Heiscreen wehrt sich gegen Vorwürfe (Update)
Keine Anhaltspunkte für Insiderhandel – Heidelberger Uniklinikum früh in die PR-Kampagne eingebunden – Negatives Medienecho behindert Einführung des marktreifen Bluttests

Von Klaus Welzel
Heidelberg. Natürlich: Die Medien sind schuld. So schreibt es die Heiscreen GmbH in einer aktuellen Mitteilung: "Aufgrund der gegenwärtigen Berichterstattung in verschiedenen Medien zu dem am 21. Februar 2019 in Düsseldorf vorgestellten Bluttest sowie den diesbezüglichen Vorgängen am Universitätsklinikum Heidelberg wird es zu Verzögerungen bei der Markteinführung des Tests kommen."
Will heißen: Ohne die intensive Berichterstattung in der Rhein-Neckar-Zeitung (der bundesweit viele andere Medien folgten) wäre der mittels einer großen PR-Kampagne gepriesene Bluttest zur Brustkrebsfrüherkennung schon bald in deutschen Frauenarztpraxen erhältlich. Wobei: Das Wörtchen "früh" - auch darauf weist Heiscreen hin - sei von den Bluttestvermarktern selbst niemals genannt worden. Noch so eine Medien-Fehlleistung?
Am vergangenen Montag tagten die Gesellschafter der Heidelberger Firma, um ein Scherbengericht abzuhalten. Über die Sitzung wurde Stillschweigen vereinbart - sehr zum Ärger des Heidelberger Universitätsklinikums. Jetzt gibt es mit einer Woche Verspätung eine fünfseitige Erklärung.
Erster und damit wohl auch wichtigster Punkt aus Sicht von Heiscreen: Der Verdacht auf einen möglichen Insiderhandel an der Börse von Shenzhehn ist völlig aus der Luft gegriffen. Weder gebe es eine geschäftliche Verbindung zwischen der deutschen Heiscreen GmbH und der chinesischen HeiScreen NKY-China GmbH noch mit der chinesischen NKY Medical Holding Ltd.. Der Kurs der letztgenannten Firma zeigte auffällige Parallelen zu Forschungs- und Publikationsfortschritten mit dem Heidelberger Bluttest - deshalb geht die Mannheimer Staatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität dem Verdacht des Insiderhandels nach. Die RNZ hatte als erstes Medium darüber berichtet.
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Wert legt Heiscreen auch auf die Feststellung, dass die umstrittene Pressemitteilung vom 21. Februar sowie ein ausführliches Interview mit dem Blutest-Erfinder Prof. Christiof Sohn in der "Bild"-Zeitung vom selben Tag "im Detail abgestimmt" gewesen sei. Auch darüber hatte die RNZ zuerst berichtet. Das Interview habe dem Vorstand des Uniklinikums "mehr als zwei Wochen" vor der Veröffentlichung vorgelegen.
Bezüglich der Pressemitteilungen seien auch "eigene Vorschläge" des Vorstandes eingearbeitet worden. Zudem sei der Vorstand in die Vorbereitung der Pressekonferenz mit eingebunden gewesen. Unklar ist, wen Heiscreen mit "der Vorstand" meint. Nach Kenntnissen der RNZ war auf jeden Fall der Dekan der Medizinischen Fakultät, Prof. Andreas Draguhn, gut involviert - ebenso die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit am Uniklinikum, Doris Rübsam-Brodkorb. Die beiden weiblichen Vorstände Prof. Annette Grüters-Kieslich und Irmtraut Gürkan versicherten dagegen im RNZ-Interview, sie seien "erst zwei Tage zuvor" (Grüters-Kieslich) mit dem fertigen Interview-Text für "Bild" konfrontiert worden - lediglich für einige inhaltliche Korrekturen habe da die Zeit noch gereicht.
Eine Rechnung der Agentur Deekeling Arndt/Amo legt allerdings den Schluss nahe, dass die Zusammenarbeit in Sachen PR sehr eng gewesen sein muss. Darin sind zum Beispiel tägliche Telefonkonferenzen und auch Absprachen detailliert aufgelistet. So steht es auch in diversen E-Mails, über deren Inhalt die RNZ berichtete.
Auf RNZ-Anfrage ergänzte der Klinikumsvorstand am Dienstag die Heiscreen-Mitteilung: "In die strategische Gesamtkonzeption waren weder Vorstand noch Pressestelle eingebunden. Dennoch bekennt sich der Vorstand zu seiner Mitverantwortung für diese Kommunikationsarbeit. Die Vorgänge werden intensiv aufgearbeitet, und wir werden durch eine Neuordnung von Prozessen und Verantwortlichkeiten für unsere Tochtergesellschaften und deren Ausgründungen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass so etwas nicht mehr passieren kann."
Bestätigt hat der Vorstand, dass immer noch am Bluttest in Heidelberg geforscht werde. Heiscreen schreibt dazu: "Das Forschungsteam des Uniklinikums Heidelberg und der deutschen Heiscreen GmbH arbeiten derzeit mit Hochdruck an der Veröffentlichung der dem Test zugrunde liegenden Forschungsergebnisse." Klinische Studien auch außerhalb Deutschlands seien geplant.
Über die Zukunft des Bluttests schreibt Heiscreen: "Das Forschungsteam des Uniklinikums Heidelberg und der deutschen Heiscreen GmbH arbeiten derzeit mit Hochdruck an der Veröffentlichung der dem Test zugrundeliegenden Forschungsergebnisse." Dazu seien klinische Studien auch außerhalb Deutschlands geplant.
Wert legt Heiscreen auf die Feststellung, dass der Bluttest nicht als Test zur Brustkrebsfrüherkennung seitens der Firma angepriesen worden sei. Dies sei alleine durch die Medien in den Test hineininterpretiert worden. Heute sehe man den Test vielmehr als probates Mittel "im Rahmen einer Verlaufskontrolle einer Brustkrebserkrankung" - oder "bei einer Subgruppenbetrachtung". Auf jeden Fall halte die Firma, deren Firmenzweck ja einzig die Vermarktung des Bluttests ist, an dem Test fest.
Update: Dienstag, 7. Mai 2019, 19.48 Uhr