Fridays for Future

Klimademo auf dem Fahrrad für eine Verkehrswende

100 Menschen demonstrierten mit Fridays for Future für den Klimaschutz - Konkrete Forderungen an Stadt übergeben

07.08.2020 UPDATE: 07.08.2020 20:45 Uhr 2 Minuten, 30 Sekunden
Rund 100 vorwiegend junge Menschen, aber auch Familien und Ältere, machten sich gestern gegen 19 Uhr von der Neckarwiese aus auf den Weg zu einer Protestrunde durch die Stadt. Hier sind sie auf der Theodor-Heuss-Brücke zu sehen. Foto: Philipp Rothe

Von Denis Schnur und Joris Ufer

Heidelberg. In der heißen Abendsonne sammeln sich am Freitagabend um 18 Uhr die Teilnehmer der Fahrraddemo von "Fridays for Future" auf der Neckarwiese, bevor sie gegen 19 Uhr etwas verspätet zu ihrer Protestfahrt aufbrechen. Zwischen Liedern und Reden rufen Musiker und Organisatoren immer wieder zur Einhaltung der Hygieneregeln auf.

Nach und nach füllt sich der Platz, aber die Teilnehmerzahl bleibt immer noch hinter den angemeldeten 700 Menschen zurück. Die Polizei spricht von etwa 100 Demonstranten. Dennoch gelingt es den Rednern, die Menschen zu begeistern. Die meisten sind Schüler und Studenten, aber auch Ältere und Familien sind dabei. Vor allem Dominik Egger vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub erntet viel Applaus, als er für 2021 die Initiative "Radentscheid" für bessere Radwege in Heidelberg ankündigt. Der Studentin Theresa Hähnel sind diese Anliegen wichtig: "Wir haben die Verantwortung politisch mitzuwirken. Dafür ist Demokratie da."

Bei der Demonstration haben die jungen Klimaaktivisten auch neue Forderungen an die Stadt Heidelberg übergeben. Denn deren Anstrengungen beim Klimaschutz gehen ihnen nicht weit genug – und werden ihnen vor allem zu langsam umgesetzt. So habe es nach dem Ausrufen des Klimanotstandes im April 2019 sechs Monate und 10.000 Demonstranten vor dem Rathaus gebraucht, bis der Klimaschutzaktionsplan beschlossen worden sei, betont Line Niedeggen, die Sprecherin von "Fridays for Future Heidelberg". "Doch die 30 Punkte sind längst nicht fest beschlossen, der Plan wird aktuell lediglich von der Verwaltung geprüft." Danach müsse jede Maßnahme nochmal einzeln beschlossen werden.

"Wenn wir in dem Tempo weitermachen, wird das nichts. Dabei haben wir in den vergangenen Monaten doch so klar wie nie gesehen, dass politisch konsequentes Handeln in Krisenzeiten möglich ist", so die Klima-Aktivistin. Corona habe gezeigt, was auch beim Klimaschutz nötig sei: "Frühzeitiges Handeln, um spätere Katastrophen zu verhindern." Nur dass die Klimakrise schon heute wüte: "Heute sind Millionen Menschen in Bangladesch wegen Überflutungen obdachlos, der Amazonas-Regenwald brennt schlimmer als letzten Sommer, Temperaturrekorde in Spanien, Bagdad und der Arktis, Dürre in Deutschland seit 2018."

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Neben klaren Zeitangaben für die beschlossenen Punkte des Klimaschutzaktionsplans fordert Fridays for Future (FFF) drei Maßnahmen, die unmittelbar umgesetzt werden sollen:

> Einrichtung eines Zukunftsbeirats: Darin sollen Unter-25-Jährige aus allen Stadtteilen

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Neben klaren Zeitangaben für die beschlossenen Punkte des Klimaschutzaktionsplans fordert Fridays for Future (FFF) drei Maßnahmen, die unmittelbar umgesetzt werden sollen:

> Einrichtung eines Zukunftsbeirats: Darin sollen Unter-25-Jährige aus allen Stadtteilen sowie Expertinnen und Experten sitzen. Das Gremium soll auf der Basis von Treibhausgas-Emissionsberechnungen zu Vorhaben des Gemeinderats Stellung beziehen. Wird durch eine Entscheidung mehr CO2 ausgestoßen als eingespart, soll es sogar ein "konstruktives Vetorecht" haben.

