Was die RNZ so einzigartig macht
Die Verlegerin und Chefredakteurin Inge Höltzcke über ein ideales Arbeitsumfeld und die Herausforderungen der Zukunft

Heidelberg. Die Rhein-Neckar-Zeitung ist ein Familienunternehmen – und das in vielerlei Hinsicht: Inge Höltzcke vertritt die Gründerfamilie Knorr in der dritten Generation. Seit 1990 arbeitet die studierte Historikerin und Lateinerin für das Haus, dessen Geschäftsführerin, Herausgeberin und Chefredakteurin sie heute in einer Person ist. Im Gespräch mit Chefredakteur Klaus Welzel spricht sie über die Zukunft von Zeitung und die Frage, weshalb sich die Mitarbeiter hier so wohl fühlen.
Frau Höltzcke, was macht aus Ihrer Sicht einen guten Journalisten aus?
Ein guter Journalist braucht viele Qualitäten. Das Wichtigste: Er sollte gerne und gut schreiben. Auch unter Zeitdruck. Er sollte außerdem in der Lage sein, sich schnell in neue Themen einzuarbeiten und komplexe Sachverhalte verständlich und einfach zu transportieren. Was Journalisten außerdem brauchen: Mut und Rückgrat. Sie stehen in der Öffentlichkeit und damit immer auch in der Kritik.
Hintergrund
Grußwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum 75. Jubiläum der Rhein-Neckar-Zeitung
Die Rhein-Neckar-Zeitung ist älter als das Grundgesetz. Nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur machten sich etliche Frauen und Männer daran,
Grußwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum 75. Jubiläum der Rhein-Neckar-Zeitung
Die Rhein-Neckar-Zeitung ist älter als das Grundgesetz. Nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur machten sich etliche Frauen und Männer daran, eine demokratische Grundordnung aufzubauen. Zu ihnen zählte Theodor Heuss, der schließlich als erster Bundespräsident das höchste Staatsamt in der noch jungen Bundesrepublik wahrnahm. Doch schon vier Jahre zuvor, 1945, rief Theodor Heuss gemeinsam mit Rudolf Agricola und Hermann Knorr eine Tageszeitung als Sprachrohr der nunmehr freien Presse ins Leben.
75 Jahre Rhein-Neckar-Zeitung – das ist ein Jubiläum, das auch weit über das Verbreitungsgebiet des Traditionsblattes hinaus Bedeutung hat. Es steht stellvertretend für die unabhängige Presse in unserem Land, die für eine lebendige Demokratie unabdingbar war, ist und bleibt. Aus gutem Grund gilt die Presse als vierte Gewalt im Staat. Sie beleuchtet Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven und hinterfragt politisches Handeln, sie informiert und kommentiert – kritisch, fundiert und gut begründet.
Die Rhein-Neckar-Zeitung bringt in ihren täglichen Ausgaben die hohe Verantwortung der Presse für die Meinungsbildung mit ihrem Leitwort zum Ausdruck: "Mens agitat molem" – "Der Geist bewegt die Materie". In der Tat sind sorgfältig recherchierte und in Redaktionen geprüfte Artikel als wichtige Grundlagen der öffentlichen Diskussion unverzichtbar – gerade auch bei der Suche nach Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit wie die Corona-Pandemie oder den klimatischen, digitalen und demografischen Wandel.
Trotz der verantwortungsvollen Rolle, die die Presse im demokratischen Gemeinwesen einnimmt, ist es keineswegs selbstverständlich, dass sich eine Zeitung in unserer vielfältigen Medienlandschaft jahrzehntelang behauptet. Das kann nur mit durchgängig anspruchsvoller journalistischer Arbeit gelingen. Und eben darin liegt das breite Vertrauen begründet, das die Rhein-Neckar-Zeitung genießt und das ich ihr auch künftig wünsche.
Herzlich gratuliere ich zu 75 Jahren RNZ!
Angela Merkel
Bundeskanzlerin
Wie fanden Sie selbst in den Beruf? War es für Sie schon früh klar, dass Sie einmal in die Rhein-Neckar-Zeitung einsteigen werden?
