Heidelbergs Grüne zur Windkraft: Viel Diskussion, einstimmiges Votum

Die Grünen stützen den Vorschlag ihres Kreisverbandes: Nur drei mögliche Windkraftstandorte sollen weiterverfolgt werden - SPD und Stadtteilverein unterstützen die Anwohner

09.12.2015 UPDATE: 10.12.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 35 Sekunden

So könnten die Windräder am Standort "Kirchheimer Mühle" aussehen. Dort gibt es die wenigsten Einwände - und die schlechtesten Windverhältnisse. Montage: Nachbarschaftsverband

Von Steffen Blatt

Am Ende fiel die Entscheidung einstimmig: Die Mitglieder der Grünen unterstützen den Vorschlag ihres Kreisvorstandes, nur drei "Konzentrationszonen" in Heidelberg zu befürworten, auf denen Windräder gebaut werden könnten: Drei Eichen auf der Höhe sowie Kirchheimer Mühle und Grenzhof in der Ebene.

Hintergrund

> Die Konzentrationszonen für Windkraftanlagen müssen aufgrund einer neuen Landesgesetzgebung ausgewiesen werden. Würde das nicht passieren, dürften überall dort Windräder gebaut werden, wo es rechtlich erlaubt wäre. Darum will der Nachbarschaftsverband,

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> Die Konzentrationszonen für Windkraftanlagen müssen aufgrund einer neuen Landesgesetzgebung ausgewiesen werden. Würde das nicht passieren, dürften überall dort Windräder gebaut werden, wo es rechtlich erlaubt wäre. Darum will der Nachbarschaftsverband, dem neben Heidelberg und Mannheim noch 16 weitere Kommunen angehören, über einen Flächennutzungsplan bestimmte Zonen ausweisen, um den Bau zu steuern. Außerhalb dieser Flächen wären Windräder dann tabu. Anhand verschiedener Kriterien hat der Nachbarschaftsverband 17 Zonen identifiziert. Die Kommunen geben dazu Stellungnahmen ab, die Frist wurde wegen der vielen Bürgereingaben bis zum 29. Juli 2016 verlängert. Am Ende entscheidet die Verbandsversammlung. Nach der Informationsveranstaltung des Verbandes konnten die Heidelberger die Standorte im Stadtgebiet auf einer Internetplattform bewerten und diskutieren. Die Ergebnisse werden zusammen mit den Bewertungen der Verwaltung morgen ab 17 Uhr in der Stadtbücherei, Poststraße 15, vorgestellt. ste

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Trotzdem wurde vorher knapp anderthalb Stunden angeregt diskutiert, auch weil die Versammlung öffentlich war und viele Nicht-Mitglieder gekommen waren. Zunächst stellte der grüne Umweltbürgermeister Wolfgang Erichson das Verfahren des Nachbarschaftsverbandes zur Ausweisung der Konzentrationsflächen vor (siehe "Hintergrund"). Er verriet auch schon, wie sein Dezernat zu den vorgeschlagenen Standorten steht: Das Landschafts- und Forstamt etwa lehne alle Flächen im Wald ab. Allenfalls am Standort Drei Eichen könne man sich Windräder vorstellen. "Dort ist aber die artenschutzrechtliche Untersuchung noch nicht abgeschlossen", so Erichson.

Beim Grenzhof sei strittig, ob er als Aussiedlerhof zu werten sei, wie der Nachbarschaftsverband das getan hat, oder als "normale" Wohnbebauung. Dann dürften Windräder nur in 1000 Metern Abstand gebaut werden - und damit würde der Standort laut Dieter Teufel vom Umweltprognoseinstitut ganz ausfallen. Am wenigsten Einwände habe es in der Bürgerbeteiligung beim Standort Kirchheimer Mühle gegeben, berichtete Erichson - dort herrschten aber auch die schlechtesten Windverhältnisse. Stadträtin und Windkraftexpertin Monika Gonser erläuterte, warum sich der Kreisvorstand für die drei Standorte entscheiden habe: Drei Eichen, weil dort der Eingriff in die Natur am geringsten wäre, und die beiden Zonen in der Ebene, weil es dort viel weniger Probleme mit dem Naturschutz gibt.

