Farbanschlag auf Denkmal für zerstörte Synagoge - Gemeinde ist nicht überrascht (Update)

Heidelberg. (jul/mün) Unbekannte haben in Rohrbach den Gedenkstein beschmiert, der an die zerstörte Synagoge und an das Schicksal der ermordeten Juden des Ortes erinnert. Der Granitstein in Form eines Davidsterns war mit roter und weißer Farbe verunstaltet worden. "Eine Passantin hat die Schmiererei am Samstagvormittag entdeckt und uns darüber informiert", berichtete ein Polizeisprecher am Sonntagnachmittag auf Nachfrage. Nachdem die Polizei am Rathausplatz eingetroffen war, sicherte sie Spuren und leitete Ermittlungen wegen Sachbeschädigung mit politischer Motivation ein.

"So ein Symbol wie den Davidstern muss man sensibel behandeln", so der Polizeisprecher. "Angesichts der aktuellen Situation im Nahen Osten und weil wir vor Ort nur auf dem Gedenkstein Verschmierungen festgestellt haben, gehen wir von einem politischen Hintergrund aus." Aus diesem Grund habe man die Kriminalpolizei eingeschaltet, erklärte er. Noch sei es zu früh, um mehr zu dem Vorfall und zu den Chancen der Aufklärung zu sagen. "Die Ermittlungen stehen noch ganz am Anfang."

Die Jüdische Kultusgemeinde erfuhr am Samstag während ihres Gottesdienstes in der Weststadt durch die Polizei von dem Farbanschlag. "Beunruhigend ist das allemal. Aber für uns kommt das nicht wirklich überraschend", sagte Rabbiner Janusz Pawelczyk-Kissin unter Verweis auf die vereitelten Anschlagspläne zweier junger Männer. Sie hatten im Frühjahr 2023 für einen Messerangriff wahlweise die Synagoge in Heidelberg oder eine Synagoge in Frankfurt ins Visier genommen. "Die jüdische Sicherheit ist immer gefährdet", so der Rabbiner.

Er selbst und die jüdische Gemeinde hätten den Vorfall gefasst aufgenommen, sagte Pawelczyk-Kissin. "Es ist zu früh dafür, dazu jetzt viel zu sagen", so der Rabbiner. Da es sich um Farbkleckse und nicht um einen Schriftzug handele, wisse man wenig über die Motivation der Täter. "Aber es war offenbar Absicht", so der Rabbiner – zum einen wegen der Symbolik des Gegenstands, zum anderen, weil jemand die Farbe dabei gehabt haben muss. "Die Schmiererei richtet sich gegen Juden."

Die Schmiererei ist inzwischen wieder verschwunden. Polizei und Feuerwehr hätten den Davidstern noch am Samstag gereinigt, hieß es aus dem Stadtteilverein, der den Vorfall über seine Kanäle verbreitete. Ein gegenüber wohnendes Ehepaar und eine weitere Anwohnerin aus der Rathausstraße hätten die Bodenplatte gesäubert.

Der Gedenkstein steht seit 1985 dort, wo sich früher eine Synagoge befand. Sie war 1845 in Betrieb genommen worden. Die Nationalsozialisten zerstörten sie in der Pogromnacht im November 1938.

Update: Sonntag, 15. Juni 2025, 19.42 Uhr

Heidelberg. (mün) Im Heidelberger Stadtteil Rohrbach wurde das Denkmal für die zerstörte Synagoge und die vertriebenen und ermordeten Jüdinnen und Juden des Orts mit Farbe beschmiert. Am Samstagmorgen wurde der Farbanschlag an dem Gedenkstein, der sich in der Rohrbacher Ortsmitte befindet, entdeckt.

Die Polizei bestätigt den Vorfall, spricht aber nur von einer "Sachbeschädigung", mit der sich nun die Kriminalpolizei befassen werden. Die Frage, ob der Staatsschutz bei den Ermittlungen einbezogen wird, wurde nicht beantwortet.

Seit 1985 erinnert der Gedenkstein an die ehemalige Synagoge, die 1845 eingeweiht und von Heidelberger Nazis 1938 zerstört worden war. 

Nachdem Anhänger der Nationalsozialisten und Mitglieder der SA die Synagoge in der Altstadt zerstört hatten, zogen sie in den 1927 eingemeindeten Vorort. In den frühen Morgenstunden des 10. November 1938 schlugen sie die Tür der Rohrbacher Synagoge ein, zertrümmerten im Innern mit ihren Äxten die Bänke und anderes Holzwerk, schichteten es zusammen mit Büchern und Akten und steckten es in Brand. Das Gebäude wurde später abgebrochen.

Seit dem 17. Jahrhundert hatten Juden in dem Weindorf gelebt.