Eigentlich war es mein großer Wunsch, Medizin zu studieren. Lange Zeit habe ich es bedauert, dass ich diesen Weg nicht eingeschlagen habe. Heute bin ich froh, dass alles ganz anders gekommen ist. Ich habe Latein und Germanistik studiert und nach dem Staatsexamen in der RNZ ein Volontariat begonnen. Das hat mir sehr viel Freude bereitet. Auch die spätere Arbeit in den Lokalredaktionen. Es ist immer spannend. Man bekommt Einblick in so viele verschiedene Lebensbereiche, man hat mit so vielen verschiedenen Menschen zu tun. Das empfand ich als große Bereicherung. In der Zeitung einmal Karriere zu machen, das war gar nicht in meinem Fokus. Ich glaube, ich hätte ewig in der Regionalredaktion arbeiten können. Irgendwie ist es dann anders gekommen. Und heute blicke ich auf ein erfülltes Berufsleben zurück. Das mit der Medizin habe ich längst vergessen. Im Gegenteil: Ich glaube, mein Job in der RNZ ist genau das Richtige für mich. Ich liebe es, hier zu arbeiten.
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Was hat Sie als Erstes überrascht?
Überrascht hat mich der Führungsstil in unserem Familienunternehmen. Es gab wenig Kontrolle und die Chefs hielten sich so ziemlich aus allen Alltagsquerelen heraus. Die Redaktionen wussten, was sie zu tun hatten. Sie waren selbstbewusst und engagiert. Eingemischt wurde sich von oben nur, wenn es wirklich um etwas ging. Diese Freiheit, die uns hier gegeben wurde, lernte ich im Laufe der Jahre immer mehr zu schätzen. Es ist genau das Umfeld, das Redakteure und Journalisten brauchen. Größtmögliche Freiheit, aber auch die Gewissheit, dass sie, wenn es dann doch mal Ärger gibt, die Chefredaktion hinter sich haben.
Die Rhein-Neckar-Zeitung versteht sich als starke Regionalmarke – gibt es ein bestimmtes Ereignis, das Ihnen die zeigte: Ohne Tageszeitung geht es nicht?
Ich glaube nicht, dass es das ganz besondere Ereignis, ist, was mir das Gefühl gab: Tageszeitung ist unersetzlich. Es sind die vielen kleinen Ereignisse in der Region, die mich bewegen und mir deutlich machen: "Ohne Tageszeitung geht es nicht". Das mag heute ein Schulfest sein, morgen ein Jahrhunderthochwasser, übermorgen ein Gemeinderatsbeschluss. Natürlich steigt das Interesse bei epochalen Themen wie Corona ganz besonders. Vor allem wenn es lokal heruntergebrochen wird. Aber Tageszeitung ist mehr. Sie ist ein täglicher Begleiter, sie erklärt mir und uns die Welt und das Geschehen vor Ort. Das schafft eine große Bindung und macht Zeitung für mich unersetzlich.
Hintergrund
Liebe Leserinnen und Leser,
75 das ist eine stolze Zahl. Seit so vielen Jahren bemühen sich Frauen und Männer, für die Rhein-Neckar-Region die optimale Zeitung zu konzipieren. Anfangs ging es um den demokratischen Wiederaufbau des Landes. Später wehten
Liebe Leserinnen und Leser,
75 das ist eine stolze Zahl. Seit so vielen Jahren bemühen sich Frauen und Männer, für die Rhein-Neckar-Region die optimale Zeitung zu konzipieren. Anfangs ging es um den demokratischen Wiederaufbau des Landes. Später wehten heftige innenpolitische Stürme über uns hinweg. Wir rieben uns an demonstrierenden Studierenden, an radikalen Umweltschützern, an Ewiggestrigen, an Kriegstreibern und Polemikern – und in aller Regel an den regierenden Parteien.
Der Beruf des Journalisten ist nun einmal einer, bei dem man viel aneckt. Erst vor wenigen Jahren entdeckten wir, dass es eine regelrechte Lust – auch – auf gute Nachrichten gibt. Seither ist die Welt zwar nicht besser geworden, aber das Positive findet seinen Platz in der RNZ, der Familienzeitung mit Anspruch. Denn auch darum geht es im Zeitungsgeschäft: Lebenslanges Dazulernen, Hintergründe darstellen, nicht immer der offensichtlichen Spur folgen, stattdessen lieber die Geschichte hinter der Geschichte suchen.
