Schwetzingen hat weiter die Nase vorn
Die Spargelstadt hat derzeit im Sprengel die höchste Kaufkraftbindung - Große Einkaufsmärkte machen kleinen Kommunen zu schaffen

Von Harald Berlinghof
Region Schwetzingen. "Einmal hin, alles drin" – mit diesem Werbespruch trifft ein großer Einkaufsmarkt den Nerv der Zeit. Denn Zeit sparen ist für viele Konsumenten neben Preis und Produktqualität ein ausschlaggebendes Argument. So lässt sich auch erklären, weshalb manche Kommunen im Spargelsprengel in der diesjährigen Kaufkraftanalyse der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar wieder die Nase vorn haben. Ihr entscheidender Vorteil: Sie verfügen über große Einkaufsmärkte "auf der grünen Wiese", die auch Kunden aus anderen Orten anlocken.
Die sogenannte Kaufkraftbindungsquote liegt in den Großen Kreisstädten Schwetzingen und Hockenheim bei mehr als 100 Prozent, in Brühl knapp darunter. Das bedeutet, dass mehr Kaufkraft auf der Gemarkung ausgegeben wird, als die jeweilige Kommune besitzt. Sie zieht also Kaufkraft von außerhalb an. In Brühl ist für diesen Effekt ein großer Einkaufsmarkt verantwortlich, in Schwetzingen sind es ein Möbelhaus sowie ein Baumarkt und in Hockenheim ein großes, durchmischtes Einkaufszentrum im Gewerbegebiet Talhaus. Allerdings geht das Einkaufen auf der grünen Wiese auch zu Lasten der Innenstädte. Am deutlichsten wird das in Hockenheim, wo das Zentrum ausblutet und immer mehr Läden leer stehen.
Die Stadt mit der höchsten Kaufkraftbindung im Spargelsprengel ist Schwetzingen. Der Wert liegt dort bei 152 Prozent. Bei 100 Prozent fließt genauso viel Kaufkraft ab, wie angezogen wird. Hockenheim folgt auf Platz zwei mit 130 Prozent, gefolgt von Brühl mit 98 Prozent auf Rang drei.
Vor allem die kleinen Nachbargemeinden leiden jedoch unter dem starken Einzelhandel in den Mittelzentren. Plankstadt kommt auch in diesem Jahr nicht vom Ende der Tabelle weg. Dort liegt die Kaufkraftbindung bei schwachen 21 Prozent. Altlußheim weist immerhin 77,8 Prozent auf, Reilingen 77 Prozent, Ketsch 60,7 Prozent, Neulußheim 35 Prozent und Oftersheim 31 Prozent. Schaut man sich die Zahlen für den gesamten Rhein-Neckar-Kreis an, hat allerdings nicht Plankstadt die Rote Laterne, sondern Gaiberg mit nur 10 Prozent Kaufkraftbindung.
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Die Gemeinde Plankstadt bereits Schritte unternommen, um das Geld der Bürger besser im Ort zu halten. An der Mehrzweckhalle sind ein neuer Edeka-Markt und ein Drogeriemarkt geplant. Als erschwerender Faktor erweist sich jedoch die Lage des Schwetzinger Kaufland-Supermarkts, der von Plankstadt aus in wenigen Minuten mit dem Auto erreichbar ist. Die diesjährige Kaufkraftanalyse der IHK Rhein-Neckar, die zum sechsten Mal erstellt wurde, basiert auf den Zahlen der ersten sieben Monate des Jahres 2020. Angesichts der Unwägbarkeiten im Zuge der Pandemie haben die Experten ein positives und negatives Szenario ausgewiesen.
Allerdings sind diese Abweichungen nur minimal und spielen sich im Nachkommastellen-Bereich ab. Neben der Kaufkraftbindung gibt die Studie auch Aufschluss über die jeweilige "einzelhandelsrelevante Kaufkraft" der Einwohner. Dabei handelt es sich um jenen Teil des gesamten Einkommens – etwa Nettoeinkommen, Renten oder Sozialleistungen – der einer Person nach Abzug von Miete, Versicherungsbeiträgen, Schuldentilgungen oder ähnlichem für Einkäufe inklusive Versand- und Onlinehandel zur Verfügung steht. Die Beträge dafür schwankten in diesem Jahr in der Region rund um Schwetzingen zwischen 6752 Euro (Hockenheim) und 7270 Euro (Schwetzingen).