Aufgeschreckter VRN rätselt über Umsetzung
Mannheims Bürgermeister Christian Sprecht äußerte sich bei der ZRN-Sitzung zum Thema

Bald sollen Fahrgäste ihre Fahrkarten per App mit dem Smartphone buchen und bezahlen können. Foto: Gerold
Von Harald Berlinghof
Rhein-Neckar. Vor drei Wochen etwa wurde der VRN aufgeschreckt, als Mannheim als eine von fünf Städten genannt wurde, in denen kostenloser ÖPNV getestet werden sollte. "Wie das geschehen ist, wissen wir bis heute nicht. Von einer Klage der EU wegen dauerhafter Überschreitungen der Stickoxidwerte sind weit mehr als nur diese fünf Städte betroffen", erklärte Christian Specht in der Verbandsversammlung des Zweckverbands Verkehrsverbund Rhein-Neckar (ZRN) am Donnerstag. Es sei ein Rätsel, wie man so etwas in einer Stadt verwirklichen sollte, die in einem Verkehrsverbund gemeinsam mit zahlreichen anderen Kommunen agiert, so der Zweckverbandsvorsitzende.
Allein für die Städte Mannheim und Ludwigshafen würde ein solches Vorgehen zwischen 125 und 130 Millionen Euro Mindereinnahmen bei den Fahrgeldeinnahmen ausmachen. Selbst wenn der Bund das übernehmen würde, könnte die Umsetzung des Modells wegen zu erwartender steigender Fahrgastzahlen nur mit einer aufgestockten Infrastruktur - also mehr Fahrzeugen und mehr Personal - erfolgen, gab Specht zu bedenken. Die Kosten dafür seien unübersehbar. Man wollte deshalb noch gestern Abend eine Stellungnahme an die Bundesregierung formulieren. Denn je mehr konkrete und gesicherte Daten man vorlegen könne, umso größer sei das Gewicht der Stellungnahme.
Und genau dieses Thema hatte Volkhard Malik, Geschäftsführer des ZRN zuvor angesprochen, indem er betonte, dass der Verkehrsverbund einen weiteren Schritt in Richtung Digitalisierung machen müsse. Je genauer bekannt sei, wer, wo, wie oft die Fahrzeuge des VRN nutzt, umso kundenfreundlicher könne das Angebot gestaltet werden. In einem nächsten Schritt soll es neben der Information über Fahrpläne auch um die Buchung und Bezahlung von Fahrkarten per App und Smartphone gehen. Daten sammeln, Daten verwalten, Daten sortieren und Daten auswählen, aber auch Daten sicher unter Verschluss zu halten gehören zu diesem Vorgehen dazu. "ÖPNV 4.0" steht offenbar vor der Tür.
Zuvor hatte der Verkehrsexperte Malik noch einmal einen Sachstand zur S-Bahn Rhein-Neckar Ausbaustufe 2 und zum Main-Neckar-Riedexpress gegeben. Im Vergleich zur Darstellung vor rund drei Monaten habe sich allerdings nur wenig geändert, betonte er. Die Strecke Ludwigshafen-Mainz läuft gut, auf der Strecke Mannheim-Karlsruhe hakt es noch immer in Schwetzingen-Hirschacker, und auch für den Umbau Mannheim-Neckarau steht die Förderzusage noch aus. Der Streckenabschnitt westliche Riedbahn der Strecke Mannheim-Biblis ist in den Bauarbeiten weit fortgeschritten und liegt im Zeitplan, der Streckenabschnitt über die östliche Riedbahn dagegen steckt noch im Planungsverfahren. Die Strecke Heidelberg-Bruchsal liegt ebenfalls gut im Plan. Die Baumaßnahmen werden dort Ende 2018 und 2019 durchgeführt.
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Das Problemkind des VRN ist jedoch der Main-Neckar-Ried-Express. Der ist zwar im vergangenen Jahr mit zwei Fahrstrecken in Richtung Frankfurt gestartet - eine von Heidelberg und Mannheim-Friedrichsfeld die Bergstraße entlang bis Darmstadt und Frankfurt führend, die andere von Mannheim über Lampertheim nach Frankfurt. Doch genau auf diesen Strecken habe es große Probleme in der Umsetzung gegeben, weil Bombardier von den 24 bestellten Triebwagen bislang nur neun geliefert habe. "Die Situation hat sich ein wenig gebessert, aber gut ist sie noch nicht", bedauerte Malik. Man wurde von Bombardier mehrfach vertröstet, und habe auch ein Krisengespräch in Berlin geführt. Am kommenden Donnerstag ist ein weiteres Krisengespräch in Frankfurt angesetzt.