Fahrrad soll zum Verkehrsmittel Nummer Eins werden
Hochstraßensperrung beeinflusst Planung

Die Berliner Straße ist jetzt eine Fahrradstraße - erkennbar durch die breite rote Markierung, auf der auch mehrere Fahrradfahrer nebeneinander fahren können. Auch der Fußgängerbereich wurde großzügig umgestaltet. Foto: Gerold
Von Olivia Kaiser
Mannheim. Die Verkehrswende funktioniert nicht ohne bauliche Veränderungen in der Stadt. Der Umbau von Straßen zu Fahrradstraßen oder die Wandlung des Kaiserrings zum Boulevard sind Beispiele. Bis zur Bundesgartenschau 2023 soll möglichst viel umgesetzt werden - eigentlich. Doch die Sperrung der Hochstraße Süd zwingt die Mannheimer Verkehrsplaner teilweise zum Umdenken. Ambitioniertes Ziel des städtischen Leitbilds ist es aber weiterhin, bis 2030 das Fahrrad zum meist genutzten Verkehrsmittel zu machen. Die RNZ nennt einige wichtige Aspekte für den Individualverkehr.
> Fahrradstraßen: Die Mannheimer treten häufiger in die Pedale: Waren es 2015 laut Messstelle an der Friedrich-Ebert-Brücke noch 1,088 Millionen Radfahrer pro Jahr, waren es 2018 bereits 1,25 Millionen. Das liege auch an den Fahrradstraßen, welche die Stadtverwaltung konsequent gestalte, erklärt Chefstadtplaner Klaus Elliger. Erkennbar sind sie an der breiten roten Markierung. Jüngstes Beispiel ist die Berliner Straße, die vom Rosengarten zur Friedrich-Ebert-Brücke führt. 3000 Radler messe man dort pro Tag. "Jetzt wird diese Achse mit der Umwandlung der Tattersallstraße zur Fahrradstraße hin zum Hauptbahnhof verlängert", fügt Johanno Sauerwein, bei der Verkehrsplanung für die Fahrradinfrastruktur zuständig, hinzu. Eine weitere Fahrradstraße soll zudem von G 3/H 3 bis G 7/H 7 entstehen. Auch in Neckarau, Rheinau oder der Schwetzingerstadt sind Fahrradstraßen geplant.
> Fahrradwege: Die Augustaanlage soll einen Fahrradweg bekommen, die Planung steht bereits. Ziel ist es auch, den gesamten Ring - sprich Luisenring, Parkring, Friedrichsring und Kaiserring - mit Fahrradwegen zu versehen. Doch nun hat die Sperrung der Hochstraße Süd diese Planungen erst einmal zerschlagen. "Wenn die Auffahrt zur Kurt-Schumacher-Brücke jetzt verstärkt genutzt wird, können wir auf dem Luisenring schlecht eine Baustelle aufmachen und Fahrspuren sperren", verdeutlicht Elliger. Mehr noch: Alle Verkehrsbauprojekte müssten nun überprüft werden.
> Fahrradparkhaus: Räder müssen auch sicher abgestellt werden können. Im Zug der Umgestaltung des Lindenhofplatzes zu einem südlichen Eingangsbereich des Hauptbahnhofs soll dort ein Fahrradparkhaus mit bis zu 600 Plätzen entstehen. Fahrradboxen sind 2020 in Fried-richsfeld, Seckenheim und Feudenheim geplant.
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> Fahrradverleih: Mehr Nextbike-Stationen sind geplant, ab 2020 sollen Lastenräder das Angebot erweitern. Zudem soll das System digitalisiert werden. Das heißt, man muss das Fahrrad nicht an einer Station abstellen. Mit einer entsprechenden App findet man dann die Fahrräder auch abseits der Ständer.
> Fußgänger: Nicht nur für Radfahrer, auch für Fußgänger soll die Stadt attraktiver werden. So wurde die Berliner Straße nicht nur für Radler attraktiver gestaltet, sondern auch für Fußgänger. "Der neue Pflasterbelag macht an Straßenkreuzungen nicht halt", erklärt Klaus Elliger. Man habe praktisch die Straßenquerung mit dem Fußgängerbelag versehen. "Das signalisiert den Autofahrern, dass sie es sind, die Rücksicht nehmen müssen." Dieser kleine psychologische Trick funktioniere gut und soll künftig auch in den Quadraten an Garageneinfahrten verwendet werden.
> Rad-und Fußgängerbrücke: Eine Brücke für Radfahrer und Fußgänger über den Rhein haben die Grünen bereits vor einiger Zeit vorgeschlagen. Aufgrund der Hochstraßen-Sperrung rückt sie nun in den Fokus der Verkehrsplaner. Die Anregung dazu kam vom dänischen Stadtplaner Jan Gehl, der Mannheim vor ein paar Jahren in Bezug auf die Fahrradtauglichkeit unter die Lupe genommen hat. Eine Machbarkeitsstudie soll nun Kosten und mögliche Lage der Brücke untersuchen. Der Abschnitt zwischen Waldpark und Mühlauhafen auf der Mannheim- sowie Parkinsel und BASF auf der Ludwigshafen-Seite gilt als potenzieller Standort. "Wir befinden uns in einem konstruktiven Austausch mit Ludwigshafen", erklärt Volker Böhn, Abteilungsleiter Verkehrsplanung. Laut Klaus Elliger könnte das Bauwerk zwar vergleichsweise schnell errichtet werden - doch eine mehrjährige Planungsphase ist wie bei jedem Bauprojekt Pflicht. Bis Ende 2023 - so lange ist die Hochstraße Süd mindestens gesperrt - wird sie also keine Entspannung bringen.
> Seilbahn: Die Idee einer Seilbahn über den Rhein kommt von der FDP. Die Verkehrsplaner sehen das allerdings kritisch. Auf beiden Seiten des Stroms müssten dafür große Parkplätze gebaut werden. "Wo hätten wir dafür Platz?", fragt Böhn. Sollten die Startstationen nicht unmittelbar am Rhein liegen, dann schweben die Gondeln teilweise über Privatgelände. Das könnte einigen Anwohnern missfallen.