Mannheim

Der Jungbusch im Umbruch - vom Brennpunkt zum Trendkiez

Förderung des Sanierungsgebiets "Jungbusch/Verbindungskanal" beendet - Entwicklung geht weiter

17.09.2019 UPDATE: 18.09.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 30 Sekunden

Die Veranstaltungs- und Sporthalle ist ein Treffpunkt im Stadtteil - und besticht mit einem Bolzplatz auf dem Dach. Fotos: Gerold

Von Olivia Kaiser

Mannheim. Der Stadtteil Jungbusch hat in den vergangenen Jahrzehnten große Veränderungen erlebt: Vom Hafenarbeiterviertel zum Schmuddelquartier, vom Brennpunkt zum Trendkiez. Dass der Wandel funktioniert hat, ist auch dem Land Baden-Württemberg zu verdanken, das die Entwicklung im Jungbusch durch Mittel aus dem Städtebauförderprogramm mitfinanziert hat. Jetzt ist die Förderung des Sanierungsgebiets "Jungbusch/Verbindungskanal" ausgelaufen. Circa 3,28 Millionen Euro Finanzhilfen - inklusive rund 1,8 Millionen Euro vom Bund - sind seit 2003 in den Mannheimer Stadtteil geflossen. Zunächst war der Förderzeitraum auf acht Jahre angelegt, wurde aber mehrfach verlängert.

"Mannheim ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie eine Stadt und vor allem ihre Bürger von der Städtebauförderung profitieren. Die Wohn- und Aufenthaltsqualität konnte erheblich verbessert werden. Zum Erfolg der Sanierung tragen zudem soziale Projekte im Sanierungsgebiet bei, die das Zusammenleben fördern", erklärte Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) anlässlich des Abschlusses. "Die Städtebauförderung bringt viele Vorteile für die Stadtentwicklung: Quartiere werden aufgewertet, Brachflächen neu genutzt, und es kann dringend benötigter Wohnraum entstehen."

Wird jetzt endlich aufgehübscht: der Holzsteg am Verbindungskanal als Teil der Jungbusch-Promenade.

"Wohnen und Arbeiten am Wasser" - dieses Ziel ist mittlerweile umgesetzt, und bringt neue Probleme wie steigende Mieten und soziale Unruhe mit sich. Für Quartiersmanager Michael Scheuermann stehen deshalb mittlerweile weniger Bauprojekte bei der Stadtteilentwicklung im Vordergrund als Projekte, die den Zusammenhalt in dem bunten Viertel stärken.

Für Scheuermann begann die Stadtteilentwicklung im Jungbusch schon Ende der 1970er-Jahre mit dem Sozial- und Rahmenplan. Innerhalb der kommenden 20 Jahre wurde der Schwerlastverkehr verbannt, die Beilstraße - heute ein Kneipenmekka - zur Fußgängerzone umgebaut, eine Grundschule errichtet, und die Studentenwohnheime gebaut. Um die Jahrtausendwende entdecken Existenzgründer und Kreative den Stadtteil für sich. Der Musikpark, Mannheims erstes Existenzgründerzentrum, entstand am Verbindungskanal. 2004 bezog die Popakademie ihre Räumlichkeiten in unmittelbarer Nachbarschaft.

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Die Landesförderung brachte städtebauliche Projekte auf die Spur. Eine Freizeitwiese an den Studentenwohnheimen und ein Quartierplatz an der Teufelsbrücke wurden angelegt, Straßen ausgebaut, neu gestaltet und mit Radwegen versehen. Damit den Bewohnern Räumlichkeiten für gemeinschaftliche Veranstaltungen und sportliche Aktivitäten zur Verfügung stehen, wurde die Turnhalle "plus X" gebaut. Hinzu kamen Spielbereiche für Kinder und Jugendliche.

Ein Prestigeprojekt war die Promenade am Verbindungskanal mit Holzsteg und Sitzgelegenheiten. Allerdings ist die Flaniermeile am Wasser mittlerweile ziemlich heruntergekommen. Das Unkraut wuchert, der Holzsteg ist morsch und die Sitzgelegenheiten beschädigt, wie die RNZ bereits vor einem Jahr berichtete. Auf nochmalige Anfrage erklärte ein Stadtsprecher: "Die Ausbildungs-Gruppe des Fachbereichs Grünflächen und Umwelt beginnt heute mit der Sanierung des Stegs." Voraussichtlich drei Wochen sollen die Arbeiten dauern.

Das Viertel wurde attraktiver und lockte Investoren an. So entstand neuer Wohnraum, allerdings meist im oberen Preissegment. Um der Verdrängung entgegen zu wirken, war die Schaffung günstigen Wohnraums ein wichtiges Thema. Ein Beispiel dafür ist eine ehemalige Schrottimmobilie, welche die städtische Wohnungsbaugesellschaft GBG mittlerweile saniert hat. Es entstanden Drei- und Vierzimmerwohnungen, die zu einem günstigen Mietpreis angeboten wurden. Ein weiteres Wohn- und Geschäftsgebäude hat die Stadt erworben und abreißen lassen. Auch dort soll preiswerter Wohnraum entstehen. Insgesamt wurden durch Neubau, Umnutzung und die Aktivierung von Leerstand rund 50 neue Wohnungen geschaffen.

Doch auch soziale Projekte wurden ins Leben gerufen, beispielsweise die "Straßenpädagogische Prävention - Street Cred". Das Angebot umfasst erlebnispädagogische Angebote wie Kletterwald und Hochseilgarten, Sport und Mentaltraining sowie die Aufklärung über gesundheitliche und strafrechtliche Risiken bezüglich Sucht und Drogen. Zudem soll das respektvolle Zusammenleben einer multiethnischen Bevölkerung gefördert werden.

In den Jahren der städtebaulichen Erneuerung stieg die Einwohnerzahl im Jungbusch um 28 Prozent, während sie im Stadtgebiet um sieben Prozent stieg. Vor allem der Anteil an jungen Menschen ist gewachsen. Alteingesessene Buschler, zahlungskräftige Neubürger, Studierende, Migranten, Künstler und Kneipiers - sie alle leben und arbeiten auf engstem Raum zusammen. "Wir sind ein Stadtteil der Vielfalt. Bei uns ist immer Dynamik da, aber auch Instabilität", sagt Michael Scheuermann. "Deshalb müssen wir Wege finden, den Zusammenhalt zu stärken. Vieles haben wir da schon auf den Weg gebracht, aber die Entwicklung geht weiter."

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