In der Diskussion wurde das Dilemma zwischen Klima- und Naturschutz sowie den Zwängen des Planungsverfahrens noch einmal deutlich. Da meldeten sich Waldfreunde, die keinen Baum für Windräder hergeben wollen, und gleichzeitig ein Grenzhof-Bewohner, der die berechtigte Frage stellte, warum bei den Abstandsregelungen für Aussiedlerhöfe andere Werte gelten wie für Wohngebiete - schließlich gehe es doch in beiden Fällen um Menschen. Erichson stellte klar, dass die Verbandsversammlung, die am Ende über die Konzentrationszonen entscheidet, kein Risiko eingehen werde: "Man wird keinen Nutzungsplan verabschieden, der Gefahr läuft, vom Regierungspräsidium abgelehnt zu werden, weil der Windkraft nicht ,substanziell’ Raum gegen wird, wie es die Landesregelung vorschreibt."

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Dieter Teufel machte schließlich einen Vorschlag, der vielen einleuchtete: Man solle sich doch die Ausschlusskriterien noch einmal anschauen, etwa die Vorgabe, dass pro Zone mindestens drei Windräder gebaut werden müssen. Gerade in der Ebene könnten problemlos auch Einzelanlagen aufgestellt werden. Das nahm der grüne Kreisvorstand in seinen Vorschlag mit auf, über den die Mitglieder dann einhellig abstimmten.

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Das sagen Stadtteilverein und SPD:

ste. Die Bewohner des Grenzhofs bekommen in Sachen Windkraftanlagen Unterstützung aus Wieblingen, dem Stadtteil, zu dem ihre Siedlung gehört. Der Vorstand des Stadtteilvereins hat sich einstimmig hinter die Stellungnahme der Grenzhöfer zu den geplanten Konzentrationszonen gestellt und schließt sich deren Protest an. "Insbesondere ist uns völlig unverständlich, wie man den Weiler Grenzhof, der aus mehreren Hofanlagen und Einzelhäusern besteht, schon über 1250 Jahre alt ist und bis 1934 sogar als eigene Gemeinde galt, als ,Aussiedlerhof’ bezeichnen kann. Für den Grenzhof müssten selbstverständlich die Abstandsvorschriften für geschlossene Siedlungen gelten. Auch die anderen Argumente der Grenzhöfer teilen wir voll und ganz", schreibt der Stadtteilverein.

Auch die SPD meldet sich zu dem Thema noch einmal zu Wort - mit teilweise widersprüchlichen Forderungen. Die Sozialdemokraten wollen ausschließlich Windräder in der Ebene und dort - nicht nur auf Heidelberger Gebiet - noch weitere Konzentrationszonen ausweisen. Auch Anlagen mit weniger als drei Windrädern müssten ermöglicht werden, zudem sollten auch Standorte entlang der Autobahnen geprüft werden.

Gleichzeitig fordert die SPD, den Mindestabstand zu Wohngebieten von 1000 auf 2000 Meter zu vergrößern. Das müsse auch für den Grenzhof gelten. Bei dieser Regelung wären allerdings im gesamten Verbandsgebiet keine Windräder möglich, weil schlicht keine Flächen übrig bleiben würden. Das sagte Dieter Teufel vom Umweltprognoseinstitut am Dienstag bei der Mitgliederversammlung der Grünen. Außerdem will die SPD weitere Bürgerversammlungen, besonders in den betroffenen Stadtteilen, weitere Visualisierungen und die Klärung von rechtlichen Fragen etwa für den Fall, dass keine Zonen ausgewiesen würden.

 

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