war bereits im Hauptausschuss emotional geführt worden, das war bei der Sitzung des Gemeinderats nicht anders. Mehrfach musste der Oberbürgermeister daran erinnern, dass Beifalls- und Missachtungsbezeugungen während der Sitzung nicht zulässig sind. Für Emotion sorgten außerdem etwa 30 Demonstranten vor dem Saal, die sich vor Beginn der Sitzung lautstark für die Sozialquote aussprachen.

Dass bezahlbarer Wohnraum in Mannheim entstehen und einer räumliche Trennung sozialer Schichten entgegen gewirkt werden müsse, darüber waren sich alle Fraktionen einig - das wurde in den Aussagen der Fraktionssprecher deutlich. "Wir haben nur unterschiedliche Ansichten über den Weg dorthin", bilanzierte Birgit Reinemund (FDP). Sie ist gegen die Quote und stattdessen für mehr Bauförderung. Allerdings sei das Sache des Bunde, und da bewege sich momentan nicht sehr viel, musste sie zugeben.

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Auch für die Mannheimer Liste ist die Quote ein rotes Tuch. Dem Zwölf-Punkte-Programm könne man bis auf diesen Punkt zustimmen, betonte Fraktionssprecher Achim Weizel. Doch die Quote lehne man ab. Die CDU habe sich bei den Beratungen zum Zwölf-Punkte-Programm stets kompromissbereit gezeigt, merkte Claudius Kranz an. Doch die Sozialquote auf einzelne Wohnobjekte anzuwenden, sei ein Schritt, den man nicht mitgehen könne. "Wir haben uns immer für eine quartierbezogene Quote ausgesprochen", betonte er

Lothar Quast stellte nochmals klar, dass in dem Quotenkonzept Ausnahmen durchaus zulässig seien, die dann im Gemeinderat diskutiert werden könnten: "Es handelt sich ja nicht um ein sklavisches Gesetz." Die Sozialquote steht außerdem eng in Zusammenhang mit zwei weiteren Punkten aus dem Programm, die ebenfalls zur Abstimmung standen: die verbilligte Abgabe von Wohnbaugrundstücken und die Konzeptvergabe. Sie besagt, dass bei der Wahl eines Investors nicht das höchste Gebot ausschlaggebend ist, sondern die Qualität des eingereichten Konzepts. Das kann beispielsweise eine ökologische oder soziale Ausrichtung haben. Diese drei Instrumente greifen ineinander und sollen bei der Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum helfen. "Die Vergabe nach Konzeptqualität wird in vielen Großstädten bereits praktiziert", betonte Kurz.

Für Gerhard Fontagnier (Grüne) kommt die Quote sogar ein paar Jahre zu spät. "Ohne die städtische Wohnungsbaugesellschaft hätten wir gar keinen sozialen Wohnraum mehr", merkte er an. Aufgrund der teuren Mieten gebe es bereits Abwanderungstendenzen, beispielsweise nach Ludwigshafen. "Das kann uns nicht gefallen." Die Quote sei eben keine Wohnungsbaubremse, erklärte Thomas Trüper von den Linken. Für Ralf Eisenhauer (SPD) ist die Einführung der Quote ein wichtiger Schritt. Er wolle nicht, dass man in Mannheim schon an der Adresse sehen könne, wie viel man verdiene. Nach dem hauchdünnen Ergebnis zeigte er sich erleichtert: "Jetzt müssen wir was draus machen."

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