Fredi Erdmann offenbart Emotionen auf dem Emmertsgrund
Von Amsterdam nach Freiburg fährt der Lebenskünstler mit dem Fahrrad. Davon erzählt und singt der Songwriter beim Halt im HeidelBerg-Café.

Von Ingeborg Salomon
Heidelberg-Emmertsgrund. Einfach die Fahrradtaschen packen, aus der Haustür gehen, Hängematte und Ukulele mitnehmen und losfahren – ohne Smartphone, ohne Navi, ohne festen Schlafplatz. Das klingt nach Abenteuer und Freiheit, aber auch nach vielen Unwägbarkeiten. Der Songwriter Fredi Erdmann ist dieses Wagnis eingegangen und hat sich auf den Weg von Amsterdam nach Freiburg gemacht. Rund 800 Kilometer legte er zurück, immer den Rhein entlang, mit Konzertstationen auch in Heidelberg.
Das HeidelBerg-Café bot dem 24-Jährigen für seinen Auftritt eine Bühne und unterbrach dafür seine im Februar gestartete Reihe "Literaturcafé". "Wir öffnen uns gerne neuen Formaten", so Vereinsvorstand Christoph Ecken. Michael Barton, der das Literaturcafé mitorganisiert, stellte den jungen Musiker zunächst vor, dann ließ Erdmann rund 30 Zuhörer verschiedener Altersgruppen an seinen Reiseerlebnissen teilhaben; alle waren sehr berührt. Denn der Musiker berichtete nicht nur ungewöhnlich offen über seine oft kuriosen Erlebnisse und Begegnungen auf seiner ungewöhnlichen Fahrradtour, sondern teilte auch seine Emotionen mit dem Publikum.

In einem ganz altmodischen Reisetagebuch (aus Papier!) hält er fest, was er erlebt. Die Begegnung mit einem Polizisten endete mit einer Umarmung, völlig fremde Menschen luden ihn ein, seine Hängematte im Garten aufzuspannen und mit ihnen zu essen. Dass er auch schon mal auf der Strecke anhält, um seine Wut hinauszuschreien, gehört ebenso dazu wie die entspannte Begegnung mit einem Rentner in dessen Gemüsegarten, wo sie sich über den Proteingehalt von Erbsen und gesunde Ernährung unterhielten. "Ich habe dann aber doch eine Pizza gegessen", gesteht der Musiker. Beim Strampeln auf dem Fahrrad reflektiert er seine Gefühle und lässt sich zu Texten und Melodien inspirieren. Letzten Sommer hatte er es bereits an der französischen Atlantikküste ausprobiert, mit seiner Trompete im Gepäck; daraus ist später eine CD entstanden.
"Die elf Tage bisher fühlen sich an wie Jahre", bilanziert er. Eine stabile Gemütslage hat Erdmann bisher nicht gefunden, erfüllte Momente wechseln sich ab mit dunklen Stunden und der Erkenntnis, dass man mit Straßenmusik nicht wirklich Geld verdienen kann. So heißt es in einem Song "Ich will zu Mama und wein’". Denn vor elf Jahren ist seine Mutter nach langer Krankheit gestorben, und dass seine Fahrradtour über ihren Geburtstag stattfand und er an seinem alten Zuhause Im Weiher in Handschuhsheim vorbeiradelte, weckte viele Erinnerungen. "Das Glück der Traurigkeit" heißt ein Song, ein anderer "Grad bin ich am besten allein".
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So ganz allein ist er glücklicherweise nicht, einen Teil der Tour begleitet sein Freund Levin, der gerade ganz andere Erfahrungen gemacht hat. Der 21-Jährige hat mit einer großen Gruppe eine Radtour entlang der polnischen Grenze gemacht, um unterwegs immer wieder bei Biobauern zu halten und Einblicke in deren Leben zu bekommen. Gemeinsam mit Merle, einer Studienfreundin, die zufällig auch gerade in Heidelberg war, performte Levin "Spring is coming" und setzte so einen heiteren Akzent.
Fredi Erdmann ist unterwegs, um sich dem Leben auszusetzen und seinem Selbst ein Stück näherzukommen, seine Reise ging weiter nach Karlsruhe und Freiburg. Inzwischen ist er wieder in Amsterdam, um an der Muziekacademie seinen Abschluss zu feiern. Wohin er dann aufbricht? "Mal sehen", sagt er. Sicher ist nur eins: Hängematte, Fahrrad und Ukulele sind dabei.