"Geisterliste" der teuersten Heime empört Gewerkschaft
Verdi wehrt sich gegen Ratsbeschluss - Aktion geplant

Wer im Alter auf Pflege und Sozialleistungen angewiesen ist, hat in Mannheim keine freie Pflegeheim-Auswahl. Dagegen regt sich immer mehr Protest. Foto: Hollemann
Von Wolf Goldschmitt
Mannheim. Der Umzug ins Pflegeheim fällt vielen Hilfsbedürftigen schwer. Da kommen viele Fragen auf: Wer soll das alles bezahlen? Wie wird dann mein Leben aussehen? Welches Heim eignet sich für mich?
Einigen Mannheimer Sozialhilfeempfänger gibt das Sozialamt Antwort auf die letzte Frage. Denn sie müssen möglichst kostengünstig untergebracht werden und haben mitunter keine Wahlfreiheit. So hat es der Mannheimer Gemeinderat beschlossen.
Gegen solche "Zwangseinweisungen", weil die Rente für ein Wunschhaus nicht ausreicht, macht jetzt - nach Caritas und Diakonie - auch die Gewerkschaft Verdi mobil. Auch im Sozialrecht gelte der Grundsatz, dass Hilfebedürftige das Recht haben, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen, weiß Gewerkschaftssekretär Michael Zimmer und kündigt Widerstand gegen die Gemeinderatspolitik an: "Bei der nächsten Sitzung der Stadtväter planen wir eine Aktion, damit der unsoziale Sparbeschluss sofort ausgesetzt wird. Wir hoffen auf ein Einlenken und einen Runden Tisch zum Thema", wünscht sich Zimmer weiter.
Im Sozialamt der Stadt Mannheim existiert laut Verdi eine Liste der teuersten zehn der insgesamt 30 Pflegeheime mit zusammen rund 3100 Betten. Und wenn die Behörde bei diesen Häusern Kosten übernehmen soll, entscheidet sie zur Zeit erst nach langer Einzelfallprüfung - und nicht immer im Sinn des Antragstellers.
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"Wenn jeder Fall geprüft wird, kann es nicht sein, dass individuelles Durchsetzungsvermögen darüber entscheidet, ob jemand das Heim der Wahl bekommt", ärgert sich Zimmer.
Eine andere Kritik der Gewerkschaft am Sparmodell auf Kosten der ärmeren Menschen: Damit würden auch jene Heime massiv benachteiligt, die den Tariflohn des Öffentlichen Dienstes zahlen und damit logischerweise höhere Personalkosten haben.
Manche Heime wie das "Rheinauer Tor" spürten bereits, dass freie Betten nicht mehr so schnell belegt würden wie früher, so der Verdi-Vertreter. Schon einmal, vor knapp acht Jahren, als in der Stadtverwaltung eine erste "Geisterliste" der günstigsten Pflegeheime kursierte, hat ein Gewerkschaftsprotest die Kommune zur Umkehr bewegt.
Laut Sozialamt hat es seit Februar bislang 41 solcher Neuanträge zur Kostenbeteiligung gegeben, von denen nach intensiver Prüfung 19 akzeptiert wurden. 14 Anträge sind noch in der Bearbeitung und sieben wurden abgelehnt. Einen Bündnisgenossen im Streit um soziale Gerechtigkeit in Mannheim sieht der Gewerkschafter seit kurzem im Bundessozialgericht.
Das hat nämlich gerade entschieden, dass eine Sozialhilfeempfängerin ihr Wunschheim wählen darf - sofern keine "unverhältnismäßigen Mehrkosten" anfallen. Nach Ansicht von Michael Zimmer, der das Urteil allerdings noch genau studieren will, geht es um "Mehrkosten von 25 bis 30 Prozent".