Verbandspräsident erteilt 365-Euro-Ticket eine Absage
"Kein Platz für mehr Fahrgäste" - Wiener Vorbild sei nichts für Mannheim, da die Rahmenbedingungen fehlen

Mannheim. (oka) Bei der Verkehrswende spielt der Öffentliche Personennahverkehr eine Schlüsselrolle. Nur wenn mehr Menschen auf Bus und Bahn umschwenken und das Auto stehen lassen, kann die Luft in den deutschen Großstädten auf lange Sicht sauberer werden.
Um das den Bürgern schmackhaft zu machen, böte sich ein günstiges Ticket an - so wie das 365-Euro-Jahresticket in Wien. Auch im Gebiet des Rhein-Neckar-Verkehrsverbunds (VRN) stand dies zur Debatte, als Mannheim vom Bund zur Modellstadt gekürt wurde. Bei der Jahrestagung des Verbands deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), der bis Mittwoch im Mannheimer Rosengarten stattfindet, sagte VDV-Präsident Ingo Wortmann: "In deutschen Großstädten haben wir nicht genug Platz für mehr Fahrgäste."
Ein 365-Euro-Ticket nach Wiener Vorbild hilft aus seiner Sicht nicht - zumal man beim Verband Lösungen für das gesamte Bundesgebiet suche und nicht nur für eine Stadt. Die Nahverkehrssysteme in den deutschen Großstädten seien an der Kapazitätsgrenze angekommen. Um langfristig mehr Fahrgäste aufnehmen zu können, brauche man mehr Gleise sowie mehr U- und S-Bahnen, so Wortmann. "Wenn die Rahmenbedingungen geschaffen sind, dann können wir uns um solche Tickets Gedanken machen." Doch entsprechende Investitionsmaßnahmen müssten schnell in Angriff genommen werden. Gleichzeitig müsse nach praktikablen Lösungen für den ländlichen Raum gesucht werden.
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Das 365-Euro-Ticket hält Wortmann auch aus anderen Gründen für einen "Rohrkrepierer": So könne es schlecht erhöht werden, denn dann ginge der Effekt verloren. "Man muss die Inflation über Steuermittel einpreisen, das ist in Wien gerade der Fall." Und auch aus einer anderen Richtung fließt Geld: In der österreichischen Hauptstadt gilt eine sogenannte U-Bahn-Steuer, für die ansässige Unternehmen je nach Mitarbeiteranzahl aufkommen müssen.