Verkraftet die Heidelberger Altstadt die Baustelle in der Theaterstraße?
Die Abrissarbeiten am Kino in der Theaterstraße überschatten im Bezirksbeirat die Diskussion über das Verkehrskonzept für den Stadtteil

Die alten Kinosäle am Theaterplatz sollen abgerissen und mit einem Supermarkt bebaut werden. Foto: Rothe
Von Holger Buchwald
Heidelberg. Eigentlich sollte es im Bezirksbeirat Altstadt am Dienstag um das Verkehrskonzept für den Stadtteil gehen. Doch bevor im Rahmen einer Bürgerbeteiligung über ein mögliches Pollerkonzept, eine geänderte Einbahnstraßenregelung, Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche diskutiert werden kann, bereitet den Altstädtern derzeit eine Großbaustelle in der Kernaltstadt Sorgen: Bereits ab Mai sollen die alten Lux-Harmonie-Kinos im Wormser Hof entkernt werden, der Abriss der alten Kinosäle wird über die Sommerferien folgen. Das wird, so Reiner Herzog vom städtischen Amt für Verkehrsmanagement, für erheblichen Baustellenverkehr sorgen.
In den Wormser Hof wird die Supermarktkette Tegut einziehen - und nicht nur die Baustellenfahrzeuge, sondern auch die 26-Tonner, mit denen das Geschäft ab seiner Eröffnung im April 2019 beliefert werden soll, werden nach den bisherigen Plänen über die Theaterstraße geleitet. Direkt an der Friedrich-Ebert-Grundschule und am Anna-Blum-Spielplatz vorbei - und damit an der Stelle, an der der neunjährige Ben am 15. Januar 2016 von einem Lieferwagen überrollt und getötet wurde. "Wir wollen, dass die Anlieferung des Supermarktes außerhalb der Schulzeiten erfolgt", betont Herzog. Konkret schlägt die Stadt vor, dass ein Lastwagen morgens zwischen 6 und 7 Uhr durch diesen verkehrsberuhigten Bereich fahren darf und ein weiterer gegen 19 Uhr. Herzog: "Das entschärft die Probleme mit der Schule, führt aber zu anderen in den Abendstunden, wenn die Vorstellungen im benachbarten Theater beginnen."
"Das grenzt an Wahnsinn, 26-Tonner durch die Plöck fahren zu lassen", findet Bezirksbeirätin Christine Stahl (SPD). Und Michael Hug (Heidelberg Pflegen und erhalten) fügt hinzu: "Wenn gegenüber dem Theater Lastwagen rückwärts an eine Laderampe fahren dürfen, kenne ich meine Stadt nicht mehr." Peter Seidel (SPD) forderte: "Uns geht es darum, möglichst wenig oder gar keinen zusätzlichen Verkehr in der Theaterstraße zuzulassen." Eine Vertreterin der Grundschule wiederum befürchtet, dass der Anlieferverkehr für den Supermarkt zeitlich nicht so eng begrenzt werden könne: "Wer garantiert, dass die Lastwagen um 7 Uhr wieder draußen sind?" Die erste Schulstunde beginnt um 7.15 Uhr.
Der Baustellenverkehr soll - wie auch schon beim Neubau des Theaters - über die Theaterstraße und die Plöck fahren, und zwar, über eine Ampelschaltung geregelt, in beiden Richtungen an der Universitätsbibliothek vorbei. Die Einbahnstraßenregelung wird dafür aufgehoben. Bauzäune und Sicherheitsposten sollen im Bereich der Grundschule und des Spielplatzes dafür sorgen, dass den Kindern nichts passiert.
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Zwar regte sich im Bezirksbeirat auch dagegen Unmut, der Antrag, den Baustellenverkehr auf keinen Fall durch die Theaterstraße fahren zu lassen, wurde jedoch mit fünf zu fünf Stimmen und einer Enthaltung knapp abgelehnt. Dagegen forderten die Stadtteilvertreter einstimmig, dass die Anlieferung des Supermarktes nicht an der Schule vorbei erfolgen darf.
Kontrovers diskutierten die Räte über eine Informationsvorlage, wie die Theaterstraße künftig planerisch gestaltet werden soll. Die Stadt möchte sie teilweise aufpflastern, um die Autofahrer auf den verkehrsberuhigten Bereich hinzuweisen. Stadtrat Christoph Rothfuß glaubt, dass das nicht reicht. Bodenschwellen seien besser geeignet, um den Verkehr auszubremsen: "Mit dem eingesparten Geld kann man vieles anderes machen." Mit großer Mehrheit stimmten die Stadtteilvertreter am Ende dafür, einen öffentlich tagenden Arbeitskreis einzusetzen, der das Verkehrskonzept für die Altstadt ausarbeiten soll. Allerdings solle die Anzahl der Wirtschaftsvertreter deutlich reduziert werden.