Heidelberg

Bewerbung zur "Kulturhauptstadt" muss warten

"Kein Grund zur Eile": Der Kulturausschuss fordert, dass die Stadt beim Projekt nachschärft. Bürgermeisterin soll Koordination übernehmen.

24.10.2023 UPDATE: 24.10.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden
Die Altstadt mit Schloss und Alter Brücke steht beispielhaft für Heidelbergs kulturelle Vergangenheit. Foto: Kay Sommer

Von Philipp Neumayr

Heidelberg. Ob Heidelberg sich auf den Weg zur "Kulturhauptstadt Europas" machen sollte – um diese Frage zu entscheiden, brauche es mehr Zeit und konkretere Informationen. Das hat der Kulturausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag mit knapper Mehrheit beschlossen – auf Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, SPD, Die Linke sowie den Stadträten Hilde Stolz (Bunte Linke), Judith Marggraf und Michael Pfeiffer (beide Grün-Alternative Liste). Zwar wollen sie einer Bewerbung eine Chance geben, allerdings vertagten sie das Thema vorerst auf Anfang nächsten Jahres – und gaben der Verwaltung bis dahin Arbeitsaufträge mit.

Die Stadt soll zunächst eine "Analysephase und Bestandsaufnahme" zur Entwicklung einer generellen Kulturkonzeption anstoßen – unabhängig von dem Beschluss, ob man sich auf den Weg zur "Kulturhauptstadt" machen werde. Die Koordination dafür soll das Kulturdezernat unter der Leitung der neuen Bürgermeisterin Martina Pfister übernehmen. Der Name Peter Spuhler bleibt in dem Antrag unerwähnt.

Oberbürgermeister Eckart Würzner hatte den früheren Heidelberger Theater-Intendanten im Frühjahr als "Bewerbungsbeauftragten" ernannt – und dafür eine eigene Stabsstelle in seinem Dezernat geschaffen. Das kam bei einer Mehrheit im Gemeinderat nicht gut an. Grüne, SPD, Die Linke und auch die Vertreter kleinerer linker Parteien und Gruppen fühlten sich übergangen. Bei der Verabschiedung des Doppelhaushaltes 2023/24 im Juli verpassten sie der Stadtspitze einen Denkzettel und kürzten die Mittel des OB-Referats um 180.000 Euro.

Dass der Alleingang Würzners noch immer nachwirkt, zeigte sich in der Sitzung des Kulturausschusses. "Wir wurden im Prinzip vor vollendete Tatsachen gestellt", sagte Kathrin Rabus (Grüne). Der Prozess einer Bewerbung um den Titel der Kulturhauptstadt könne "nur mit Partizipation" funktionieren – und sollte entsprechend auch so beginnen.

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Um alle Menschen mitzunehmen, müsse man nun erst einmal "aufs Bremspedal treten", sagte Grünen-Fraktionsvorsitzender Derek Cofie-Nunoo. Bevor man sich zur Bewerbung entschließe, gelte es noch formale und inhaltliche Fragen zu klären.

Die Antragssteller fordern unter anderem eine "transparente Aufschlüsselung der außerplanmäßigen Mittel von 180.000 Euro". Diese hatte die Verwaltung für 2023 und 2024 in ihrer Beschlussvorlage zur "Europäischen Kulturhauptstadt" ausgewiesen. Bei den in der Vorlage angeführten Argumenten für eine Bewerbung vermissen die Kritiker teils entsprechende Belege.

So heißt es etwa, dass die Städte "nachweislich" von dem Titel "Kulturhauptstadt Europas" profitierten. "Diese Wirkung stellt sich bereits in der Bewerbungsphase ein: Der Weg ist Teil des Ziels." Die Antragsteller wünschen sich dazu konkrete Quellen – und eine "transparente Meilensteinplanung" auf Basis "eines üblichen Zeitrahmens der Vorbereitung von etwa acht Jahren".

Geht es nach den Antragsstellern, ist noch genügend Zeit. "Es gibt keinen Grund zur Eile", so SPD-Fraktionsvorsitzende Anke Schuster. "Wir reden über ein Projekt, das in elf Jahren stattfinden wird."

Keine andere Kommune habe sich bei der Bewerbung so früh auf den Weg gemacht. Da eine deutsche Stadt nach Chemnitz 2025 frühestens im Jahr 2034 eine Chance auf den Titel "Kulturhauptstadt" hat, könne man es sich auch 2026 überlegen, "ob wir das machen oder nicht", sagte Schuster.

Anders sah man das bei der CDU. "Wir stehen ganz klar hinter der Bewerbung", sagte Matthias Kutsch. Er sehe darin "eine Riesenchance für die Kulturszene und die Stadtentwicklung". Daher solle man sich besser schon jetzt statt später auf den Weg machen, plädierte CDU-Fraktionsvorsitzende Nicole Marmé.

Einig waren sich alle Vertreter darin, dass man das Thema "Kulturhauptstadt" künftig weniger emotional debattieren will. Das war ganz im Sinne von Kulturbürgermeisterin Martina Pfister, die sich in ihrer ersten Sitzung gegen eine "Lagerbildung in der Diskussion" aussprach, denn: Nur gemeinsam habe man am Ende das Zeug, "Kulturhauptstadt" zu werden.

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