Wie der Mannheimer Mercedes-Stern vor der Schrottpresse gerettet wurde
60 Jahre leuchtete der Mercedes-Stern in Mannheim - Jetzt steht das Markensymbol in Ladenburg

Von Axel Sturm
Ladenburg/Mannheim. Viele Mannheimer waren im Juli 2018 verärgert, als der weithin sichtbare Mercedes-Stern von einem Hochhaus an der Konrad-Adenauer-Brücke beim Friedrichspark abgebaut wurde. Es ginge ein Stück Mannheimer Geschichte verloren, meinten zahlreiche Bewohner der Quadratestadt, denn der Stern war für viele Menschen ein markanter Teil der Mannheimer Skyline. Der Stern dokumentierte 60 Jahre lang, dass in Mannheim "Der Benz" beheimatet ist. Die Beschäftigten der Werke in den Stadtteilen Waldhof und Luzenberg arbeiten nämlich, wenn man sie fragt, nicht beim Daimler-Konzern, sondern ganz einfach "Beim Benz" – und der Stern hat sich bis heute seine starke Symbolkraft erhalten.
Der Mercedes-Stern wurde von Gottlieb Daimler "erfunden" – genauer gesagt von dessen Söhnen Paul und Adolf. Das dreizackige Symbol sollte für den Einsatz der Daimler-Motoren in den Sparten Landfahrzeuge, Schiffbau und Luftfahrt stehen. Der Donnerhall der Mannheimer wegen des Abbaus ihres Sterns hörten auch die Konzern-Verantwortlichen in Stuttgart. Weil der Mietvertrag auf dem Hochhaus ausgelaufen war, ließen die schwäbischen Manager auch aus Kostengründen den Stern in der Kurpfalz demontieren. Die Situation retten sollte nun Winfried A. Seidel, der Inhaber des Ladenburger Automuseums Dr. Carl Benz, der aus Stuttgart einen Anruf erhielt. Es wurde angefragt, ob das Markensymbol mit einem Durchmesser von fünf Metern für das Ladenburger Museum nicht von Interesse sein könnte. Schließlich gründete Carl Benz mit seinen Söhnen Eugen und Richard im Jahre 1906 die Firma "Carl Benz Söhne", in der bis in die frühen 1920er Jahre 350 Automobile produziert wurden. In den ehemaligen Fabrikhallen ist seit 2005 das Auto-Museum Dr. Carl Benz beheimatet, das der damalige Ministerpräsident Günther Oettinger eröffnet hatte.
Seidel, der ein glühender Bewunderer des Autoerfinders ist, war zunächst skeptisch. Immer wieder hat er sich dafür stark gemacht, Carl Benz als den eigentlichen Erfinder des Automobils "zu vermarkten". "Benz und nicht Daimler hat das erste Automobil der Geschichte erfunden", betont der Museumsbesitzer immer wieder. Und nun sollte ein riesiger Mercedes-Stern, der von Daimler kreiert wurde, auf seinem Museum erstrahlen.
Das Dach der alten Fabrikhalle, in der über 1000 Exponate – überwiegend Benz-Fahrzeuge und Benz-Utensilien ausgestellt werden – wollte Seidel für den riesengroßen Mercedes-Stern aber nicht zur Verfügung stellen. Vor der ehemaligen Werkstatt, im hinteren Bereich des Museumsgeländes, konnte er sich eine Montage aber schon vorstellen. Er sagte zu, die Konzernidee zu prüfen. Ein sieben Meter hohes Bauwerk konnte man aber nicht so einfach aufstellen. Seidel musste eine Baugenehmigung bei der Stadt Ladenburg einholen. Und dies dauerte, denn einige Nachbarn des Wohngebiets waren von dieser Idee alles andere als begeistert. Nach der Zusicherung, dass die Umgebung durch das Markensymbol nicht hell beleuchtet wird, glätteten sich die Wogen, zumal Seidel zusagte, dass die energiesparende LED-Beleuchtung um 23 Uhr abgeschaltet wird.
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Am Donnerstag war nun der große Tag von Kranführer Bernd Roos vom Altenbacher Bauunternehmen Groß. Es lag in seiner Verantwortung, den 800 Kilogramm schweren und frisch restaurierten Stern millimetergenau in das Halterohr einzuführen. Seidel dankte vor der Aktion den Helfern des Fördervereins, die den Stern in rund 250 Stunden zusammen mit dem Museumsbesitzer restauriert hatten. Das gute Stück wurde entrostet und bekam einen neuen Farbanstrich – die Elektrik wurde auf energiesparende LED-Technik umgerüstet. "Wir haben das Markenzeichen vor der Schrottpresse gerettet. Der größte Mercedes-Stern der Welt steht jetzt in der Benzstadt Ladenburg", war Seidel nach der Aktion sichtlich zufrieden. Und der Arbeitsaufwand habe sich definitiv gelohnt. Finanziell kommt der Museumsbesitzer wohl mit einem blauen Auge davon. Der Mannheimer Unternehmer Heinz Scherbacher, der bis vor zwei Jahren täglich seine Freude an dem Markensymbol hatte, freute sich, dass der Stern nicht verschrottet wurde. Er sponserte die "Umsiedlung" von Mannheim nach Ladenburg mit einem Betrag in Höhe von 3000 Euro. "Der Konzern will die Rettung des Sterns ebenfalls mit ein paar Euro unterstützen", schmunzelte Seidel.