> Massiver Ausbau der ÖPNV- und Rad-Infrastruktur: FFF fordert bis 2025 den Ausbau einer schnelleren und sicheren Anbindung aller Stadtteile. Zudem müssten alle Straßen zu "fahrradfreundlichen Verkehrswegen" werden.

> Sanierungs- und Geothermie-Offensive: Die Sanierung von privaten und städtischen Gebäuden bietet das wohl größte Potenzial für Energieeinsparungen. "Dazu müssen Anreize sowie ein Sanierungsfahrplan für stadteigene Gebäude, insbesondere die der GGH, verabschiedet werden." Außerdem soll die Wärme ausschließlich aus nachhaltigen Quellen stammen. dns

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Deshalb sieht die Klima-Bewegung auch die Stadt Heidelberg in der Pflicht, sich deutlich stärker zu engagieren. Dazu fordern sie zunächst eine schnelle und konsequente Umsetzung der 30 Punkte des Aktionsplanes. Darüber hinaus haben sie gestern drei konkrete Forderungen an die Stadt übergeben.

Dabei geht es einmal darum, junge Menschen stärker an politischen Entscheidungen zu beteiligen. Dazu soll ein "Zukunftsbeirat" einberufen werden, der klimarelevante Vorhaben des Gemeinderates kommentieren – und ausbremsen – kann. "Die bisherige Entscheidungsfindung findet meist ohne die statt, die am stärksten betroffen sind – ohne junge Menschen und ohne Menschen im Globalen Süden", betont Niedeggen.

Die anderen beiden Punkte zielen auf die Bereiche ab, in denen in Heidelberg am meisten CO2 ausgestoßen wird: Den Verkehr und das Heizen von Gebäuden. Um ersteren zukunftsfähiger zu gestalten, fordert FFF einen deutlich stärkeren Ausbau der Radinfrastruktur sowie des öffentlichen Nahverkehrs. "Der Pendel-Verkehr ist das größte Problem auf Heidelbergs Straßen", erklärt Niedeggen. Nur wenn man die Alternativen zum Auto attraktiver machen würde, werde sich das ändern. Neben dem Nahverkehr, der insbesondere die Bergstadtteile besser anbinden soll, setzen die Aktivsten dabei – passend zur gestrigen Demo – vor allem auf das Fahrrad. Und um mehr Menschen den Umstieg zu erleichtern, soll das Radwegenetz deutlich dichter und sicherer werden. Außerdem sollen öffentliche Pump- und Reparaturstationen und überdachte Stellplätze das Rad attraktiver machen.

Um die Wärmeversorgung nachhaltig zu gestalten, fordert die Bewegung die Stadt auf, zweigleisig zu fahren: Einerseits soll der Energiebedarf durch eine Sanierungsoffensive gesenkt werden. Die Stadt müsse vor allem die eigenen – und insbesondere die der Wohnungsbaugesellschaft GGH – zügig erneuern und Anreize für private Vermieter schaffen. "Die Sanierungen dürfen dabei jedoch nicht zu Lasten von Mietenden gehen", fordert Niedeggen. "Es darf kein Abwägen zwischen sozial, ökologisch und ökonomisch mehr geben, weil nur alles drei zusammen geht."

Die Wärme, die in Zukunft noch gebraucht wird, soll ausschließlich aus nachhaltigen Quellen stammen. Konkret verweisen die Aktivisten auf die Geothermie im Rheingraben bei Brühl – denn das regionale Fernwärmenetz erfordere eine regionale Lösung. "Die Bohrung dort ist super vielversprechend", so die Sprecherin.

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