Heidelberg

Aktiv Kollektiv "make Ehrenamt cool again"

Die Initiative will die Gemeinschaft in Heidelberg stärken. Die Gründungsversammlung findet am Sonntag statt.

29.06.2025 UPDATE: 28.06.2025 04:00 Uhr 3 Minuten, 4 Sekunden
Das Kollektiv sind alle, nicht sie allein: Doch die beiden 20-Jährigen Paul Benjamin Bühler und Julian Darius Goertz Dini (v.l.) stehen als Gründer dahinter. Foto: Philipp Rothe

Von Julia Blank

Heidelberg. Dass das Ehrenamt in Deutschland einen immer schwereren Stand hat, ist kein Geheimnis. Vereine, gemeinnützige Organisationen, aber auch unabdingbare Dienste wie die der Freiwilligen Feuerwehr haben hohe Rückgänge ihrer Mitgliederzahlen zu verzeichnen.

Schuld daran seien der demografische Wandel – also die Veränderung der Bevölkerungsstruktur –, aber auch eine geminderte Bereitschaft nachkommender Generationen, sich ehrenamtlich zu engagieren, hört man. Zwei Studierende aus Heidelberg wollen dem nun entgegenwirken: mit einem Kollektiv.

Das Wort "Kollektiv" kommt oft im Zusammenhang mit beispielsweise DJ- oder Künstlergruppen vor – es steht für progressive Arbeit und eine sich unterstützende Gemeinschaft. Genau das wollen Paul Benjamin Bühler und Julian Darius Goertz Dini (beide 20) nun mit dem eingestaubten Begriff des Ehrenamtes verbinden. Das "Aktiv Kollektiv Heidelberg" ist eine gemeinnützige Initiative zur Bildung von Interessensgruppen in den Bereichen Sport, Kunst und Kultur wie auch Bildung. Engagierte Menschen sollen in Zukunft ehrenamtlich ihr Wissen und Können teilen und damit eine tolle Gemeinschaft entstehen lassen. Auf die Idee kam Gründer Paul vor einem Jahr.

In der Region organisiert er regelmäßige Treffen für Kletterer, was relativ schnell viele Leute anzog: "Aus dem Klettertreff sind irgendwann Kletter- und Grillsonntage geworden, es kamen auch Nicht-Kletterer dazu. Es ging gar nicht mehr wirklich um den Sport an sich, sondern darum, dort in Gemeinschaft zu sein."

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Dieses Konzept möchten die beiden auf alle möglichen Freizeitbereiche übertragen. In der Kategorie Sport soll es Laufklubs geben, Yoga, Basketball oder auch Fitness-Kurse. Dabei ging es, so betont Bühler, nicht darum, eine Konkurrenz für Vereine darzustellen, sondern vielmehr, Kooperationen mit ihnen einzugehen und wieder mehr Leute für gemeinschaftliche Hobbys und damit auch das Ehrenamt zu begeistern. Außerdem möchte das Aktiv Kollektiv auch Lücken in den Angeboten füllen – darunter ein Lauf-Treff nur für Frauen: "Es ist für beispielsweise eine junge Studentin weniger attraktiv, in eine Laufgruppe zu gehen, wenn sie dort jedes Mal nach ihrer Nummer gefragt wird. Dann geht man weniger gerne laufen, und da müssen wir dagegenwirken".

Neben Sport sollen im Bereich "Bildung" verschiedenste Workshops angeboten werden. Dafür ist das Kollektiv bereits in Kontakt mit einigen Fachschaften der Heidelberger Universität getreten. Von Soziologie bis Informatik soll alles dabei sein. Die einzelnen Fachgebiete sollen darüber miteinander ins Gespräch kommen und sich austauschen können – beispielsweise bei einem Workshop zu "Grundlagen der Demokratie". "Zu solchen wichtigen Themen können die besten Gespräche zustande kommen, wenn sich die unterschiedlichsten Menschen treffen", fasste Paul die Idee zusammen. Auch Kunst und Kultur werden im Aktiv Kollektiv nicht zu kurz kommen: Buchclubs, Videografie-Workshops und musikalische Angebote stehen auf dem Plan.

"Wir wollen jetzt nicht den zehnten Running Club eröffnen und sagen, wir machen es besser als alle anderen. Was bei uns im Fokus steht, ist die Gemeinschaft", erklären die Studierenden. Im Sinne der Gemeinschaft sind auch gemeinsame Partys geplant, auf denen die einzelnen Gruppen sich noch einmal besser kennenlernen können. Besonders mitgedacht sind bei der Idee auch Menschen, die neue Dinge ausprobieren wollen, sich jedoch bisher nicht getraut haben oder: "Leute, die in Freundeskreisen stecken, die nicht die gleichen Interessen teilen. Da kann es schwierig sein, dann gegen den Strom zu schwimmen. Und genau an der Stelle soll das Kollektiv es ihnen erleichtern", so Bühler.

Momentan arbeiten zehn Leute mit den Gründern an der Idee mit, Tausende haben seit dem Launch vor zwei Wochen bereits die Instagram-Seite des Kollektivs besucht, auch eine eigene Whatsapp-Gruppe mit rund 80 Interessierten besteht schon. Die beiden Initiatoren erhoffen sich eine "Selbstläufer-Dynamik" ihres Kollektivs. In den einzelnen Bereichen sollen die ehrenamtlichen Leitungen in Zukunft ganz autonom agieren und genau das anbieten, was sie für sinnvoll halten – schließlich seien das Kollektiv alle Beteiligten und "nicht nur Julian und ich", erklärt Paul Bühler.

Was das Kollektiv für ein Gelingen ihrer Idee braucht, ist die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen, Inhabern oder Organisationen, die ihnen im Sinne der Gemeinnützigkeit Mittel und Räume zur Verfügung stellen. Geld wird eine Mitgliedschaft im Kollektiv deshalb erst einmal auch nicht kosten: "Wir selbst verfolgen mit dem Kollektiv keine monetären Ziele", so die Gründer. Unzählige Stunden haben die beiden auf ehrenamtlicher Basis schon in ihre Idee investiert: für den Bau der Website, das Programmieren der App oder die Organisation möglicher Bereichsleiter. Dabei studieren beide in Vollzeit, haben außerdem Nebenjobs, Hobbys und Freunde.

An diesem Sonntag, 29. Juni, wird der Verein offiziell gegründet. Ab 12 Uhr werden Paul Benjamin Bühler und Julian Darius Goertz Dini im Karlstorkino das Konzept noch einmal genau vorstellen: Ziele, Werte und die Frage "Was können wir bieten?" sollen geklärt werden. Nach der Gründungsversammlung kann dann jeder mitwirken, der engagiert und verlässlich dabei sein möchte. Die Gründer erhoffen sich viel Zuspruch und Engagement für das Aktiv Kollektiv – und sie wüschen sich damit bei der ein oder anderen Person vielleicht auch einen neuen Blickwinkel auf das Ehrenamt zu öffnen.

Info auf Instagram aktivkollektiv_hd 

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