Plus Hemsbach

Wenn der Hochstapler eine "Jagdschule" anbietet

Der 46-Jährige bot Jagdschulungen an, ohne eine Berechtigung dafür zu haben.

27.10.2023 UPDATE: 27.10.2023 06:00 Uhr 1 Minute, 56 Sekunden

Das Amtsgericht Weinheim. Archivfoto: Kreutzer

Weinheim/Hemsbach. (web) Es waren keine Bekenntnisse, die einen Roman füllen. Dafür flogen die Hochstapeleien eines 46 Jahre alten Mannes aus Hemsbach zu schnell auf. Aber für einen Schaden in Höhe von rund 16.000 Euro reichte es allemal. Der gebürtige Ingolstädter und gelernte Bierbrauer hat sich am Donnerstag vor dem Amtsgericht Weinheim verantworten müssen. Er hatte im Jahr 2020 Interessenten Kurse in einer angeblichen "Jagdschule" angeboten und kräftig Vorkasse gemacht – ohne die Schulungen abhalten zu dürfen. Er baute eine professionell gestaltete Webseite auf, ließ Flyer erstellen und behauptete, dass die Kursteilnehmer die Zulassung zu Jägerprüfungen in Rheinland-Pfalz und im Saarland erlangen könnten. Leere Versprechungen.

Ziel des Angeklagten sei es gewesen, die im voraus bezahlten Kursgebühren von bis zu knapp 2500 Euro pro Interessent für sich zu behalten, so die Anklage. Sie warf dem Hemsbacher zudem vor, einen gefälschten Doktortitel angeführt zu haben, wenn es für ihn eng wurde. Auch ein Odenwälder Waffenhändler guckte in die Röhre. Er hatte dem Angeklagten zwei Gewehre und weiteres Jagdzubehör im fünfstelligen Wert überlassen, aber nie die vereinbarte Bezahlung erhalten. Das machte summa summarum acht Fälle von Betrug, sieben davon gewerbsmäßig. In vier der Fälle lag eine Tateinheit mit dem Missbrauch von Titeln vor. Strafverteidiger Tim Kettler regte ein Rechtsgespräch mit dem Staatsanwalt und Richterin Eva Lösche an. Das Ziel: Reinen Tisch machen, "Gebühren" und Gewehre zurückgeben, eine Haftstrafe vermeiden.

Immerhin war der Angeklagte seit Beginn des Verfahrens nicht mehr aufgefallen. So einigten sich die Organe der Rechtspflege hinter verschlossenen Türen auf ein Strafmaß zwischen einem Jahr und sieben Monaten und einem Jahr und elf Monaten Haft, ausgesetzt zur Bewährung. Auflage: Die geprellten Kursteilnehmer müssen bis Ende März 2024 ihr Geld wieder haben.

So ging die öffentliche Verhandlung weiter. Der Vater einer 19 Jahre alten Tochter aus einer früheren Beziehung und eines 15 Jahre alten Sohns räumte alle ihm zur Last gelegten Taten ein, er wirkte zerknirscht. Er schäme sich vor seinen Mitbürgern, sagte er in bayerischem Dialekt. Seit die Polizei das Haus durchsucht hatte, gehe es ihm schlecht. Warum er sein Lügengebilde aufgebaut habe, könne er kaum sagen. Es habe sich zum Selbstläufer entwickelt. Ein springender Punkt war indes der Verkauf einer Immobilie, die der Lebensgefährtin des Angeklagten – dieser musste vor einigen Jahren für sich selbst Privatinsolvenz anmelden – gehört hat. Im Januar soll Geld fließen, Lösche gab ihm noch ein Quartal obendrauf, um die 16.000 Euro zurückzuzahlen. Zahlt er sie einfach nicht oder wird binnen drei Jahren erneut straffällig, muss er in Haft. Wie dreist er früher vorging, zeigten die Aussagen eines Polizeioberkommissars: Um zu erkennen, dass der Doktortitel gefälscht war, habe die Hochschule Weihenstephan kein langes Verfahren gebraucht. Den vom Angeklagten angeführten Studiengang gibt es nicht.

Letztlich wurden es ein Jahr und elf Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung. Die Sozialprognose für den Verurteilten ist trotz allem günstig: Er arbeitet heute im Unternehmen seiner Lebensgefährtin, kümmert sich um seine Kinder und will die Schäden in Ordnung bringen. Nein, er muss.

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