In der RNZ-Redaktion, die diese Sonderbeilage gestaltete, arbeiten 80 Redakteurinnen und Redakteure sowie Volontärinnen und Volontäre an 300 Tagen im Jahr daran, Sie, liebe Leserinnen und Leser, über alles Wesentliche in der Region und in der Welt zu informieren. Hinzu kommen die Onlinedienste – der moderne Nachrichtenstrom kennt keinen Redaktionsschluss mehr.
Auf 40 Seiten zeigen wir Ihnen heute, woher wir kommen, wer alles mit dabei war und Karriere machte und, was wir noch alles vorhaben. Eine ganze Menge. Dazu geben wir Einblicke in die Produktion der Zeitung – sowohl online als auch print. Und wer diese Beilage genau liest, kann sich an unser Jubiläumsrätsel auf Seite 32 heranwagen. Dort wird ein Lösungssatz gesucht, der viel mit uns zu tun hat, und der in diesem Fall Türöffner für ein entspanntes verlängertes Wochenende in Tirol sein kann. Lassen Sie sich überraschen.
In Jubiläumsjahren lädt die RNZ normalerweise zum Leserfest. Coronabedingt fällt diese Großveranstaltung zum 75. leider aus. Erfreuen Sie sich stattdessen an dieser Beilage – und bleiben Sie vor allem gesund!
Ihr Klaus Welzel
Worin sehen Sie die wichtigste Aufgabe einer Tageszeitung?
Die wichtigste Aufgabe sehe ich auch heute noch darin, das regionale, aber auch globale Geschehen im Großen und Ganzen in Wort und Bild wiederzugeben. Auch wenn Vieles im Netz schon Stunden vorher bekannt ist. Der Vorteil einer Tageszeitung: Ich kann mein eigenes Tempo bestimmen. Ich habe die Möglichkeit, einen Beitrag auch zwei Mal zu lesen oder etwas länger an einem besonderen Bild zu verweilen. Online bekomme ich die Nachricht schnell, aber genauso schnell ist sie unter Umständen wieder weg oder erneuert. Zeitung ist nachhaltiger, beständiger, soll darüber hinaus auch Meinung schaffen, Ereignisse einordnen und kommentieren. Sie sollte dazu beitragen, in der komplexen Welt Orientierung zu finden. Nicht zu vergessen den demokratischen Auftrag. Zeitung bietet die Möglichkeit, politische Entscheidungen zu hinterfragen und zu kritisieren.
Unser Haus ist auch online sehr aktiv. Wie sieht denn Ihr persönliches Nutzerverhalten aus? Wie viel Zeit verbringen Sie auf der Homepage rnz.de oder im E-Paper?
Wir haben inzwischen ein ausgezeichnetes E-Paper, das ich persönlich täglich nutze. Ich gehöre zwar mit 56 Jahren zu der Generation, die eigentlich noch printaffin ist. Aber unser E-Paper finde ich großartig. Und das sage ich nicht, weil ich Werbung machen möchte. Ich lese schon am Abend, was die Themen von morgen sind. Die Qualität der Bilder ist durch die hohe Auflösung im Netz brillant. Ich hätte nie gedacht, dass ich Zeitung einmal so gerne digital nutzen werde. Und wenn ich nachts mal wach werde, dann packt mich die Neugierde, ich schnappe ich mir das Tablet und blättere durch unsere Seiten. Manchmal wacht dabei mein Mann auf und meint schmunzelnd: Ach, liest du wieder die RNZ. Zugegebenermaßen nutze ich seit ein, zwei Jahren die RNZ digital und online mehr als Print.
Was lesen Sie abends als erstes – und was lesen Sie am Morgen zuerst?
In den letzten Monaten lese ich abends immer zuerst den Corona-Aufmacher auf Seite 1 und die Tabelle mit den Zahlen der Neuinfektionen auf der Politikseite. Morgens beim Frühstück lese ich dann die Kommentare und die Ecke, Lokales und auch gerne die Wirtschaft.
Hintergrund
Die Gründung der RNZ
5. September 1945: Die Journalisten Dr. Hermann Knorr, Dr. Rudolf Agricola und Dr. Theodor Heuss erhalten aus den Händen des US-Oberst John Stanley die Lizenz No. 9 zur Gründung einer Zeitung (Foto oben links). Alle drei sind unter 60
Die Gründung der RNZ
5. September 1945: Die Journalisten Dr. Hermann Knorr, Dr. Rudolf Agricola und Dr. Theodor Heuss erhalten aus den Händen des US-Oberst John Stanley die Lizenz No. 9 zur Gründung einer Zeitung (Foto oben links). Alle drei sind unter 60 Interessierten herausgefiltert worden. Bedingung ist ihr demokratisches Verständnis und der Wille, gemeinsam den Kurs der künftigen Zeitung zu steuern.
