Bürgerinitiative Hockenheim

"Mit der Bahn noch eine Rechnung offen"

BISS kritisiert die Variante des Schallschutzes, die das Eisenbahnbundesamt vorsieht

23.09.2018 UPDATE: 24.09.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 15 Sekunden

Viele Hockenheimer Bürger sind dem Lärm vorbeifahrender Güterzüge ausgesetzt. Foto: Lenhardt

Von Harald Berlinghof

Hockenheim. "Willkommen im Eisenbahnananenland". An Biss fehlt es der BISS (Bürgerinitiative Stille Schiene Hockenheim) jedenfalls nicht. "Wir Hockenheimer haben noch eine Rechnung offen mit der Bahn", betont BISS-Vorstand Konrad Sommer in der Vollversammlung der Bürgerinitiative, die angesichts der Entscheidung des Eisenbahnbundesamtes zugunsten einer Minivariante des Schallschutzes entlang der Bahnstrecke durch Hockenheim anberaumt wurde.

Gerade hat das Eisenbahnbundesamt (EBA) entschieden, dass in Hockenheim die billige Variante 7 umgesetzt wird. Darin ist eine 135 Meter lange, eineinhalb Meter hohe Lärmschutzwand zwischen dem Bahnhofskiosk und der südlich angrenzenden Mörschbrücke vorgesehen. Zu der Maßnahme gehören auch regelmäßige Gleisschleifarbeiten und in besonderen Fällen auch passive Schallschutzmaßnahmen wie Schallschutzfenster.

Noch bis Montag, 1. Oktober, ist der Planfeststellungsbeschluss des EBA im Rathaus, Zimmer 306, einsehbar. Auch auf den Internet-Seiten der Stadt Hockenheim und der Bürgerinitiative sind die Unterlagen hinterlegt.

In der Vollversammlung der BISS informierten die Vorstände Konrad Sommer und Lothar Gotthardt über den Sachstand. Es wurde auch der einstimmige Beschluss gefasst, sich der Bundesvereinigung gegen Schienenlärm (BVS) anzuschließen. Man erhofft sich davon einen verbesserten Zugang zu Expertenratschlägen im Umgang mit der Bahn. "Wir erfahren dort auch schnell, wo es gerade köchelt und wo die Bahn zündelt", so Sommer.

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Als extrem herablassend und kaltschnäuzig wird die Entscheidung des EBA in Hockenheim empfunden. Dort stehe man auf dem Standpunkt: Ihr könnt doch froh sein, dass wir überhaupt etwas machen. "Das ist das Denken des alten Obrigkeitsstaates. Das ist Kaiserzeit. Eine Unverschämtheit", lässt Sommer seinen emotionalen Einschätzungen freien Lauf.

Die Variante 7 bringe gar nichts. In Hockenheim hat man immer von Seiten der Stadt, der Bürgerinitiative und der Anwohner der Bahnstrecke die so genannte Variante 12 mit einer durchgängig acht Meter hohen Lärmschutzwand gefordert.

Auch die Stadt Hockenheim hat sich inzwischen klar positioniert zum Beschluss des EBA. Sowohl Bürgermeister Thomas Jakob-Lichtenberg als auch Oberbürgermeister Dieter Gummer haben deutlich gemacht, dass sie den EBA-Beschluss ablehnen.

In der nächsten Hockenheimer Gemeinderatssitzung am 26. September wird das Thema den Stadträten vorgestellt und eine Einschätzung durch die von der Stadt beauftragte Rechtsanwältin erfolgen. Allerdings ist es schwierig, gegen die Bahn juristisch vorzugehen, da ein Anspruch auf Schallschutz an Bestandsstrecken nicht besteht.

Die Rechnung, die die Hockenheimer mit der Bahn noch offenhaben, liegt seit 37 Jahren auf dem Tisch. In der Rennstadt wird man, wenn kein Durchbruch in Sachen Bahnlärm gelingt, in drei Jahren also ein trauriges Jubiläum feiern können. 2021 wird man 40 Jahre mit der Bahn über Kreuz liegen und darauf warten, dass die Bahn ihre 1981 gemachten Versprechungen zur Lärmreduzierung umsetzt.

Gerade habe man in Mannheim eine dreitägige Anhörung zum zweigleisigen Ausbau der östlichen Riedbahn hinter sich gebracht. Konrad Sommer wird nicht müde, darauf hinzuweisen, dass der Ausbau der Güterzugstrecken zwischen Rotterdam und Genua, zu der auch der Bereich zwischen Nordmannheim und Hockenheim gehört, ein Thema ist, das alle Anwohner der verschiedenen Städte angeht, und dass auch der östliche Riedbahnausbau Auswirkungen auf Hockenheim haben wird.

Auch Schwetzingens Oberbürgermeister René Pöltl hat kürzlich in einem Gespräch mit dem FDP-Bundestagsabgeordneten Jens Brandenburg das auf den Nägeln der Anwohner brennende Thema zur Sprache gebracht. "Von den Mannheimer Bürgerinitiativen war ich ein wenig enttäuscht", berichtete Sommer den Mitgliedern der BISS. Die Halle auf dem Maimarktgelände war für 800 Personen bestuhlt - bei 2300 Einwendungen keine utopische Zahl.

Aber erschienen waren nur 40 Köpfe. Und lediglich zwei Stadträte. "Das ist zu wenig. Das war ein schlechtes politisches Signal in Richtung Berlin", meinte er. Von den Stellungnahmen der beiden Mannheimer Bürgermeister Christian Specht und Lothar Quast zeigte er sich allerdings beeindruckt. "Die Bürgermeister haben stark argumentiert."

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