Wieder feiern wie früher?
Ohne Mundschutz auf der Tanzfläche. Vor allem die 18-Jährigen haben einiges nachzuholen. Ein Besuch im Mannheimer Club Tiffany.

Von Marco Partner
Mannheim. Endlich wieder feiern, zu Musik tanzen, sich mit Freunden in großer Runde treffen, ausgelassen sein und die Nacht zum Tag machen. Was vor Corona für Jugendliche und junge Erwachsene selbstverständlich war, wird in der Pandemie zum besonderen Ereignis. Nach eineinhalb Jahren dürfen die Clubs und Discotheken, die mit am längsten vom Lockdown betroffen waren, wieder öffnen: Das Tiffany lädt seit drei Wochen wieder zum Clubbing ein. Ein Besuch.
Kurz vor 23 Uhr bildet sich eine lange Warteschlange in der Kurfürstenpassage. Grummeln, Getuschel, lautes Gelächter. Eine Samtschnur und ein Türsteher trennen die herausgeputzten, schicken und jungen Leute vom Einlass. Die Kontrollen sind an diesen Abenden strikter als sonst: Nur Geimpfte, Genesene und Besucher mit einem negativen PCR-Test dürfen die dunklen Treppen zum Glück hinabsteigen. An der Garderobe werden die Jäckchen abgegeben, und manche Hygienemaske in der Handtasche verstaut. Nach zwei Wochenenden mit Mundschutzpflicht dürfen die Partygäste erstmals wieder "oben ohne" auf die Tanzfläche. Nur auf dem Weg zur Toilette müssen sie die Gesichter verhüllen.

Das Tiffany gibt es seit 1969, es ist einer der ältesten Clubs Mannheims. Vor fünf Jahren übernahm Maximilian Dierschke die Betriebsleitung. "Wir hätten niemals gedacht, dass wir einmal dichtmachen", sagt er. Doch auf den Unglücks-Freitag am 13. März 2020, als alle Discotheken schließen mussten, folgte irgendwann der Glücks-Freitag am 13. August 2021, als dem Nachtleben wieder eine Perspektive geboten wurde: "Die Leute haben Bock und warten bis zu einer Stunde in der Schlange. Gerade die 18-Jährigen haben einiges nachzuholen, sie konnten nicht einmal ihren Geburtstag richtig feiern."
Vivien aus Mannheim ist inzwischen sogar 19 Jahre jung. Vor Corona war sie nur ein paar Mal feiern und wurde kurz nach ihrem 18. Geburtstag ausgebremst. Jetzt genießt sie es, endlich wieder ausgehen zu können. "Letztes Wochenende war ich im Cubes. Es ist befreiend, man hat das Gefühl, dass Corona zu Ende ist – zumindest für die Geimpften und Genesenen", sagt sie, während sie an der Bar auf ihr Getränk wartet. "Es ist so cool, endlich wieder mit anderen jungen Menschen abzuhängen und nicht mehr nur Zuhause rumsitzen zu müssen", schaltet sich eine Freundin ein.
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Etwas ungewohnt war die neu gewonnene Freiheit am ersten Party-Wochenende aber schon für Vivien. "Wieder mit so vielen Leuten in einem engen Raum zu sein und zu tanzen, daran musste ich mich erst wieder gewöhnen", erklärt sie, und freut sich nun umso mehr auf ihren zweiten Ausgehabend in schickem Ambiente. Mit modernen, bequemen Ledersesseln und großen Eiswürfelschalen, die an jedem Tisch bereitstehen. Dort wird eher Sekt, Wodka und Gin als Kneipenbier bestellt. Die Wände sind mit schmalen, violetten LED-Lichtern durchzogen, gediegene R&B-Musik tönt aus den Boxen.
Die Tanzfläche meiden die Besucher zu Beginn noch ein wenig, doch das ändert sich schnell. Auch Marvin Göllner aus Speyer ist in Feierlaune. Der 25-Jährige schnuppert mit seinen Fußball-Kollegen zum ersten Mal seit eineinhalb Jahren wieder Club-Luft. An seine letzte Disconacht kann er sich noch erinnern: "Das war im Frühjahr 2020, auch im Tiffany." Kein Training, keine Spiele, geschlossene Fitnessstudios: "Es ist beim Feiern wie bei allem: Wenn einem Dinge genommen werden, die man gerne macht, fühlt sich das nicht gut an. Das private Leben, die Freizeit und die sozialen Kontakte leiden sehr darunter", betont er.
"Ihr seid alle eingeladen", tönt es von der Bar. Ein paar Runden werden spendiert, Chantal Lang und ihre Kollegen haben allerhand zu tun. Vor vier Jahren begann sie als Studentin, im Tiffany als Barkeeperin zu arbeiten. Umso härter traf die heute 26-Jährige der plötzliche Lockdown. "Das war ein Schock, es ist ein guter Aushilfsjob, ich habe damit meinen Lebensunterhalt finanziert", erklärt sie. In den letzten Monaten habe sie wie viele Studenten in Corona-Zentren gearbeitet. Inzwischen hat sie ihr BWL-Studium beendet und eine Festanstellung. Dennoch hält sie dem Tiffany nun weiterhin mit einem kleinen Nebenjob die Treue.
Gegen Mitternacht hat sich die Warteschlange fast verdreifacht und reicht bis auf die Kunststraße. "Alle konnten leider nicht reinkommen, wir wollen die Sicherheit der Gäste wahren und es auch nicht übertreiben", verrät Dierschke am nächsten Tag. Die große Mehrheit der rund 300 Gäste sei geimpft oder genesen. Aber auch einen rund 60 Euro teuren PCR-Test wiesen ein paar Feierwillige für den lang ersehnten Club-Besuch in dieser Nacht vor.