Das sind die Visionen für Bergheim-West
Stadtteilverein diskutierte städtebauliche Entwicklung - Baubürgermeister: "Betriebshof ist Hitzepol der Stadt"

So könnte der jetzige Betriebshof-Standort künftig aussehen: Mit dieser Visualisierung wirbt die Stadt für die Verlegung des Straßenbahndepots an den Ochsenkopf. Visualisierung: Wust
Von Arndt Krödel
Heidelberg. Quo vadis, Bergheim? Wie geht es mit der städtebaulichen Entwicklung des Heidelberger Stadtteils, der in diesem Jahr sein 1250-jähriges Jubiläum feiert, weiter?
Die Frage bewegte eine stattliche Schar von Bürgern, die auf Einladung des Stadtteilvereins Bergheim zu einer Diskussionsveranstaltung in das Kultur- und Kreativwirtschaftszentrum Dezernat 16 gekommen waren. Dabei war weitaus mehr zu besprechen als das seit Monaten bestehende Reizthema "Verlegung des Betriebshofs auf die Ochsenkopfwiese".
Als Gast gab Heidelbergs Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck zunächst einen Überblick über die Vorstellungen der Stadt, wie die städtebauliche Entwicklung Bergheims in Zukunft verlaufen könnte. "Wir denken, dass wir hier ein Stadtviertel schaffen können, was tatsächlich innerstädtische Funktionen und ein neues und urbaneres Lebensgefühl haben kann", so sein Credo.
Der Betriebshof an seinem heutigen Standort "zerschneide" das Quartier. Durch die Versiegelung des Geländes zu 100 Prozent sei er zudem ein Hitzepol der Stadt. Deswegen sei es gut, wenn der Betriebshof von hier verschwände, ganz abgesehen von den technischen Unzulänglichkeiten.
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"Ich weiß, dass es immer wieder Träume gibt, den Betriebshof auf das Airfield zu verlegen", meinte Odszuck. Das fände er ehrlicherweise gar nicht so verkehrt - aber: Es wäre mit einem enormen Zeitaufwand verbunden oder mit einem enormen Mehr an Risiko, weil die Stadt kein Baurecht für eine Trasse dorthin habe. Die Genehmigung dauere bestenfalls zwei Jahre.
Für die Entwicklung des Areals der ehemaligen Heidelberger Druckmaschinen und der Stadtwerke - sie ziehen nächstes Jahr in das frühere Forschungs- und Entwicklungszentrum zwischen Alter Eppelheimer Straße und Bergheimer Straße um - braucht man laut Bürgermeister Odszuck eine "städtebauliche Vorklärung". Man sei gerade gemeinsam mit den beiden Grundstückseigentümern, den Stadtwerken und der Firma Epple, dabei, zu überlegen, wie es ein geeignetes Verfahren zur Entwicklung geben könne.
Als späterer Entwickler stehe die städtische Wohnungsbaugesellschaft GGH bereit - eine Veräußerung an einen "gierigen Investor" werde es nicht geben, versicherte der Baubürgermeister. In der Bergheimer Straße habe man eine enorme Chance, dass sich der dort relativ stark vertretene kleinteilige Handel in Zukunft noch kräftig entwickeln könnte.
Das beschlossene Quartiersmanagement Bergheim werde sich den anstehenden Themen gemeinsam mit den Bürgern widmen. Das Kreativwirtschaftszentrum Dezernat 16, in dem es eine "breite Vielfalt" von Betrieben gebe, wird weitere fünf Jahre bleiben.
"Und wenn Bergheim wirklich diesen Weg eines innerstädtischen Stadtteils mit entsprechenden Qualitäten geht, dann wird dieses Zentrum ein Schatz sein", prophezeite der Baubürgermeister. Dann werde auch niemand im Gemeinderat auf die Idee kommen, es abzureißen.
In der anschließenden Diskussion sprach der frisch gewählte Grünen-Stadtrat Derek Cofie-Nunoo das Gebiet hinter der Theodor-Körner-Straße in Bergheim-West an, das seiner Meinung nach stark abgehängt ist, etwa in der Nahversorgung. Der Anteil von älteren Menschen sei hier extrem hoch, und wenn man über Stadtentwicklung rede, müsse man auch darüber reden, wie man das Leben für Ältere in Bergheim attraktiver mache.
Ein anderer Bergheimer machte seinem Ärger so Luft: "Bergheim-West war immer das Stiefkind von Heidelberg." Zugleich lobte er den vom Referenten gezeigten Entwurf, wie ein umgestalteter Betriebshof mit Park aussehen könnte: "Das wäre der große Wurf." Es sei ein "wichtiger Start", fand ein weiterer Diskutant, den Betriebshof "erst mal aus Bergheim rauszuholen".
Aber wohin damit? Natürlich war die Ochsenkopfwiese bei vielen Bürgern ein Thema, auch wenn Diskussionsleiter Wolfgang Schütte, Vorsitzender des Stadtteilvereins, um eine zeitliche Begrenzung bemüht war. Stadtklimatisch sei die Ochsenkopfwiese wichtig als Kaltluftentstehungszone - warum nicht das Airfield für den Betriebshof nutzen, wo ein "Superasphalt" von 60 Zentimetern vorhanden sei, fragte ein Bürger, der fand, die Entwicklung laufe "katastrophal".
Eine Ärztin warb für die Erhaltung der Ochsenkopfwiese, deren schattenspendende Bäume nie mehr ersetzt werden könnten. Durch die Bebauung der Wiese stünden 200 Pflanzenarten auf dem Spiel, stellte eine Vertreterin des Naturschutzbunds Nabu fest.
Was die Kaltluftentstehung angeht: Die Luft ginge nach Westen, konterte Odszuck, Bergheim profitiere also gar nicht davon. "Wir können aber die Hälfte der Vollversiegelung des alten Betriebshofs wegnehmen."
Stadtteilvereinsvorsitzender Wolfgang Schütte äußerte am Schluss der Debatte, dass Naturschutz und Stadtentwicklung sich nicht ausschließen müssten. Und Jürgen Odszuck war dankbar, dass alle "anständig" miteinander umgegangen seien.