Ex-Drummer Söhne Mannheims

Jonny Königs "Stoiber on Drums"-Coup ist unvergessen (plus Video)

Der Ex-Drummer arbeitet an vielen Projekten, sein Stoiber-Coup ist unvergessen. Damit landete er vor zehn Jahren sogar bei TV-Total.

19.10.2023 UPDATE: 19.10.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 51 Sekunden
Jonny König arbeitet nicht nur am klassischen Schlagzeug, auch artfremde Gegenstände wie eine Gugelhupfform dienen als Klangkörper. Foto: Partner

Von Marco Partner

Mannheim. "Sie steigen in den Hauptbahnhof ein." Mit seiner Schlagzeug-Vertonung zu Edmund Stoibers gestammelter Transrapidrede wurde er bekannt. Aus einer Abschlussprüfung für die Popakademie wurde ein Youtube-Phänomen, das ihm 2013 sogar einen TV-Total-Auftritt bei Stefan Raab bescherte. Zehn Jahre später wird Jonny König immer noch auf seinen über eine Million Mal angeklickten Hit "Stoiber on Drums" angesprochen. Auf ein "One-Hit-Wonder" reduzieren lässt sich der 35-jährige Schlagzeuger aber nicht, wie ein Kurztrip zwischen Tonstudio und Proberaum verdeutlicht.

Gedämmte Decken und Wände. Kein Tageslicht, keine Hitze, dafür eine kühle Brise und ein gut gelaunter Jonny König, der am Keyboard und Rechner sitzt, statt an den Drums. Vertonungen für Image-Filme, Auftrags-Kompositionen für deutsche und internationale Firmen, sind ein beruflicher Teil des Instrumentalkünstlers, der sich wie ein Schlagzeug-Set verschiedene Standbeine aufgebaut hat.

Mit seiner Tübinger Jugendband Randale & Liebe geht er immer noch auf Tour, mit der Schlagzeugmafia verbindet er ein Trommelspektakel mit Comedy. Als Solokünstler hat er während der Corona-Pandemie ein experimentelles, fast cineastisches Album produziert.

König kennt das typische Schlagzeuger-Schicksal, zwar klar und deutlich hör-, aber versteckt zwischen Bass-Drum und Hi-Hat nicht immer sichtbar zu sein. "Die Gitarristen können wild vor einem herumspringen und sich frei bewegen, man selbst ist aber an den Stuhl gebunden", weiß der Drummer, der von 2013 bis 2017 festes Mitglied der Söhne Mannheims war, auf Tournee ging, an Studio- und Livealben mitwirkte und dafür sogar mit einer Goldenen Schallplatte ausgezeichnet wurde.

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Dennoch stieg König nach knapp fünf Bandjahren wieder aus, um sich für seinen eigenen musikalischen Weg zu entscheiden. Die ersten Trommeltöne machte er schon als Sechsjähriger. "Mein Cousin hatte ein Schlagzeug, er ließ mich auch mal spielen, und es war sofort um mich geschehen. Es ist wahnsinnig direkt, man haut drauf, der Ton kommt raus. Fertig! Nicht ohne Grund begeistern sich Kinder so früh für dieses Instrument", erinnert er sich.

Sein Cousin Lorenz Schimpf ist auch Teil der Schlagzeugmafia, die auf humorvolle und unterhaltsame Weise Drumsticks und Slapstick vereint. Gemeinsam bewarben sie sich auch für die Popakademie, die für König zum großen Türöffner werden sollte.

"Ich wollte mit meiner Abschlussprüfung zeigen, dass ein Schlagzeug auch etwas arhythmisches, ohne genaue Taktfolge spielen kann", verrät er, wie er 2013 überhaupt zum ehemaligen bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber fand. Dessen verwirrende Rede zum Neujahrs-Empfang 2002 hatte König noch auf einer TV-Total-CD.

Und er studierte sie Wort für Wort, Ton für Ton, folgte der eigenwilligen Rhythmik, bis Musik daraus wurde. Das Ergebnis war nicht nur eine Einser-Note, sondern eine virale Welle. "Bei der Stipendiumsvergabe wurde ein Video aufgezeichnet, auf Facebook hatte es schon nach einer Stunde meinen Freundeskreis verlassen", blickt König zurück.

Ein Dominoeffekt setzte ein, mit Anfragen von Radio, Feuilleton und Fernsehen. König landete auf dem Cover von Drum-Magazinen, und fand sich kurz darauf bei Stefan Raabs "TV-Total"-Show wieder. "Es war ein Riesenformat, das nur noch durch ‚Wetten dass..?‘ hätte getoppt werden können. Das Momentum war auf meiner Seite", betont er.

"Als nächstes machst du den Trapattoni", bekam König damals oft gesagt. Doch der Schlagzeuger tat wohl gut daran, den eigenen Erfolg nicht auszuschlachten, keine Marke aus dem Vertonen legendärer Reden zu machen. "Das hatte mich überhaupt nicht gereizt, das Potenzial von heutigen Kurzclip-Formaten wie TikTok hatte ich ehrlicherweise auch gar nicht gesehen", gesteht er.

Stattdessen hat sich sein musikalisches Portfolio mit anderen Inhalten gefüllt. Sein während des Lockdowns entstandenes Solo-Album "Deep Space Transport" wirkt wie eine atmosphärische Science-Fiction-Odyssee, mit dem Schlagzeug als Treibstoff. Im Proberaum gibt König einen Einblick in die Entstehung.

Das Drum-Set ist mit Effektgeräten versehen, aber auch artfremde Gegenstände wie eine Gugelhupfform dienen als Klangkörper. "Es ist die Abwechslung, die mich reizt. Die Summe der verschiedenen Aufgaben bereichert mich", erklärt er.

Mit Randale & Liebe spielt König tanzbare, zwischen Folk und Polka variierende Gute-Laune-Musik und fühlt sich somit immer noch seiner Heimatstadt Tübingen verbunden. Das Projekt Schlagzeugmafia hingegen begann noch zu Popakademie-Zeiten als Gala-Event, und entwickelte sich zur durchchoreografierten, virtuosen Unterhaltung samt Gauner-Story, die für ausverkaufte Konzertsäle sorgt. 2024 beginnt die neue Tour mit dem Titel "Backstreet Noise", Startschuss ist am 15. Januar im Capitol.

",Stoiber on Drums' lebt in dieser Formation ein wenig weiter", sagt König über die humorvolle Comedy-Drum-Show. Obschon er sein Meisterwerk schon fast zehn Jahre lang nicht mehr gespielt hat, kennt er noch jeden Satz, jeden Schlag auswendig: "Weil das ja klar ist … Die Rede werde ich bis zu meinem Lebensende trommeln können."

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