Vanlife

Montenegro macht Probleme

Manche Länder sind sehr gut fürs Leben im Van geeignet, andere eher weniger

18.07.2019 UPDATE: 20.07.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 23 Sekunden

Nach einigen Strapazen könne Sarah und ihr Freund Mathias am Abend doch noch gemütlich am Fluss sitzen. Die wackelige Hängebrücke haben sie gemieden. Foto: privat

Von Sarah Kringe

Die Hängebrücke liegt am Ende eines holprigen Waldwegs. Sie besteht aus zwei Betonbögen, an denen dicke, rostige Stahlseile hängen und ist keine drei Meter breit. Die Bretter, die die montenegrinische Seite des Flusses Tara mit der serbischen verbinden, haben schon bessere Zeiten gesehen. "Auf gar keinen Fall!" Ich versuche, so viel Nachdruck in meine Stimme zu legen, wie möglich. "Wir fahren da nicht mit dem Auto drüber!"

Aber Mathias hat seinen Indiana-Jones-Blick. "Du kannst ja zu Fuß gehen", sagt er, und klappt die Seitenspiegel ein, um durch den Betonbogen zu fahren. Ich steige aus und spurte ans andere Ende der Brücke, die unter meinen Füßen bedrohlich schwankt. Die hält den Bus nie aus, denke ich, und kommuniziere Mathias lautstark meine Bedenken. In meinem Kopf höre ich die Stimmen unserer beider Mütter, die mir vor der Abreise unisono eingebläut haben, "vernünftig" zu sein und "keine Risiken" einzugehen.

Es ist unser letzter Tag in Montenegro. Das Land hat von Anfang an Probleme gemacht. Vor ein paar Tagen hat uns ein nur mit einer Unterhose bekleideter Mann während einer Wanderung aufgehalten. Die Unterhose war alt und schäbig, leicht gelblich und über den Bund schwabbelte eine ordentliche Wampe.

Der Mann ließ sich schwitzend neben uns auf einer Bank nieder und sagte drei Worte: "Ranger. Passport. Money." Offenbar waren wir im Begriff, die bosnisch-montenegrinische Grenze zu überqueren und er wollte unsere Pässe sowie zwei Euro Eintritt kassieren.

Wir hatten in diesem Moment weder das eine noch das andere dabei. Als wir morgens zu unserer Wanderung im Sutjeska Nationalpark aufgebrochen sind, war uns nicht klar, dass sich das Ziel, ein Bergsee, bereits in Montenegro befindet. Außerdem sah der Mann in Unterhose nicht so aus, als ob er befugt wäre, Pässe oder Eintrittsgelder zu verlangen. Soweit wir das beurteilen konnten, betreibt er eine kleine Kafane am Ufer. Wir ignorierten ihn, machten es uns illegal in Montenegro am See bequem, und er startete seine Motorsäge. Willkommen in Montenegro! Bei der legalen Einreise dann hat ein - ordentlich gekleideter - Grenzbeamter unseren Bus inspiziert und die Axt gefunden, die wir zum Feuerholz machen benutzen. "This is a weapon. Penalty!" Glücklicherweise imponierte ihm aber die handwerkliche Arbeit, die in unserem Camper steckt und er hat uns nahe gelegt, die Axt gut zu verstecken, bevor er uns durchgewunken hat.

Ebenso nervenaufreibend gestaltet sich die Stellplatzsuche. Eine Nacht haben wir neben einem, wie wir glaubten, verlassenen Bahnhof geschlafen, an dem dann doch alle zwei Stunden ein Zug hielt. Gegen Mitternacht habe ich eine angespannte halbe Stunde neben dem Fenster verbracht und zu erkennen versucht, was die Leute mit ihren Taschenlampen draußen vorhaben. Im Durmitor Nationalpark waren wir anschließend drei Tage lang auf der Flucht vor den Parkrangern, die einen wo sie nur können zur Kasse bitten.

Auch dieser letzte Abend entwickelt sich langsam in eine ungute Richtung. Wir haben bereits viel Zeit, Energie und Benzin in die Suche nach einem Stellplatz investiert. Wir wollen Ruhe, Wasser und die Möglichkeit für ein Lagerfeuer. Das alles gibt es am anderen Ende der Hängebrücke. Wir haben allerdings beide keine Ahnung von Statik und schätzen die Situation völlig unterschiedlich ein: "Die Stahlseile sind so dick wie bei der Bergbahn, das hält!", behauptet Mathias. "Aber die Bretter sind alle morsch!", halte ich dagegen. Letzten Endes siegt die Vernunft, wir drehen um.

Die Stimmung ist unterkühlt. Als wir im Vorort der nächsten Stadt im Stau stehen, springt Mathias plötzlich vom Beifahrersitz und fragt einen Mann, der gerade sein Auto parkt, ob wir in seinem Vorgarten nächtigen dürfen. Wir dürfen. Er zeigt uns sein Grundstück, das sich bis zum Fluss hinunter erstreckt. "Please, enjoy, and welcome!", sagt er. Ein Lagerfeuer machen wir an diesem Abend nicht mehr. Aber immerhin sitzen wir entspannt am und nicht im Fluss.