Trinkwasserkrise in Heidelberg/Dossenheim

"Als würde die Welt untergehen"

Bäder und Cafés schließen - Hamsterkäufe in den Läden - So reagierte Heidelberg auf den Wasser-Notstand

07.02.2019 UPDATE: 08.02.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 53 Sekunden
Mit Lautsprecherwagen warnte die Feuerwehr am Donnerstag die Anwohner in den nördlichen Stadtteilen. Foto: jola

Von Jonas Labrenz

Heidelberg. Es ist 11 Uhr, als die Katastrophenwarn-App "Nina" meldet: "Der Gebrauch sowie der Verzehr des Trinkwassers ist untersagt." Und Heidelberg gerät in Bewegung. Die Stadtwerke reagieren und schließen das City-Bad im Darmstädter Hof.

An der Tür hängt nur eine unscheinbare Notiz: "Bäder geschlossen". Weil die immer wieder übersehen wird, steht ein Mitarbeiter hinter den Drehkreuzen, empfängt die Besucher mit einem Lächeln, erklärt die Situation, gibt die Handlungsempfehlungen weiter: Das Wasser aus dem Hahn soll nicht getrunken, auch nicht zur Körperpflege benutzt werden.

Auch die Badegäste mussten aus dem Wasser: "Die Leute waren total verständnisvoll", erklärt der Mitarbeiter. "Wenn was kaputt ist, wird schon mal gemosert, aber hier lief alles problemlos."

Man solle sich einen Wasservorrat anlegen, empfehlen die Behörden. Der Lidl in Neuenheim ist darauf nicht vorbereitet - wie keines der Geschäfte. Es ist nicht einmal 13 Uhr, da schiebt Margarete Gräser ihren Rollator, in dem gerade einmal zwei Flaschen Wasser liegen, auf die Brückenstraße. "Es waren furchtbar viele Leute da", erzählt die 95-Jährige - und furchtbar wenig Wasser.

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Zu allem Übel hat sie Wasser mit Fruchtaroma erwischt. "Womit soll ich jetzt meine Kartoffeln kochen?", fragt sie noch. Sie ist allerdings froh, überhaupt gewarnt worden zu sein: "Wenn ich vorhin nicht in der Buchhandlung gewesen wäre, hätte ich gar nichts mitbekommen."

Am frühen Nachmittag sind in Neuenheim noch keine Feuerwehrautos zu sehen. In Dossenheim warnen sie da schon die Bevölkerung. Auch Mandana Ashar erfährt erst von einem Kunden, dass sie das Wasser nicht nutzen darf. Dabei betreibt sie das Café Moro an der Brückenstraße. "Wir wollten eigentlich schließen", lächelt die Wirtin. Doch um halb eins sitzen immer noch Gäste im Café. Um 11 Uhr hat sie von den Problemen in Dossenheim erfahren, "eine Stunde später wussten wir, dass es auch Heidelberg betrifft", so Ashar. "Seitdem geben wir nichts mehr raus." Andere Cafés haben da bereits dicht gemacht.

Carolin Bootsveld hört erst über Freunde von dem möglicherweise schädlichen Trinkwasser. "Ich dachte mir, es wird die erste Reaktion der Leute sein, Wasser zu kaufen", sagt die 23-Jährige. Und sie hat Recht: Auch im Rewe in der Ladenburger Straße herrscht gähnende Leere in den Wasser-Regalen. "So etwas habe ich noch nie erlebt", meint die Medizinstudentin.

"Es ist lustig, wie die Deutschen reagieren", meint Isabel Bravo. Die Kolumbianerin kann sich ein Grinsen nicht verkneifen: "Als würde die Welt untergehen." Gerade kommt sie aus dem Lidl, hat noch zwei Sechserträger erwischt. "Die streiten sich um das Wasser", sagt die 20-Jährige erstaunt: "Ich kenne die Deutschen eigentlich nur als sehr höflich."

Wer sich nicht ordentlich anstellte, habe Ärger bekommen, erzählt die Studentin und mimt einen grimmigen Kunden. Etwa zur selben Zeit taucht auch ein Feuerwehrauto auf, das die Anwohner per Lautsprecher warnt. Einige Stunden später ist klar: Das Wasser ist nicht gefährlich, Verunreinigungen konnten nicht festgestellt werden.

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