Debatte nach AfD-Veranstaltung

Parteien wollen wieder in die Heidelberger Stadtbücherei

Aktuell sind keine Partei-Veranstaltungen im Hilde-Domin-Saal, Foyer und kleinen Saal erlaubt. Ändern sich nun die Mietbedingungen für städtische Räume?

12.04.2018 UPDATE: 13.04.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 34 Sekunden

Bei der Veranstaltung des AfD-Nachwuchses am 23. März war das Foyer der Stadtbücherei komplett voll mit Gegendemonstranten und Polizisten. Wer in die eigentliche Bibliothek wollte, musste sich dort durchdrängen. Foto: Rothe

Von Denis Schnur

Heidelberg. Als die Jugendorganisation der AfD sich im März in den Hilde-Domin-Saal der Stadtbücherei, benannt nach der jüdischen Dichterin, einmietete, war der Aufschrei groß: Die teils rechtsradikalen Gäste dürften niemals in diesen Raum - und am besten gar nicht in städtische Räume, forderten linke Gruppen. Man müsse die AfD behandeln wie alle anderen Parteien, auch wenn man ihre Ansichten nicht gutheißt, entgegnete die Stadt.

Zudem hatte die AfD zwar öffentlich für die Veranstaltung geworben, aber nur Freunde, Unterstützer und Förderer eingeladen. Am Veranstaltungstag gab es vor Ort große Proteste. Um die Stadtbücherei künftig aus solchen Auseinandersetzungen herauszuhalten, reagierte Oberbürgermeister Eckart Würzner - und verbot im März per Anordnung neue Mietverträge für politische Parteien in Räumen der Bibliothek. Der Gemeinderat soll die Mietbedingungen nun neu regeln. Die RNZ beantwortet die wichtigsten Fragen dazu:

> Wann dürfen Parteien in städtische Räume? Bisher dürfen alle Parteien und ihre Vorläuferorganisationen (etwa Jugendverbände) städtische Räume mieten. Je nach Ort gibt es dafür Bedingungen - etwa eine Frist, bis wann ein Antrag eingegangen sein muss. Eigene Veranstaltungen, etwa der Stadtbücherei, haben immer Vorrang. Dies gilt für alle Parteien - solange sie nicht verboten sind - gleichermaßen. Sie müssen bei der Buchung angeben, ob Veranstaltungen öffentlich sind - dabei geht es jedoch nur um das Sicherheitskonzept. Für den grundsätzlichen Anspruch auf den Raum macht das keinen Unterschied.

> Wie sieht es mit der Stadtbücherei aus? Aktuell dürfen Parteien dort keine Veranstaltungen organisieren. Das hat OB Würzner beschlossen. Die Anordnung gilt, bis der Gemeinderat einen Beschluss zu dem Thema fasst. Diese Regelung gilt für den Hilde-Domin-Saal, das Foyer und den kleinen Saal - aber nicht für das Literaturcafé: Das ist an eine private Betreiberin verpachtet, die für die Vermietung verantwortlich ist.

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> Wird die Bücherei überhaupt für politische Veranstaltungen genutzt? Viel Aufhebens wurde um die AfD-Veranstaltungen in den letzten Monaten gemacht, aber auch andere Gruppierungen nutzten die Räume dort. Die Stadtverwaltung spricht von vier Vermietungen an politische Parteien und verwandte Organisationen in den letzten zwölf Monaten, im Jahr davor waren es mehr. Das Literaturcafé wurde deutlich öfter genutzt.

> Was will der Gemeinderat? Einig sind sich alle Fraktionen in einem Punkt: Die Stadtbücherei soll wieder für politische Veranstaltungen zur Verfügung stehen. Gegenüber der RNZ sprachen sich alle Gruppierungen dagegen aus, dass die Bibliothek tabu bleibt. Die Grünen wollen jedoch sicherstellen, dass der Betrieb der Bücherei gewährleistet ist, deshalb sollen politische Veranstaltungen nur noch montags - wenn die Stadtbücherei geschlossen ist - oder nach 20 Uhr stattfinden dürfen. Die CDU kann sich vorstellen, den Hilde-Domin-Saal für politische Veranstaltungen zu sperren, da er aufgrund der Vita Domins besonders sensibel zu behandeln sei.

> Wird die Vergabe öffentlicher Räume ganz neu geregelt? Ginge es nach dem OB und der Verwaltung, würden die Hürden für eine Vermietung an Parteien steigen. Würzner wollte schon vor längerer Zeit politische Veranstaltungen komplett aus städtischen Räumen verbannen, scheiterte aber am Gemeinderat. Schließlich sind alle Parteien auf Räume für ihre Veranstaltungen angewiesen. Mit der Debatte um die Stadtbücherei kommt nun wieder Bewegung in die Diskussion.

> Wie könnte eine Neuregelung aussehen? Dazu liegen dem Gemeinderat bereits Anträge vor: Linke/Piraten, Bunte Linke, Grüne und Waseem Butt fordern, dass öffentliche Räume nur noch für öffentliche Veranstaltungen zur Verfügung stehen. Die Grün-Alternative Liste hält das ebenfalls für möglich. CDU, SPD, Heidelberger und AfD sind dagegen. Die SPD will aber öffentliche Werbung für nicht-öffentliche Veranstaltungen verbieten. Dadurch sollen interne Besprechungen - etwa Klausurtagungen - weiter möglich sein, nicht aber halb-öffentliche Veranstaltungen, wie sie die AfD in der Stadtbücherei organisiert hat.

> Wie geht es weiter? Die Anträge wurden in der gestrigen Gemeinderatssitzung in die Fachausschüsse verwiesen. Dort werden sie inhaltlich diskutiert. Die Verwaltung will zudem einen Vorschlag für eine Neuregelung ausarbeiten und dem Gemeinderat noch vor der Sommerpause unterbreiten.

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