Männer mit publizistischer Erfahrung: Alle drei arbeiten bereits zuvor als Redakteure. Hermann Knorr war Redakteur beim "Neckarboten" gewesen und saß als ehemaliger SPD-Landtagabgeordneter und Gewerkschafter gleich zweimal während der NS-Diktatur in Haft – einmal für mehrere Wochen im KZ Dachau. Die Nazis belegten ihn mit einem Publikationsverbot. Theodor Heuss war Chefredakteur der Heilbronner "Neckarzeitung" gewesen. Ebenfalls ein politisch Aktiver, der für die Liberalen im Reichstag bis zu dessen Zwangsauflösung saß. Auch Rudolf Agricola war bereits vor seiner RNZ-Zeit Journalist gewesen, der Ladenburger Kommunist hatte für die "Neue Badische Landeszeitung" in Mannheim gearbeitet sowie für die "Sozialistischen Monatshefte". Ihn verurteilte das NS-Regime aus politischen Gründen zu acht Jahren Zuchthaus.
Die Startauflage der RNZ beträgt 200.000 Exemplare. Als neben der Lokausgabe noch eine "Zonenausgabe" hinzukommt, klettert die Zahl der Druckexemplare auf 360.000 pro Ausgabe. Stets vier Seiten – sowohl das Zeitungspapier als auch die Farbe werden nämlich von den Besatzern kontingentiert.
31. August 1948: Die Epoche des parteiübergreifenden gemeinsamen Aufbruchs endet. Rudolf Agricola nimmt eine Professur in Halle an der Saale, in der späteren DDR, an.
12. September 1949: Theodor Heuss wird erster Bundespräsident – damit endet seine RNZ-Herausgeberschaft. Hermann Knorr führt fortan die Geschicke der Zeitung. Seine Söhne Winfried und Ludwig treten später das Erbe an. Heute leiten die Enkel von Hermann Knorr – Inge Höltzcke, Joachim Knorr und Michael Gindele – die RNZ und ihre Tochterfirmen.
Wo sehen Sie die Zukunft der RNZ?
Wir sind optimistisch, dass es uns gelingt, auch in der dritten Generation als Familienunternehmen am Markt erfolgreich zu bestehen. Trotz allgemeiner Krisenstimmung in den Verlagen, trotz Corona-Pandemie. Wir Menschen haben alle ein großes Bedürfnis, uns zu informieren. Und diesem Bedürfnis wollen wir als regionale Tageszeitung bestmöglich gerecht werden. Natürlich haben sich die Lesegewohnheiten der Menschen geändert. Das fordert uns als Verlag heraus. Die Vertriebsschiene über die gedruckte Zeitung funktioniert nicht mehr so gut wie früher. Es gilt, die Kanäle im Netz ebenfalls bestmöglich zu bespielen, wie Web-Auftritt, Facebook, Instagram und Twitter.
Im Redaktionsalltag tobt ja immer ein Kampf um den Platz, weil ja doch ein paar Dinge mehr passieren, als in die Zeitung passen. Glauben Sie, dass sich dieses Thema online erledigt? Oder verhält es sich nicht vielmehr so, dass meist nur das gelesen wird, was vorne steht?
Das Wichtigste sollte immer oben stehen. Das gilt für online eigentlich noch strenger als bei der gedruckten Zeitung. Hier sucht der Leser die schnelle Neuigkeit. Im Print sind wir darüber hinaus in der Lage, übergreifende und selbstgesetzte Themen als Tagesthema und mithilfe eines gestalteten Bildes nach vorne und nach oben zu bringen.
Wie lesen denn Ihre Kinder die RNZ?
