Suchtberatungsstellen kämpfen mit finanziellen Sorgen
In Baden-Württemberg ist die Finanzierungssituation "insgesamt prekär", erklärt der Vizechef der Landesstelle für Suchtfragen, Hans-Joachim Abstein der dpa.

Auch der Caritas Mannheim, hier Dienststellenleiter Thomas Wenz in einem Beratungsgespräch, droht Stellenabbau. Foto: Gerold
Von Heike Warlich-Zink
Ursprünglich wollten die Mannheimer Suchtberatungsstellen vergangene Woche ihren Jahresbericht vorstellen. Nachdem die Stadt Mannheim es jedoch abgelehnt habe, ihre Zuschüsse an die gestiegenen Kosten anzupassen, rücke nun die Finanzierung in den Mittelpunkt des Pressegesprächs, so Roman Nitsch. "Wir diskutieren schon lange ums Geld", so der Mannheimer Caritas-Vorstand weiter. Insbesondere die beiden kirchlichen Träger würden seit über zehn Jahren Defizite monieren.
Hintergrund
Suchtberatungen im Südwesten
In Baden-Württemberg gibt es laut der Landesstelle für Suchtfragen rund 100 Suchtberatungen mit etwa 450 landesgeförderten Fachkraftstellen. Sie informieren und beraten suchtkranke und suchtgefährdete Menschen, deren
Suchtberatungen im Südwesten
In Baden-Württemberg gibt es laut der Landesstelle für Suchtfragen rund 100 Suchtberatungen mit etwa 450 landesgeförderten Fachkraftstellen. Sie informieren und beraten suchtkranke und suchtgefährdete Menschen, deren Angehörige und andere Bezugspersonen. Zudem vermitteln sie ihre Klienten in Behandlungen und kümmern sich nach einer erfolgreichen Therapie um die Suchtnachsorge. Hauptsymptom der Hilfesuchenden ist die Alkoholabhängigkeit, gefolgt von Cannabismissbrauch. Die Landesförderung stellt die Grundfinanzierung dar, ergänzt von kommunalen Zuschüssen und Eigenmitteln der Träger. lsw
Caritas und Diakonisches Werk erhalten zusammen 140 000 Euro für ihre Suchtberatungsstellen. Aufgrund gestiegener Personalkosten müssten sie inzwischen insgesamt 250 000 Euro im Jahr an Eigenmitteln zuschießen, um das Angebot aufrechterhalten zu können. Nun wollen beide Träger ihren Anteil auf jeweils 70 000 Euro beschränken. Auch der Drogenverein Mannheim und die Fachstelle Sucht des baden-württembergischen Landesverbands für Prävention und Rehabilitation erklären, zwischen 30 und 40 Prozent mehr Kosten tragen zu müssen als noch vor 15 Jahren.
Die Konsequenz ist hart: Alle vier Träger müssen insgesamt fünf Vollzeitstellen streichen: zwei das Diakonische Werk, die anderen jeweils eine. "Wir arbeiten effizient, stimmen uns ab. Doppelstrukturen gibt es nicht." Dennoch: "Es ist immer schwieriger geworden, das Geld aufzubringen", sagt Nitsch.
In Baden-Württemberg ist die Finanzierungssituation "insgesamt prekär", erklärt der Vizechef der Landesstelle für Suchtfragen, Hans-Joachim Abstein der dpa. Die Landesregierung habe die Zahlungen schon viel zu lange nicht mehr erhöht. Er fordert eine Anpassung an die Kostensteigerungen. Auch die Geschäftsführerin der Liga der freien Wohlfahrtspflege, Eva Weiser, plädiert für mehr Geld. "Die Kosten für die Gehälter steigen durch die Tarifverhandlungen, aber die Zuschüsse vom Land bleiben gleich", kritisierte sie.
Nach dem Abbau von 25 auf 20 Fachberaterstellen werde Mannheim zu einem Drittel unterversorgt sein, erklärt Peter Traub-Martin. In Mannheim sei an manchen Stellen eine neue offene Drogenszene zu beobachten, so der Vorsitzende des Drogenvereins. Außerdem habe man es verstärkt mit neuen Drogen und Süchten zu tun. Daher müsse die Arbeit der Suchtberatungsstellen weiterentwickelt werden.
"Stellenabbau heißt kürzen von Leistungen", macht Ulrike Müller, Fachstellenleiterin des Drogenvereins in Mannheim, unmissverständlich klar. In der Prävention, Frühintervention und Nachsorge sowie bei der Betreuung von Familienangehörigen Suchtkranker seien Einschnitte unvermeidbar. "Gleichzeitig werden sich die Wartezeiten verlängern, was gerade bei unserem Klientel problematisch ist", spricht Sabine Gaspar-Sottmann von der Caritas einen weiteren Aspekt an. "Je weniger wir im Präventionsbereich machen, umso teurer wird es", weist Astrid Zapf-Freudenberg von der Fachstelle Sucht auf wichtige Zusammenarbeit mit Arztpraxen oder auch Arbeitgebern als Schnittstellen hin.
"Die Stadt teilt das Anliegen der Träger der Suchthilfe, eine gute Suchthilfeversorgung in Mannheim zu gewährleisten", erklärt die zuständige Dezernentin Ulrike Freundlieb. Die Stadt werde bei den kommunalen Zuschüssen zumindest keine Kürzung vornehmen. "Für uns als Stadt sind die Träger der Suchtberatungsstellen unverzichtbare Partner in der Gestaltung der Mannheimer Suchtversorgungslandschaft," so Freundlieb.
"Suchthilfe ist eine gesellschaftliche Aufgabe", mahnt Peter Hübinger, Direktor des Diakonischen Werkes. Er hofft, zusammen mit den anderen Beratungsstellen, dass die Stadt das Signal ernst nimmt und entsprechende Mittel in den Doppelhaushalt 2016/17 aufnimmt.