Die Leerstände in der Innenstadt werden meist schnell gefüllt
Die Wirtschaftsförderung sieht die Heidelberger Innenstadt auf einem guten Weg. Eine Taskforce soll konkrete Projekte umsetzen.

Von Holger Buchwald
Heidelberg. Verstärkt durch die Corona-Krise könnten Oberzentren wie Heidelberg ihre Magnetfunktion für das Umland verlieren. Davor warnte im April der Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar (IHK), Andreas Kempff, im Wirtschaftsausschuss. Eine der Thesen: Wenn viele Beschäftigte im Homeoffice arbeiten, fahren sie eben nicht mehr in die Stadt und sorgen dort für Umsatz. Mit einer Taskforce zur Innenstadtbelebung möchte das Amt für Wirtschaftsförderung diesen Fliehkräften entgegenwirken. Im Gespräch mit der RNZ berichten Amtsleiter Marc Massoth, sein Kollege Matthias Friedrich und Nikolina Visevic von der Händlervereinigung Pro Heidelberg, wie sie die Gegenwart und Zukunft der Heidelberger Innenstadt sehen.
Ganz so schwarz sieht Friedrich die derzeitige Situation nicht: "Es stimmt schon, der Onlinehandel hat noch mehr an Bedeutung gewonnen." Aber gleichzeitig wollten die Kunden jetzt beim Einkaufen auch wieder etwas erleben. Gibt es einen Sektkorken-Effekt? Geben die Kunden jetzt all das im Lockdown angesparte Geld aus? Genaue Zahlen dafür liegen noch nicht vor. "Ein Stück weit kann man das aber schon bestätigen", sagt Visevic.
Leerstände von Einzelhandelslokalen gibt es in der Altstadt, sie bereiten den Experten aber keine Bauchschmerzen. Unproblematisch sehen sie derzeit auch, dass hier oder da gastronomische Angebote den Einzelhandel vertreiben. Die prominentesten Beispiele sind das Schuhhaus Dielmann, in das die Burgerkette "Five Guys" einzog, oder der ehemalige Lebensmittelmarkt Rüdiger, heute "Frittenwerk".
"Was den Mix angeht, sind wir, glaube ich, immer noch gut aufgestellt", sagt Visevic. Natürlich habe die Corona-Krise den einen oder anderen vorübergehenden Leerstand produziert, gibt Friedrich zu. "In diesen Fällen versuchen wir, die Vermieter herauszufinden und mit ihnen das Gespräch zu suchen." Die Krux liege aber im Baurecht. "Zeigen die Vermieter kein Verständnis, haben wir praktisch keinen Einfluss darauf, welche Branche in ein Ladengeschäft einzieht." Anders sehe es in der östlichen Altstadt aus, wo es einen Bebauungsplan gibt.
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Positiv stimmt Friedrich, dass die Leerstände abgenommen haben: "Anstelle von Swatch haben wir jetzt einen Barfußladen und in die alten Räume von Expert Esch in der Sofienstraße ist ein Modelabel eingezogen." Am Markt sei der Standort Heidelberg eben immer noch sehr gefragt. Viele Unternehmen hätten Interesse, hier einen Laden zu eröffnen.
Die Wirtschaftsförderung müsse abseits des Planungsrechts nach Instrumenten suchen, um für eine "gute Mischung" von Gastronomie und Handel zu sorgen, so Massoth. Eines davon ist die Taskforce. "Wir haben sie als schlagkräftige Einheit geplant", so Massoth. Man setze sich damit ganz bewusst vom großen Innenstadtforum der Jahre 2006 und 2007 ab. In der Taskforce seien Verbände wie die IHK, der Einzelhandelsverband, Pro Heidelberg, aber auch zehn bis zwölf Einzelhändler vertreten. "Gemeinsam wollen wir Themenfelder identifizieren und konkrete Projekte umsetzen." Anders als vor 15 Jahren gehe es nicht darum, sich Gedanken über die Sinnhaftigkeit eines großen Shopping Centers zu machen. Massoth: "Heute wissen wir, was wir haben und was wir pflegen wollen." Mit den Händlern vor Ort Ideen für die Belebung der Seitenstraßen zu entwickeln, auch darum wird es in der Taskforce gehen. Eine Möglichkeit wären zum Beispiel Straßenfeste.

"Wir machen uns immer ein bisschen schlechter, als wir sind", klagt Massoth. Die großen Metropolen hätten ganz andere Probleme als das kleinteilige Heidelberg mit seinen vielfältigen Nutzungen. "Das, was vom Städtetag gefordert wird, das haben wir alles längst." Trotzdem wolle man auch in Zukunft nach Standorten für große Kundenmagneten suchen – vielleicht auch rund um den Bismarckplatz oder bis in die Kurfürsten-Anlage hinein.
Mehr Aufenthaltsqualität durch das neue Verkehrsberuhigungskonzept für die Altstadt, mehr Orte, die zum Verweilen einladen, wie die Ecke um den "Zeitungsleser", eine liberalisierte Werbeanlagensatzung und eine Einbindung der Kulturangebote in das Shopping-Erlebnis sind für die Wirtschaftsförderung weitere Strategien, um die Innenstadt zu beleben. Massoth: "Es muss attraktiv sein, in die Stadt zu kommen." Noch vor der Sommerpause wird sich die Taskforce zwei Mal treffen.