Sie sind wie alle jungen Leute: Sie bewegen sich überwiegend in den sozialen Netzwerken. Immerhin haben sie den RNZ-Newsletter und das E-Paper abonniert. Manchmal schicken sie mir Beiträge über WhatsApp, die sie in der RNZ gelungen finden. Und ich wiederum schicke ihnen Berichte oder Fotos, die sie interessieren oder bewegen könnten. Da herrscht dann ein reger Austausch. Auch verfolgen sie meine Arbeit in der RNZ mit großem Interesse. Die RNZ ist unser Leben, unser tägliches Gesprächsthema in der Familie. Damit sind sie und bin auch ich großgeworden.
Familie ist ein Schlüsselwort bei Ihnen: Wie wirkt sich das auf Ihre Arbeit aus?
Heute sind meine vier Kinder junge Erwachsene. Die Jüngste hat gerade Abitur gemacht. Insofern genießen mein Mann und ich tatsächlich wieder mehr das Leben zu zweit und natürlich ist dann auch das Arbeiten leichter, da man mehr Freiraum hat als mit kleinen Kindern. Familie ist schon ein großes Gut. Es schafft Halt und Rückzugsmöglichkeiten, was auch für ein Berufsleben wichtig ist. In einer großen Familie ist es oft turbulent, man lernt, täglich zu entscheiden, was wirklich wichtig ist und was auch morgen erledigt werden kann. Schnell und mit Augenmaß Entscheidungen zu treffen: Diese Fähigkeit braucht man in der Familie, aber auch im Job.
Als Sie 1990 hier anfingen, haben Sie sich die Zeitungszukunft so schnelllebig vorgestellt, wie sie heute ist?
Das habe ich mir natürlich nicht so vorgestellt. Aber es nützt nichts, den alten Zeiten nachzutrauern. Die Digitalisierung und den damit einhergehenden schnellen Wandel von Arbeitsabläufen gilt es zu akzeptieren und sich hier einzufinden. Da hilft es nicht, die alten Zeiten herbeizusehnen. Da heißt es, mitmachen und sich den neuen Herausforderungen zu stellen. Das sind wir hier in der RNZ meines Erachtens auf einem guten Weg.
Im Jahre 2000 öffnete sich das Internet für die breite Masse, sieben Jahre später kam das erste Smartphone auf den Markt, womit heute über 60 Prozent der RNZ-Online-Artikel konsumiert werden. Sehen Sie eine Grenze für Informationen? Kann es auch einmal zu viel werden?
Die Nutzer oder Leser entscheiden am Ende selbst, ob es ihnen zu viel wird. Zugegeben: Das Nutzungsverhalten wird vielfältiger. Wir haben heutzutage die Möglichkeit, uns über so viele Kanäle, quasi rund um die Uhr, Informationen zu beschaffen. Ob das für die Seele der Menschen wirklich so gut ist? Es ist stressig – für diejenigen, die Nachrichten verbreiten, aber auch für die, die sie konsumieren.
Je mehr Nachrichten auf den Markt kommen, umso mehr verlangt es nach einem guten Lotsen?
Die Lotsenfunktion ist gerade in Zeiten der Globalisierung und der Schnelllebigkeit von Informationen wichtiger denn je. Wir Menschen brauchen Orientierung in einer Welt, die immer komplexer wird und uns ständig vor neue Herausforderungen stellt.
Eine wichtige Aufgabe von Zeitung besteht darin, Hintergründe auszuleuchten.
Die RNZ bringt für eine regionale Tageszeitung durchaus viele Hintergrundgeschichten. Die werden auch immer wichtiger, da die reinen Fakten vielen Lesern durch online schon bekannt sind. Gute Hintergründe erfordern intensive Recherche und hochwertigen Journalismus. Daran halten wir fest, gerade in Zeiten, in denen die Bürger durch Fake News im Netz oft verunsichert werden.
Als Verlegerin und Chefredakteurin treffen Sie immer wieder interessante Persönlichkeiten. Wer fehlt noch?
Wollen Sie eine ehrliche Antwort? Ich bin nicht der Typ Mensch, der davon träumt, sich mit interessanten Persönlichkeiten zu treffen. Ich freue mich natürlich sehr, wenn ich ab und an die Möglichkeit dazu habe. Am meisten schätze ich das Gespräch mit Personen, die etwas Interessantes zu erzählen haben, die bewegende Geschichten erlebt haben, die ein Schicksal gemeistert haben. Dass der Job mir hierfür die Gelegenheit bietet, dafür bin ich sehr dankbar.
Haben Sie schon jemanden Prominentes getroffen, bei dem Sie sagen würden, diese Person hätten Sie lieber nicht näher kennengelernt?
