Droht wegen "Faulen Pelz" Zoff mit Land ums Ankunftszentrum?
Heidelberg will bei Neubau des Ankunftszentrums mitreden. Der Streit um den "Faulen Pelz" belastet jedoch das Verhältnis.

Von Denis Schnur
Heidelberg. Das Verhältnis zwischen Stadt und Landesregierung war schon besser. Vor allem die Zukunft des ehemaligen Gefängnisses "Fauler Pelz" sorgt für Streit – der nun sogar vor Gericht ausgetragen wird. Während die Mehrheit der Gemeinderäte das zwar befürwortet, geht bei ihnen nun die Sorge um, dass sich der Konflikt auch auf andere Themen auswirken könnte. Denn Schnittstellen zwischen Stadt und Land gibt es viele. Und bei manchen könnte Stuttgart im Zweifel an Heidelberg vorbei entscheiden – etwa beim Neubau des Ankunftszentrums in Patrick-Henry-Village. Denn die US-Siedlung gehört noch dem Bund. Wenn das Land eine Fläche für den Neubau der Einrichtung erwirbt, sind die Einflussmöglichkeiten der Stadt begrenzt.
Umso mehr setzen Verwaltung und Gemeinderat bislang auf Kooperation mit dem Land. So hatte die CDU etwa kürzlich einen gemeinsamen Workshop von Stadträten und Landtagsabgeordneten organisiert, damit man im Landesparlament die Heidelberger Wünsche besser versteht. Das Ergebnis ist ein Papier, das der Gemeinderat vergangene Woche einstimmig beschlossen hat. Darin stehen Eckpunkte, die bei der Auslobung des Architekturwettbewerbs für die Einrichtung berücksichtigt werden sollen. Etwa, dass sie "zukunftsweisend und nachhaltig" sowie in den Stadtteil integriert sein wird. Dass gefällte Bäume "eins zu eins ersetzt", die Dächer begrünt und mit Solar-Anlagen ausgestattet werden sollen. Und auch, dass die Stadt weiter an der Planung und Ausführung beteiligt werden soll.
"Das Ziel ist, dass das Land kein kostengünstiges Gefängnis baut, sondern eine Vorzeigeeinrichtung", betonte CDU-Stadtrat Jan Gradel vor zwei Wochen im Konversionsausschuss. Bislang haben alle Vertreter des Landes stets betont, dass das auch ihr Ziel sei. Das Ankunftszentrum habe schon immer Vorbildcharakter – für den Neubau solle das erst recht gelten.
Dennoch sorgt man sich im Gemeinderat, dass die Ministerien sich im Zweifel nicht an Absprachen halten – auch aufgrund des Streites um den "Faulen Pelz". Denn die beschlossenen Eckpunkte sind nicht bindend. "Und das Land ist ja gerade nicht sehr gut auf uns zu sprechen", drückte es Judith Marggraf (GAL) aus. Baubürgermeister Jürgen Odszuck sagte, man habe zuletzt "beunruhigende Nebengeräusche" aus Stuttgart vernommen.
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Odszuck war es auch, der die Stadträte warnte, dass das Land beim Ankunftszentrum dieselben juristischen Schritte gehen könnte wie beim "Faulen Pelz": "Paragraf 37 Baugesetzbuch könnte auch hier Anwendung finden und unser Planungsrecht aushebeln", so der Bürgermeister. Damit es nicht so weit komme, sei es wichtig, dass die Stadt mit einer Stimme spreche und die Prozesse nicht verzögere (s. Artikel links). So sehen es auch die Gemeinderäte: "Der einzig gangbare Weg ist, das Verfahren so zu begleiten, wie wir es jetzt tun", sagte Gradel. Dann habe man zwar immer noch keine Sicherheit, dass das Land sich an die Vorgaben halte, "aber Versicherungen". Zumal die Zusammenarbeit bei diesem Thema bislang gut laufe.
Das dürfte auch an den Verantwortlichen vor Ort liegen – allen voran Einrichtungsleiter Markus Rothfuß, der unter den Gemeinderäten großes Vertrauen genießt. Misstrauischer sind sie dagegen gegenüber den zuständigen Ministerien und dem Landtag: "Herr Rothfuß ist nicht unser Problem", brachte es Marggraf im Ausschuss auf den Punkt.
Doch auch in Stuttgart hat man überhaupt gar kein Interesse an einem weiteren Konflikt mit Heidelberg. Im Gegenteil: Das zuständige Finanzministerium betont auf RNZ-Anfrage, dass Planungen für den Neubau komplett in Abstimmung mit der Stadt erfolgen. Eine juristische Eskalation wie beim Altstadt-Gefängnis wolle man sicher nicht, habe entsprechende Optionen auch gar nicht erst geprüft: "Ein Vorgehen nach Paragraf 37 Baugesetzbuch ist nicht vorgesehen."
Und als die Eckpunkte für den Planungswettbewerb eine Woche nach der Sitzung des Fachausschusses im Heidelberger Gemeinderat Thema waren, war der Ton auch dort deutlich versöhnlicher. OB Eckart Würzner hatte sich in der Zwischenzeit vom Finanzministerium zusichern lassen, dass die Stadt Vertreter in die Jury des Architekturwettbewerbs entsendet und das Land die Eckpunkte mittrage. "Wir beschließen da nichts gegen das Land", betonte Würzner.
Ankunftszentrum ist frühestens 2029 fertig
Die Planungen für den Neubau des Ankunftszentrums in Patrick-Henry-Village werden konkreter. Doch bei der Ausgestaltung der Eckpunkte für den Architekturwettbewerb stellte das Land auch klar, dass eine Fertigstellung der Einrichtung vor 2029 unrealistisch ist. Das liegt vor allem daran, dass nach dem zweistufigen Wettbewerb die Planungen vom Landtag abgesegnet und im Landeshaushalt mit den entsprechenden Mitteln bedacht werden müssen.
In Heidelberg wurde dieses Datum mit Ernüchterung aufgenommen: "Bis zur Fertigstellung ist mehr als ein Drittel von Patrick-Henry-Village für die weitere Entwicklung blockiert", sagte "Heidelberger"-Stadträtin Marliese Heldner im Gemeinderat. "Wir müssen deshalb alles dafür tun, dass die Bauphase nicht weiter hinausgezögert wird." Aber auch das Land müsse seinen Beitrag leisten für eine zügige Umsetzung, appellierte sie.