Heppenheim

Ex-Landrat wettert gegen die Windkraft

Matthias Wilkes sprach vor Bürgerinitiativen - Protest gegen Windkraftanlagen im Odenwald

18.08.2017 UPDATE: 19.08.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 41 Sekunden

Symbolfoto: Getty Images

Von Harald Berlinghof

Heppenheim. "Der Vorwurf der Odenwaldhölle war der erste Anschlag auf unseren Odenwald. Die Windkraftanlagen sind der zweite", sagt Matthias Wilkes, der frühere Landrat des hessischen Kreises Bergstraße. Den Vertretern von zahlreichen Odenwälder und Bergsträßer Bürgerinitiativen gegen Windkraftanlagen spricht er damit aus der Seele. Zur Veranstaltung in Heppenheim hat er 5000 Autoaufkleber mitgebracht. "Ich bin ein Odenwälder" steht darauf neben einem Verbotsschild für Windkraftanlagen zu lesen. Angelehnt ist der Aufkleber an die gleichnamige Aktion vom Januar 2014, die sich gegen eine FAZ-Autorin richtete, die von der "Odenwaldhölle" geschrieben hatte. Jetzt will Wilkes damit eine Volksbewegung gegen Windkraftanlagen - er nennt sie "Industrieanlagen für Windkraft" - im Odenwald lostreten.

"Volksverdummung, reiner Unsinn, volkswirtschaftliche Katastrophe, Stromkunden sind die Dummen": Wilkes war schon immer ein Freund deutlicher Worte. Als Ex-Landrat fällt ihm das offenbar noch leichter. Auf dem Marktplatz haben sich rund 30 Windkraftgegner versammelt. Von "Windtollwut" ist auf den Plakaten zu lesen, "Initiative gegen Windwahn" oder "Vernunftkraft-Odenwald" nennen sich die Initiativen. Für sie sind meist die Politiker schuld: "Die Klientelpolitik quer durch alle Parteien begünstigt die Windkraft. Das ist wie beim Diesel", schimpft einer.

"Nicht blindwütig oder unreflektiert ist unser Protest, sondern mit vielen Argumenten hinterlegt", beginnt Wilkes seine Ausführungen. Deutschland sei nicht der Musterknabe in Sachen Klimaschutz. Seit 2009 gebe es bei der Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen keinen Fortschritt, in den USA hätten sie einen Rückgang von zehn Prozent zu verzeichnen. Nicht, dass er damit Trump und seine Politik für gut befinden wolle, aber Deutschland sei kein Musterland: "Das ist Volksverdummung."

Man produziere schon jetzt mehr Energie als man in Deutschland brauche, der unnötige Strom werde exportiert - zu Niedrigstpreisen. 29.000 Windräder in Deutschland können trotzdem den Bedarf nicht decken, weil die Energiespeicher fehlen. Dorthin müsste das viele Geld fließen, meint er, nicht in die Taschen der Windparkbetreiber. 2016 flossen rund eine Milliarde Euro in Strom, der gar nicht erzeigt wurde. Bei zu viel Wind werden die Anlagen bekanntlich abgestellt, den Betreibern aber die Ausfälle vergütet.

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Neben Klimaschutz gehören Naturschutz und Landschaftsschutz zum Argumentationsrepertoire der Windkraftgegner. "Bürger und Bürgerinitiativen müssen viel Geld ausgeben für Gutachten und Gerichtsverfahren, um dem Naturschutz zu seinem Recht zu verhelfen. Das gehört aber eigentlich zu den ureigensten Aufgaben der Naturschutzbehörden", sagt Wilkes und erntet viel Applaus. Der Odenwald gehöre zum Erholungsraum von acht Millionen Menschen. "Nicht nur der Rotmilan hat einen Platz hier zu beanspruchen, sondern auch die Menschen", so Wilkes. Die Distanzen von Wohngebäuden zu den großen Windanlagen hält er für zu gering. 1000 Meter in Hessen, 700 Meter für Aussiedlerhöfe, "in Bayern liegt die Distanz für Anlagen, die höher als 200 Meter sind, bei zwei Kilometern".