Mannheim

Polizei schwant nichts Gutes wegen Corona-"Spaziergängen"

Die Stadt kritisiert, dass "bewusst Verstöße begangen wurden" und verbietet unangemeldete "Spaziergänge" bis Januar.

22.12.2021 UPDATE: 23.12.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 8 Sekunden
Rund 800 Menschen zogen bei einer nicht angemeldeten Demo am Montagabend durch die City und hielten die Polizei auf Trab. Foto: Priebe

Von Alexander Albrecht

Mannheim. Patrick Knapp schwant nichts Gutes. "Das wird uns wohl noch eine Zeit lang beschäftigen", sagte der Mannheimer Polizeisprecher. Er rechnet mit weiteren "Montagsspaziergängen" in der Stadt und spricht von einer "herausragenden Belastung" für die Beamten. Bei der ersten Mannheimer Demo waren 2000 Menschen auf die Straße gegangen – vor wenigen Tagen knapp 800, aber noch aggressiver und obwohl das Rathaus den Aufzug untersagt hatte.

13 Einsatzkräfte wurden verletzt, als Protestierende versuchten, Polizeiketten zu durchbrechen, ein Beamter schwer. Zwei Ordnungshüter zogen sich Verletzungen bei einer Versammlung in Weinheim zu. Wie Knapp weiter erklärte, hätte laut einer internen Auswertung etwa die eine Hälfte der Teilnehmer bei der ersten Demo in der Quadratestadt aus Mannheim gestammt, die andere aus dem näheren Umfeld. Für die aktuelle Versammlung lagen noch keine Zahlen vor.

Die Stadt hat am Mittwoch per Allgemeinverfügung erneut nicht angemeldete "Spaziergänge" verboten. Die Regelung tritt an diesem Donnerstag in Kraft und gilt vorerst bis 31. Januar 2022. "Hier werden keine demokratischen Grundrechte wahrgenommen, sondern bewusst Verstöße begangen, weil man die Regeln des Rechtsstaats nicht anerkennt", teilte Oberbürgermeister Peter Kurz der RNZ mit. Nach diesen Regeln müssten Demonstrationen beantragt und Verantwortliche benannt werden. "Genau dies wird umgangen", so Kurz.

Den Organisatoren gehe es nicht um Meinungsäußerungen, sondern einen "inszenierten Rechtsbruch als Widerstand gegen eine angebliche Diktatur". Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sei dies bewusst oder egal, sagte der OB. Innenminister Thomas Strobl verurteilte am Mittwoch die Angriffe bei einer Sondersitzung des Innenausschusses des Landtags, die man nicht akzeptieren werde. Die Verabredungen zu den Aktionen in ganz Baden-Württemberg erfolge typischerweise in Chats, häufig im Messengerdienst "Telegram". Aufgrund der fehlenden Anmeldungen werde es der Polizei und den Versammlungsbehörden fast unmöglich gemacht, entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Und genau das hätten die Organisatoren auch im Sinn.

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Strobl sprach von einer sehr dynamischen Demonstrationslage im Land. Unter den Teilnehmenden gebe es erhebliche Unterschiede. So gingen Bürgerinnen und Bürger auf die Straße, die friedlich ihren Protest gegen die Pandemiemaßnahmen ausdrücken wollten. Unter den "Spaziergängern" befinde sich allerdings auch eine "toxische Mischung aus Reichsbürgern, Selbstverwaltern, Verschwörungstheoretikern und Rechtsextremisten".

Insbesondere der harte Kern der Neonaziszene versuche, die Demonstrationen für sich zu instrumentalisieren. In Mannheim reihten sich zudem "erlebnisorientierte Jugendliche" ein, ergänzte Knapp. Die Fraktionen im Landtag forderten, Protestierende, die die Maskenpflicht ignorierten oder das Versammlungsverbot mit "Spaziergängen" umgingen, konsequent zu bestrafen.

Strobl sagte, dass nicht angemeldete Aufzüge für die Beteiligten sehr teuer werden könnten. So begingen die Demonstrationsleiter eine Straftat, die Teilnehmenden eine Ordnungswidrigkeit. Sie müssten mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro rechnen. Mit seiner Einheit im Einsatz war am Montagabend auch Thomas Mohr, Bezirksgruppenvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. "Es ist nicht zu akzeptieren, dass in den sozialen Netzwerken zu Straftaten gegen Polizisten aufgerufen wird und man versucht, an deren private Adressen zu gelangen", erklärte er. Aus diesem Grund wehre sich die Gewerkschaft vehement gegen eine Kennzeichnungspflicht von Beamten, die von der Landesregierung beschlossen worden ist.

"Wir müssen uns immer wieder auf neue Situationen einstellen, weil die Demonstranten kurzfristig die Routen ändern", sagte Knapp. "Das macht das Ganze sehr schwierig." Und nicht minder knifflig sei es für seinen Kollegen, an Absperrungen Versammlungsteilnehmer von "normalen" Passanten zu unterscheiden. Er wolle aber nicht so weit gehen, dazu zu raten, die City an Montagabenden künftig zu meiden. Der Sprecher empfahl jedoch den Bürgern, sich vom Demonstrationsgeschehen fernzuhalten und andere Wege zu nehmen.

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