Es gibt natürlich Begegnungen, die nicht immer positiv sind. Vor vielen Jahren hatte der umstrittene Konzert-Impressario Matthias Hoffmann den Star-Tenor Plácido Domingo in den Schwetzinger Schlossgarten eingeladen. Ich schrieb damals den Bericht für die Schwetzinger Ausgabe. Domingo gab uns die Gelegenheit, die Pressekarten zu signieren. Als ich an der Reihe war, herrschte mich Hoffmann an mit den Worten: "Es gibt keine Autogramme, Sie haben wohl eine schlechte Erziehung." Da war ich schon konsterniert. So etwas hatte ich noch nicht gehört. Domingo gab mir dann trotzdem das Autogramm. Ich habe es heute noch.
Was machen Sie eigentlich, wenn Ihnen einmal ein Artikel im eigenen Blatt so gar nicht gefällt?
Das kommt selten vor. Und wenn, dann gilt es, das anzusprechen. Aber immer behutsam und mit Augenmaß. Am schlimmsten ist eine vernichtende Kritik. Das verletzt und demotiviert nur und wirkt sich dann nicht unbedingt förderlich auf die Leistungsbereitschaft aus.
Noch ein paar Fragen zur Zukunft: Die Familie Knorr führt die RNZ mit Ihnen und Ihren beiden Cousins bereits in der dritten Generation. Steht die vierte Generation schon parat?
Wie Sie wissen, habe ich vier Kinder, drei Jungen und ein Mädchen. Die jüngeren tendieren eher in die naturwissenschaftliche Richtung. Die beiden Älteren sind nächstes Jahr mit ihrem Master-Studium fertig. Sie haben Interesse, hier zu arbeiten.
Eine Frau an der Spitze ist immer noch selten. War es für Sie eine besondere Situation, in dieser Rolle zu agieren?
Ich habe mich daran gewöhnt, oft allein unter Männern zu sein. In den Anfangsjahren war es schwierig für mich, den eigenen Weg zu finden. Es gab ja wenig typische Frauenvorbilder. Und in der von meinen Vorfahren geprägten Zeit herrschte das Patriarchat. Ein paar Prämissen aber habe ich mir von Anfang gesetzt, um nicht in das traditionelle, klischeehafte Frauenbild hineingepresst zu werden. Bloß nicht in Tränen ausbrechen, wenn es mal nicht läuft. Und nie ungefragt über die Kinder oder übers Kochen reden. Inzwischen habe ich dank des Alters mehr Selbstbewusstsein. Ich bin einfach eine Frau. Ich führe anders als Männer, zumindest als die Generation unserer Väter. Mehr im Team, mehr im sozialen Miteinander.
Würden Sie mir widersprechen, wenn ich behaupte, die gedruckte Zeitung wird es – vielleicht nicht an jedem Wochentag, aber dennoch – auch in 75 Jahren noch geben?
Ich würde es mir wünschen. Aber wenn die digitale Entwicklung in dem rasanten Tempo wie momentan weitergeht, dann befürchte ich, dass es die gedruckte Zeitung spätestens in 30 Jahren nicht mehr geben wird. Bis dahin sollten wir unser Geschäftsmodell im Digitalen so ausgerichtet haben, dass wir weiterhin bestmöglich informieren können.
Was zeichnet die RNZ ganz besonders aus?
Unser Bekenntnis zum Lokalen. Unsere Verwurzelung in der Region. Wir berichten für die Menschen von hier. Und wir schätzen die Nähe zu den Bürgern. Jeden Tag bestmöglich zu informieren, zu kommentieren, weiterzubilden, auch zu unterhalten, das ist unser aller Ehrgeiz. Dafür arbeiten wir. Mit Engagement und Leidenschaft.
DIE MITHERAUSGEBER

Joachim Knorr ist und bleibt ein Papierfan
Dieser Mann ist ein Papierfan. Das hat viel mit der beruflichen Laufbahn von Joachim Knorr zu tun, der ebenso wie sein Halbbruder Michael bei der RNZ in Buchen erste berufliche Erfahrungen sammelte: als Schriftsetzer. Damals vollzog sich der Wandel vom Blei- zum Fotosatz. Heute, im Zeitalter der Digitalisierung, gibt es nur noch Mediendesigner. Der Sinn der Tätigkeit ist jedoch der gleiche: Der Zeitung ein schönes Gesicht zu geben.
