Touristische Highlights

Eine Reise ins Ausland ist derzeit nur schwer durchführbar

Als Alternative bieten sich Nachahmer an, etwa der Chiemseer Spiegelsaal statt Versailles und Rügens Königsstuhl statt der Kreidefelsen von Dover.

20.05.2020 UPDATE: 23.05.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 52 Sekunden
Die Freiheitsstatue in New York (links) und ihre "kleine Schwester" in Paris.  Fotos: srt

Von Christian Haas

Same, same, but different: Es gibt gleich mehrere touristische Doppelgänger, die mit ihrem weltberühmten Original durchaus mithalten können, aber den Vorteil haben, deutlich leichter erreichbar zu sein. Im Corona-Jahr 2020, in dem Auslandsreisen zum Teil nur schwer planbar oder mitunter gar nicht durchführbar sind, könnten manche daher zu gefragten Alternativzielen avancieren.

Mächtige Felsen: Da wären zum Beispiel die White Cliffs von Dover. Viele Mythen ranken sich um die weltberühmten schneeweißen Klippen an der schmalsten Stelle des Ärmelkanals. Bis Reisen innerhalb Europas wieder grenzenlos möglich sind, müssen Urlauber auf solch majestätische Erhabenheit nicht verzichten, sie finden in Deutschland einen vergleichbaren Hingucker: die Kreidefelsen der Ferieninsel Rügen, dessen berühmteste Felsformation der 118 Meter hohe Königsstuhl darstellt. Die landschaftliche Schönheit inspirierte schon Maler wie Caspar David Friedrich zu eindrucksvollen Kunstwerken. Kein Wunder – sind das Grün der Wälder, das Weiß der Kreide und das Türkis des Wassers doch mindestens genauso beeindruckend wie die Kulisse der Klippen von Dover.

Aufregende Farbspiele: Kräftiges Lila ist die Farbe der Lavendelblüte. In normalen Jahren strömen Urlauber in Scharen in die französische Provence, insbesondere zwischen Juni und Ende Juli, um die Felder in voller Blüte zu sehen. Doch 2020 ist kein normales Jahr und viele können oder wollen sich keine Auslandsreise vorstellen. Für sie gibt es eine Alternative: Auch zwischen Hamburg, Bremen und Hannover leuchtet es lila, vor allem im August und September. Dann sorgt das – wenn auch etwas blasser als Lavendel blühende – Heidekraut für aufregende Farbspiele. Aber auch jenseits davon stellt die Lüneburger Heide eine europaweit einzigartige Kulturlandschaft aus Wäldern, Feldern, Mooren und eben jenen Heideflächen dar.

Märchenhafter Saal: Aber noch mal zurück nach Frankreich: Der Spiegelsaal im Schloss Versailles bei Paris gehört zur Crème de la Crème des Barock, keine Frage. Nicht nur Kulturfans können sich an dem Prunk ergötzen, sondern auch Schulgruppen, Kegelclubs, Familien – in "normalen" Jahren kommen rund 15 Millionen Besucher. Und staunen über den 75 Meter langen Saal und die den 17 Bogenfenstern gegenüber befindlichen 17 Großspiegel. Die Decke zieren in Stuck gefasste Gemälde, die den Sonnenkönig Louis XIV. verherrlichen. Ein einzigartiges Kunstwerk? Von wegen! Schließlich existiert ein weiterer Spiegelsaal, der sogar noch größere Ausmaße als das Original aufweist: 98 Meter Länge und 23 Großspiegel gegenüber genauso vielen Rundbogenfenstern. Das Beste: Er befindet sich mitten in Bayern, oder besser gesagt mitten im bayrischen Chiemsee auf der Insel Herrenchiemsee. Dort hat der Märchenkönig Ludwig II. nicht nur den Spiegelsaal, sondern gleich ganz Versailles kopieren wollen – wenngleich das Neue Schloss Herrenchiemsee die gesamte Dimension nicht erreichen konnte.

Geschenk mit Wirkung: Ein anderes, besser, das Pariser Wahrzeichen, der Eiffelturm, weist gleich eine ganze Reihe von Nachahmern auf. Der knapp 147 Meter hohe Berliner Funkturm etwa erinnert mit seiner Stahlfachwerkkonstruktion daran, ebenso der Aussichtsturm Petrin in Prag. Unweit des "echten" Eiffelturms, in Eleganz und Größe – 324 Meter! – unübertroffen, steht im Übrigen eine Kopie einer anderen Sehenswürdigkeit von Weltrang. Es handelt sich um die Freiheitsstatue – wenngleich in deutlich geschrumpfter Version. Die mit elf Metern etwa vier Mal so kleine Statue am Ende der Pariser Allée des Cygnes wurde der Stadt 1885 gewidmet und ist nach Westen ausgerichtet, in Richtung des Atlantiks und damit zu ihrer "großen Schwester" im New Yorker Hafen. Die war ja damals schließlich ein Geschenk der Franzosen. Eines, das heute noch nachwirkt, denn beinahe jeder US-Bundesstaat besitzt eine Replik. Und seit 2004 gibt es auch im elsässischen Colmar eine zwölf Meter hohe Nachbildung.

Goldene Brücken: Original in den USA, Nachahmung in Europa: Für die Golden Gate Bridge am Eingang zur San Francisco Bay gilt das ebenfalls. In ähnlichem Rostrot und ähnlicher Hängebrückenmanier glänzt die Brücke des 25. April in Lissabon, die den an dieser Stelle über zwei Kilometer breiten Fluss Tejo überspannt. Doch wer genauer hinsieht, erkennt dann doch ein paar Unterschiede. Der Auffälligste: Die Pylone der Golden-Gate-Brücke werden von Querverstrebungen stabilisiert, bei der Ponte 25 de Abril dagegen sind diese kreuzförmig angebracht.

Meisterwerke in Kopie: Wer viele Sehenswürdigkeiten an einem Ort genießt, ist im Londoner Victoria & Albert Museum richtig. Eine Wiedereröffnung ist für Anfang Juni geplant. Dort können Interessierte all das in Originalgröße bestaunen, wofür sie sonst zahlreiche Städtereisen unternehmen müssten. In den Räumlichkeiten findet sich Michelangelos "David" ebenso wie die Trajanssäule – wenngleich in zwei Teile zerlegt – oder der Pórtico de la Gloria aus der Wallfahrtskirche von Santiago de Compostela. Dazu gesellen sich noch hunderte weitere weltberühmte Meisterwerke – allesamt keine Originale, aber verdammt gut gemachte Kopien.