Heidelberg

Drei Altstädterinnen nähen immer weiter (Update)

Kostenlose "Mund-Nasen-Bekleidung" - Mitstreiter gesucht

03.04.2020 UPDATE: 19.04.2020 19:40 Uhr 2 Minuten, 44 Sekunden
Claudia Kaufmann, Vorsitzende des Kinderschutzbundes (links), bei der Spendenübergabe mit Lilly und Gisela Lasser. Foto: Friederike Hentschel

Von Holger Buchwald

Heidelberg. Ihre Begeisterung ist ungebremst: Jeden Tag nähen Lilly, ihre Tante Gisela Lasser und Ellen Möller Stoffmaske für Stoffmaske. Weit über 1000 Stück dürften es schon sein, die drei Altstädterinnen haben inzwischen mit dem Zählen aufgehört. Mit den Spenden, die sie von ihren dankbaren Abnehmern erhalten haben, konnten sie jetzt noch einmal etwas Gutes tun: 1000 Euro übergaben sie an den Kinderschutzbund, weitere 1000 an den Verein Obdach, der wohnungslose Menschen unterstützt. Zudem kauft Möller ein bis zwei Mal in der Woche für den Diakonieladen "Brot und Salz" in der Plöck ein, der die Lebensmittel an Bedürftige weiterverteilt.

"Das ist der reine Wahnsinn", lacht Möller: "Ich hätte nie im Leben gedacht, dass die Aktion so gut angenommen wird. Die Leute sind so dankbar." Möller und Lasser sind Kinderbeauftragte der Altstadt. "Wir nähen jeden Tag", sagt die zwölfjährige Lilly, die die beiden Frauen tatkräftig unterstützt. Wobei sie am liebsten das Bügeln übernimmt. Dabei könne man sich prima unterhalten oder Fernsehserien schauen.

Nach einem ersten Artikel in der RNZ gab es viele Angebote von Leserinnen und Lesern, die den drei Altstädterinnen helfen wollten. Zusammen kamen große Mengen an Stoff, aber auch einiges an Gummiband, das derzeit bundesweit zur Mangelware geworden ist. "Eigentlich haben wir noch genug Material. Es wäre aber schön, wenn wir noch ein paar Kinderstoffe bekommen könnten", sagt Lasser. Aber auch alle anderen Motive finden reißenden Absatz. Lasser, Lilly und Möller bringen ihre Mund-Nasen-Bekleidung immer wieder in größerer Stückzahl zu der Schwanen-, Stadt- oder Uni-Apotheke in der Altstadt, wo sie von den Angestellten weiterverteilt werden. Manchmal kommen die drei Näherinnen aber nicht einmal so weit. Sie werden so oft auf die Masken angesprochen, dass diese schon auf halber Strecke vergriffen sind.

"Wenn ich die Leute sehe, wie sie sich freuen, ist dies Ansporn genug, weiterzunähen", berichtet Möller. Lilly wiederum hat bereits einige Stoffmasken an ihre Klassenlehrerin vom Hölderlin-Gymnasium abgegeben. Denn eines ist klar: Ab heute wird der Bedarf an Mund-Nasen-Schutz in Heidelberg noch einmal steigen, auch an den Schulen. Lilly wird zwar weiter mitnähen, hat aber auch ab sofort wieder Unterricht. Zunächst zuhause. Sie freut sich, schon bald ihre Schulfreunde wiederzusehen – vermummt oder nicht.

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Info: Wer das Projekt unterstützen möchte, kann sich unter Heidelberger-helfen@gmx.de melden.

Update: Sonntag, 19. April 2020, 19.40 Uhr


Von Holger Buchwald

Heidelberg. In der Heidelberger Altstadt surren die Nähmaschinen. Einige Dutzend Exemplare ihrer "Mund-Nasen-Bekleidung", wie sie das selbst nennen, haben Gisela Lasser, ihre Nichte Lilly und Ellen Möller in den letzten Tagen bereits hergestellt. Lasser und Möller sind beide Kinderbeauftragte im Stadtteil. Gemeinsam wollten sie in der Corona-Krise etwas Sinnvolles tun. Und als die zwölfjährige Lilly von der Aktion erfuhr, war sie gleich mit Begeisterung dabei.

"Gut und gerne 400 Masken haben wir schon genäht", berichtet Ellen Möller stolz: "Das ist ein richtiger Vollzeit-Job." Am Donnerstag hat sie sich bereits um 7.30 Uhr morgens an ihre Nähmaschine gesetzt und – mit kleinen Unterbrechungen – erst um Mitternacht aufgehört. "Das läuft wie in einer Fabrik", lacht sie. Geld verdienen die drei aber nicht, sie verteilen den Atemschutz kostenlos an Apotheken in der Altstadt oder bei zufälligen Begegnungen im Supermarkt. Manchmal bekommen sie eine kleine Spende, die sie an den Diakonieladen "Brot und Salz" und den Kinderschutzbund weitergeben.

"Viele Freunde bringen uns Stoff", berichtet Gisela Lasser. Für die Masken muss es dichte Baumwolle sein. "Sie gehen weg wie warme Semmeln", berichtet Lasser. Kaum hat sie zum Beispiel eine Fuhre an die Stadtapotheke an der Ecke Plöck und Sofienstraße geliefert, bekommt sie 20 Minuten später wieder einen Anruf, ob sie neue Ware liefern kann. Die Angestellten fragen ältere Menschen, ob sie so einen Schutz kostenlos mitnehmen wollen.

Zwei Modelle stellen Lasser, Möller und Lilly her: ein rundes und ein eckiges. Doch so langsam geht ihnen das Material für ihre Maskenproduktion aus. Wir brauchen neuen Stoff und schmales Gummiband. "Das ist mittlerweile fast so teuer wie Gold", sagt Möller. Jetzt bekommt sie von einer Freundin in Berlin 50 Meter geschickt. Da sie aber pro Maske 50 Zentimeter verbraucht, benötigt sie bald mehr.

Info: Wer Stoff spenden möchte, sich am Tausch von Gummiband beteiligen will oder ebenfalls näht und die gemeinsamen Kräfte bündeln will, kann sich per E-Mail an: Heidelberger-helfen@gmx.de bei den drei Altstädterinnen melden.

Rund 400 Stoffmasken haben Ellen Möller, Gisela Lasser und Lilly bereits produziert. Foto: Friederike Hentschel
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