Sonnenuntergang bei Falkau: Vergangenes Wochenende fiel am Feldberg besonders viel Schnee. Fotos: Katharina Eppert
Von Katharina Eppert
Schnee, Sport – Stille? Mitten im Hochschwarzwald ist Waldeinsamkeit nicht mehr nur ein literarischer Topos aus der Romantikepoche. Sie ist gerade jetzt, wo der Tourismus weitgehend ausgebremst ist, von einer sanften Schneedecke bis in die knapp 50 Meter hohen voll beladenen Tannenwipfel erfahrbar – am besten auf Langlaufskiern. Ein Netz aus 120 Kilometern Loipen spannt sich rund um den Feldberg, der mit einer Höhe von 1493 Metern der höchste Mittelgebirgsgipfel Deutschlands ist. Und durch dieses märchenhaft dunkle Geäst, das durch den vielen Schnee gar nicht so düster erscheint, kann man sich gleiten und zum "Waldeinsamkeit spüren" verleiten lassen, ganz ohne Druck. Keine Drängler in den gut präparierten Loipen, nicht einmal das Geräusch von anbrausenden Skiern ist zu hören. Nur das Gleiten der eigenen Bretter, der Abstoß des Skischuhs. Der warme Atem lässt die Sonnenbrille beschlagen...
Die beliebte Hochmoorloipe in Hinterzarten führt in einem 5,5 Kilometer langen Rundkurs.Plötzlich rauscht es doch. 20 Meter entfernt schüttelt eine Fichte eine volle Ladung Schnee ab. "Die Natur hat gerade viel zu tragen. Laufen Sie nicht zu dicht unter den Bäumen", hatte eine Dame aus dem Ort Falkau noch morgens zu mir gesagt. Sie behält recht. Hier auf der Rotmeer Loipe (Schwierigkeitsgrad: rot/schwarz) werden auch die anderen Sinne geschärft: Der Geruch von frischem Holz und Öfen liegt in der Luft, Schneeflocken säumen sich auf Kleidung, bis sie schmelzen – und der warme Kräutertee in der Thermosflasche war wohl doch keine so gute Idee. Die Zähne schmerzen bei jedem Schluck. Zudem zippt und ziept es langsam in Armen und Oberschenkeln. Doch der Wald gehört mir – für viele umsichtige Augenblicke – die Einsamkeit tut gut. Da ist nur die Natur, die Bewegung und Gedanken, die nun Pirouetten drehen – ohne völlig abzuheben. Ja, so ein bisschen Waldeinsamkeit im dichten Hochschwarzwald erdet.
Der "Black Forest", den die Kanadier und US-Amerikaner immer als eine der Top-Sehenswürdigkeiten in Deutschland schätzten, wird derzeit aber vor allem zum Schatz für Einheimische. Selten "verirrt" sich mal ein Auto auf die hiesigen Straßen, das kein "FR"-Kennzeichen (Kreis Freiburg) trägt. Auch ich bin mit meinen HD-Buchstaben ein Fremdling. Zwar könnte man auf die gelbe Plakette mit den drei Löwen verweisen "Hey, wir sind doch alles Badener", doch etwas Unbehagen begleitet einen während der Fahrt schon, wenn man augenscheinlich zum Wintersport in fremdes Hoheitsgebiet zu Corona-Zeiten eindringt. Schließlich fürchten sich beispielsweise die Einwohner am bayerischen Tegernsee vor den vielen "M"-Ausflüglern. Eine Schmach? Nicht so am Feldberg.
Waldeinsamkeit findet man hier gewiss, hauptsächlich aber auf weniger bekannten Loipen und vor allem, wenn das Wetter sich nicht von seiner Glanzseite zeigt. Auf der fünfeinhalb Kilometer langen Hochmoorloipe Richtung Hinterzarten ist bei Sonnenschein indessen schon einiges unterwegs: Langläufer, Wanderer, Rodler. Doch alle mit viel Ab- und Anstand. Da fragt ein älterer Herr höflich "Kann ich helfen", als eine junge Frau Hals über Kopf aus der Loipe purzelt. Einige der Tagestouristen stehen zum ersten Mal auf Langlaufskiern und halten sich zum Teil wacker auf den Beinen. Einen besonders schönen Blick auf den Seebuck und die Nordosthänge des Feldbergs erhält man auch aus der Köpfleloipe. Sie liegt an der Flanke des Feldbergs und ist mit 1300 Metern über dem Meeresspiegel die höchstgelegene Loipe Baden-Württembergs, allerdings nur vier Kilometer lang und relativ einfach passierbar. Die Spur führt zum Teil durch Waldabschnitte, aber auch über offene Flächen.

Bei dem ganzen Schneegestöber ist jedoch eine gewisse Portion Flexibilität und Ausdauer gefragt. Einige Cafés rund um den Titisee bieten Kaffee und Kuchen "to go" an, doch am besten hat man einen Notriegel und etwas zum Trinken mit dabei. Ein größeres Problem ist indessen das Angebot an öffentlichen Toiletten. Da sieht es leider ziemlich mau aus. Durch die Corona-Verordnungen sind viele "stille Örtchen" geschlossen. Auch sollte man sich darüber im Klaren sein, dass ein Beherbergungsverbot bei Hotels und anderen Unterkünften in ganz Deutschland gilt, ausgenommen sind Geschäftsreisen.
Ausflüge in den Hochschwarzwald sollten daher gut geplant sein, am besten auch den Wetterbericht mehrmals am Tag checken. Das Wetter kann schnell umschlagen. Zuverlässig ist indessen die nahezu nahtlose Spurung der Loipen (kostenlose Benutzung). Wenn man also ein paar Abstriche bei seinem Winterausflug macht, kann man hier stundenweise in eine andere Welt eintauchen, oder wie es der Dichter Ludwig Tieck in seinem Gedicht formulierte: Waldeinsamkeit / Mich wieder freut / Mir geschieht kein Leid / Hier wohnt kein Neid / Von neuem mich freut / Waldeinsamkeit.