Symbolfoto: Picture Alliance
Von Constanze Werry
Weihnachten - für die einen die schönste Zeit des Jahres: das Fest der Liebe und der Familie. Harmonie, Fröhlichkeit, und natürlich soll an Heiligabend und den Feiertagen alles perfekt sein: Das kann einen aber auch schon mal unter Druck setzen und die Stimmung drücken. Meist sei der Weihnachtsblues harmlos und nur von kurzer Dauer, erklärt Prof. Svenja Taubner, Direktorin des Instituts für Psychosoziale Prävention am Universitätsklinikum Heidelberg. Doch leicht zu ertragen ist das Stimmungstief natürlich nicht - weder für die Betroffenen selbst noch die Angehörigen.
Brisante Gemengelage: Oft sind es die hohen Erwartungen, die zur weihnachtlichen Sinnkrise führen. Wenn einem beispielsweise klar wird, dass das familiäre Zusammentreffen den Ideal-Vorstellungen nicht gerecht werden kann. Ursache können aber auch die Anforderungen seitens Familie und Gesellschaft sein, denen man sich nicht gewachsen sieht. "Wenn man quasi glücklich sein muss." Letztlich könne das Stimmungstief aber auch Ausdruck einer allgemeinen Lebensunzufriedenheit sein, der man sich im Alltag so nicht bewusst sei, erklärt Taubner.
Eine biologische Komponente ist mitunter auch der winterliche Lichtmangel. Zur Weihnachtszeit kann dann aus dem Winterblues ganz schnell ein Weihnachtsblues werden.
Verstehen statt verdrängen: Wie bei allen Formen depressiver Verstimmung ist Bewegung das Mittel der Wahl. "Ein Spaziergang bringt einen auf andere Gedanken", erklärt Taubner. "Aber es geht nicht ums Verdrängen. Man sollte sich dem zuwenden, was einen eigentlich bedrückt." Was ist los? Warum fühle ich mich so? Im Sinne von Achtsamkeit: Was sind meine eigenen Bedürfnisse?
Roberto Rojas von der Universität Ulm rät dazu, im Zweifelsfall "einfach mal Nein zu sagen" und zu akzeptieren, dass das Weihnachtsfest nicht perfekt sein muss. Auch automatisierte Weihnachtsrituale sind kein Garant für ein gelungenes Fest. Familienrituale sollten sich den tatsächlichen Lebensbedingungen und veränderten Wertevorstellungen anpassen.
Offen sein: Wer fürchtet, mit der eigenen Stimmung die der anderen zu verderben und eine allzu schlechte Gesellschaft zu sein, sollte sich reiflich überlegen, ob er wirklich an Weihnachten allein bleiben will. "Allein sein ist ganz schlecht", so Taubner. Sie hält es für besser, die persönliche Stimmungslage offen anzusprechen. Ansonsten reagieren Angehörige oft besorgt, mit Schuldgefühlen oder sogar Wut. "Man kann um Verständnis bitten und darum, das Ganze nicht persönlich zu nehmen."
Für die Angehörigen sei das mitunter nicht einfach. Am besten sollten Betroffene aber unterstützt werden. "Da sind vonseiten der Familie einfach Geduld und Einfühlungsvermögen gefragt", so die Expertin.
Konflikte nicht verdammen: "Wir wollen nicht streiten." Unter dieser Prämisse finden sich viele Familien alljährlich zusammen. Wenn sich jedoch alle Familienmitglieder nach längerer Zeit mal wieder treffen, kommen zwangsläufig oft Konflikte auf den Tisch, die während des Jahres unter der Decke gehalten wurden. "Man sollte solche Konflikte nicht als Störung begreifen, sondern als Möglichkeit zur Veränderung", erläutert Taubner. Die Voraussetzung sei natürlich, dass man sich gegenseitig auch verstehen möchte. Da muss man natürlich übereinstimmen. "Dann hat man aber auch wirklich die Möglichkeit, den Teufelskreis zu durchbrechen."