Es gibt nur noch wenige Menschen, die wie Knorr diesen Beruf von der Pike auf gelernt haben. Der Chef vom Dienst (er teilt ein, welche Redaktion wie viel Platz erhält und wo die Anzeigen stehen) weiß also ganz genau, was er tun muss, zumal er nach seiner technischen Ausbildung noch in der RNZ-Redaktion in Buchen volontierte. Später schloss sich die Ausbildung zum Personalfachkaufmann an.
Der gebürtige Heidelberger (aufgewachsen in Buchen) ist übrigens ein großer Fan des Lokaljournalismus. Dass die RNZ seit Dezember 1945 mit dem Lokalen bereits auf der dritten Seite startet, empfindet Knorr als Wettbewerbsvorteil.
Papier oder Online? Für Joachim Knorr ist diese Frage schnell beantwortet. "Ich möchte morgens nicht in einen Bildschirm gucken, sondern in die Zeitung." Das ist so ein typischer Knorr-Satz. Geradlinig. Kurz. Mit Aussage. Vielleicht typisch für einen Familienunternehmer wie ihn. Wobei der Geschäftsführer betont, selbstverständlich gehe auch diese Zeitung mit der Zeit – was man ja auch angesichts des üppigen Onlineangebots der RNZ sichtbar nachvollziehen kann.
Als Unternehmer ist Knorr die Nachhaltigkeit besonders wichtig. Nur ein Merkmal von vielen: Das RNZ-Papier hat einen Recyclinganteil von 90 Prozent. Nachhaltig ist auch sein Hobby in Sachen Tierschutz (Pate eines Esels im Heidelberger Zoo) und sein Engagement im ökumenischen Netzwerk "Der Grüne Gockel", das sich dem Umweltschutz verschrieben hat. Wen wundert es, dass der Familienvater von zwei Kindern für sich und seine Frau noch einen Wohnort im Grünen wählte: Bammental.
Michael Gindele hat ein Auge fürs Detail

Michael Gindele ist ein Mensch, der optimistisch in die Zukunft blickt. "Anders ginge es auch gar nicht in diesem Beruf", sagt der 44-jährige RNZ-Mitherausgeber. Und lacht sein typisches Lachen. Versteht sich, dass der gebürtige Heidelberger, der Teile seiner Jugend im Odenwald aufwuchs, dieser Zeitung eine große Zukunft voraussagt. Denn es geht immer weiter. Ob print oder digital, darüber entscheiden die Leser. "Aber Zeitung hat Zukunft", ist sich der verheiratete Familienvater von zwei Kindern sich. Und er kann sich durchaus vorstellen, dass auch diese sich später einmal in den Familienbetrieb RNZ einbringen werden.
Gindele selbst lernte erst den Beruf des Technischen Redakteurs in der Buchener RNZ-Dependance, ehe er an den Standort Mosbach wechselte, wo auch sein Vater Winfried einst volontierte. Im Anschluss ging es nach Heidelberg. Wertvolle Erfahrungen machte er hier beim "Boulevard Sonntag", den der RNZ-Verlag einst als Wochenendblatt herausgab.
Heute ist Gindele Technischer Geschäftsführer der Rhein-Neckar-Zeitung, was viel technisches Wissen, aber auch den Willen und die Fähigkeit zur Improvisation erfordert. Denn nicht immer macht die Druckmaschine, was die Drucker von ihr verlangen.
Ein gewisses Maß an Spontaneität fordert Gindele auch sein großes Hobby ab: das Bootfahren. Anders als sein Vater setzt er dabei jedoch nicht aufs Segeln, sondern auf Motorboote, weil man mittels dieser Gefährte fest avisierte Ziele ansteuern kann – ein schöner Ausgleich zur Arbeit.
Sein zweites Hobby sind Modelleisenbahnen. Gindele ist eben durch und durch ein Technikfan. Versteht sich, dass er und seine Kinder längst über ein ansehnliches Arsenal ebenso schöner wie auch begehrter Loks und Zugwaggons verfügen.
Bodenständigkeit, Zuverlässigkeit und eben dieser unverbesserliche Optimismus – das sind gute Voraussetzungen für einen Zeitungsmann. Typisch Gindele.