Die ersten Schausteller müssen abbauen (Update)
Weihnachtsmarkt in Heidelberg gibt es nur noch eingezäunt mit 2G-Plus-Regel. Frei zugängliche Buden durften am Freitag nicht mehr öffnen.

Von Sebastian Riemer
Heidelberg. Ist es der Anfang vom Ende des Heidelberger Weihnachtsmarktes? Am Freitag durften rund 20 Buden in der Innenstadt nicht mehr öffnen. Betroffen sind sämtliche Schausteller, deren Verkaufsstände frei zugänglich sind, die also nicht auf einem der vier eingezäunten Plätze des Weihnachtsmarktes stehen. Denn auf Universitätsplatz, Marktplatz, Kornmarkt und Karlsplatz gilt seit Mittwoch die 2G-plus-Regel aus der Landesverordnung. Zutritt haben dort also nur noch Geimpfte und Genesene, die zusätzlich einen aktuellen Negativtest vorweisen.
Die Buden am Bismarckplatz sowie am Anatomiegarten in der Hauptstraße und neben dem Rathaus jedoch blieben auch nach Mittwoch ohne Beschränkung zugänglich – und mussten daher nun alle abbauen. Mathias Schiemer, Chef von "Heidelberg Marketing" und Veranstalter des Weihnachtsmarkts, sagte auf RNZ-Nachfrage: "Das Land hat uns klar gesagt, dass diese Buden ohne Zugangsbeschränkung nicht mehr möglich sind. Ich laufe als Veranstalter die Gefahr, mich strafbar zu machen." Deshalb habe man schweren Herzens so entschieden: "Es war grausam, den Schaustellern absagen zu müssen."
Die Budenbetreiber sind am Freitag enttäuscht, manche schockiert – besonders wegen der kurzen Vorlaufzeit. "Am Donnerstag um 18 Uhr sagte man uns: Ihr dürft morgen nicht mehr aufmachen", erzählt Erna Klingenfuß, die am Bismarckplatz Crêpes, gebrannte Mandeln und mehr angeboten hatte. "Wenn wir es wenigstens zwei Tage vorher gewusst hätten. Wir hatten am Morgen noch groß eingekauft für das erste Adventswochenende." Milch, Mehl, Schokocreme: Die Ladefläche ihres Kleinlasters ist voll mit Ware, die sie nun nicht mehr gebrauchen kann.
So geht es allen betroffenen Händlern. Sie haben am Donnerstag ihre Lager gefüllt, große Hoffnung auf die "Lange Einkaufsnacht" am Freitag und das erste Adventswochenende gesetzt. Die Buden am Bismarckplatz wären planungsgemäß sogar bis 1. Januar 2022 offen geblieben. Hans-Peter Reiboldt hat für seine Fondue-Hütte am Bismarckplatz die Ware für den kompletten Zeitraum eingekauft: "Sonst wäre ich Gefahr gelaufen, keinen Nachschub zu bekommen. Und jetzt ist nach sieben Tagen Schluss", sagt er. Er hatte mit seinen Mitarbeitern viel Zeit und Geld in eine neue Hütte gesteckt. Jetzt sitzt er auf seinem Schweizer Käse. "Ich muss wahrscheinlich zwei, drei große Kühltruhen kaufen und alles einfrieren." Reiboldt sagt: "Es wäre besser gewesen, der Weihnachtsmarkt wäre nie geöffnet worden."
Die Schausteller ärgern sich über die extrem kurzfristige Schließung ihrer Buden, noch mehr aber über die für sie unverständlichen Regeln aus der jüngsten Corona-Landesverordnung. Einer, der anonym bleiben will, sagt: "Auch die Kollegen auf den eingezäunten Plätzen haben ja jetzt mit 2G-Plus große Einbußen. Es ist doch Irrsinn, dass das auf Weihnachtsmärkten im Freien gilt, in Innenräumen von Restaurants aber nur 2G."
Besonders deutlich zeigt sich am Anatomiegarten in der Hauptstraße, welche absurden Blüten die Regeln treiben können. Während dort am Freitagmittag die Schausteller ihre Buden fertig zum Abbau machen, verkauft keine zehn Meter weiter das "Café Strohauer’s" ganz legal Glühwein an Gäste – zum Vor-Ort-Konsum und zum Mitnehmen.
Die Schausteller am Anatomiegarten waren am Freitag so verzweifelt, dass sie kurzfristig versucht hatten, eine Einzäunung samt 2G-Plus umzusetzen. Doch dafür ist es an der Stelle einfach zu eng. "Heidelberg Marketing"-Chef Schiemer hatte auch einen Umzug der Buden auf den Friedrich-Ebert-Platz geprüft. Doch der aufwendige Neuaufbau auf dem viel weniger zentralen Altstadt-Platz lohnt sich für die Schausteller nicht – zumal völlig offen ist, wie lange der Weihnachtsmarkt überhaupt noch geöffnet bleibt.
Ein Pressesprecher der Stadt sagte am Freitag auf RNZ-Anfrage: "Mit 2G-Plus und limitierter Besucherzahl gilt auf dem Weihnachtsmarkt im Freien ein höherer Sicherheitsstandard als bei jedem Gaststätten-Besuch." Er sagt aber auch: "Wir beobachten die Situation sehr genau und bewerten die Lage jeden Tag aufs Neue." Dazu zähle auch die Lage der Händler. "Sie halten ihr Angebot unter extrem schwierigen Bedingungen aufrecht. Das ist alles andere als selbstverständlich."