Stadt Nerja/Andalusien

Auf dem Balkon von Europa

1885 erschütterte ein Erdbeben die andalusische Stadt Nerja. Als König Alfons den Schaden begutachtete, entstand der Name der heutigen Promenade.

19.08.2023 UPDATE: 19.08.2023 06:00 Uhr 3 Minuten, 11 Sekunden

Von Heiko Wacker

Nerja. Weit geht der Blick hinaus aufs Mittelmeer, links erhebt sich die noch leicht verschleierte Sonne in den andalusischen Himmel. Ja, früh am Tag hat man ihn ganz für sich, den Balkon von Nerja, den Balkon Europas.

1885 war König Alfons XII. hier. Er stand sprichwörtlich auf Ruinen, denn ein schweres Erdbeben hatte die Region erschüttert. Die Worte des Königs sollten den Menschen vor allem Mut machen, und das ist Alfons ganz sicherlich gelungen, noch heute lehnt sein bronzenes Ebenbild an der Balustrade, die sich rund 60 Meter über den Wellen erhebt. Die von Palmen gezierte Promenade im Zentrum von Nerja führt direkt zur Statue.

Hintergrund

Infos:
Anreise: Malaga bietet sich als naher Flughafen an, bis Nerja sind es rund 70 Kilometer, die Lufthansa fliegt von Frankfurt/Main direkt, Iberia oder KLM mit Zwischenstopps in Madrid oder Amsterdam. Günstig sind auch Direktflüge mit

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Infos:
Anreise: Malaga bietet sich als naher Flughafen an, bis Nerja sind es rund 70 Kilometer, die Lufthansa fliegt von Frankfurt/Main direkt, Iberia oder KLM mit Zwischenstopps in Madrid oder Amsterdam. Günstig sind auch Direktflüge mit Ryanair ab Karlsruhe/Baden-Baden oder ab Frankfurt/Hahn ab 54 Euro. Mangels guter ÖPNV-Anbindung empfiehlt sich ein Mietwagen. Im Winter sind Autos schon ab 110 Euro die Woche zu bekommen. Das Parken in Nerja ist einfach, am Rand der Altstadt gibt es große Parkplätze. Außerhalb der Saison sind diese kostenlos, die zentrale Tiefgarage in der Stadt kostet 22,65 Euro für zwölf Stunden.

Unterkunft: Wer in das Zentrum Nerja möchte, kann bei "Toboso Apartamentos" unterkommen, www.tobosoaparthotel.com. Zum "Balcón de Europa" sind es keine zwei Minuten, es gibt keine Parkplätze am Hotel, obwohl dies beworben wird. Ein DZ kostet pro Nacht ab 68 Euro. Nahe der Höhle bei Nerja liegt das " Al Andalus Nerja". Dort kostet das DZ ab 65 Euro pro Nacht; www.hotelalandalusnerja.es

Ausflugstipps: Der "Balcón de Europa" und die "Cueva de Nerja". Der Balkon ist jederzeit frei zugänglich, die Höhlen kosten 13 Euro. Im Sommer sollte man online reservieren, gerne einen Tag vorher, sonst steht man umsonst an. Wer Glück hat, ergattert eins der 60 Gratistickets, die es werktäglich für EU-Bürger gibt.

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Sobald der Vormittag voranschreitet, da merkt man, dass dies das Herz der Stadt ist. Es füllt sich die Freifläche am Meer, an deren westlicher Flanke sich noble Hotels und Restaurants reihen. Direkt unterhalb des Balkons befindet sich ein Restaurant. Jedoch ist es nur im Sommer geöffnet. Die hübsche Bucht Calahonda hingegen hat ganzjährig Saison.

Und das ist auch gut so, denn das andalusische Küstenklima beglückt selbst im Januar mit zweistelligen Plusgraden, ab und zu sogar mehr als 20 Grad. Für ein Bad mag es noch zu kalt sein, für ein Sonnenbad hingegen nicht.

Entsprechend sieht man auch Gäste aus Skandinavien, von den britischen Inseln und natürlich aus Deutschland, die hier vor der winterlichen Tristesse Zuflucht suchen. Doch auch Spanier mögen es hier. Die Gastronomie hat sich entsprechend eingestellt, es gibt eine deutsche Bäckerei, irische und britische Pubs.

Nerja ist international, keine Frage, und das nicht nur in kulinarischer Hinsicht, wobei der Tourismus durch die nahe gelegene Höhle massiv befördert wurde. Sie findet sich rund fünf Kilometer nordöstlich der Stadt, auf dem Weg lohnt ein Stopp am Aquädukt El Aguila.

Zu verdanken ist die Attraktion den Launen der Natur – und der Wissbegier von fünf Jungs, die im Januar 1959 verwundert auf ein Loch im Boden blickten, das ihnen wegen der Fledermäuse aufgefallen war. Mit dem Mut der Jugend entdeckten sie die "Cueva": Bislang weiß man, dass die Höhlen mit facettenreichen Tropfsteinformationen rund fünf Kilometer lang sind. Dass es weitere unentdeckte Hohlräume dort gibt, ist nicht auszuschließen.

Mit der Besucherhöhle verhält es sich ein wenig anders, schon vor Jahrzehnten wurde ein eigener Zugang in den Untergrund geschlagen. Die unteren Galerien sind der Öffentlichkeit zugänglich, auch wenn die treppigen Wege nicht barrierefrei sind. Dafür entschädigt die besondere Stimmung der in düster-gedämpftem Licht erstrahlenden Kathedrale.

Die Halle besticht ihrer kolossalen Größe. Nahezu ehrfürchtig sprechen die Besucher in gedämpften Tonlagen. Wie mögen sich wohl die einstigen Bewohner gefühlt haben, als sie sich hier in den Schutz des Gesteins zurückzogen?

Wir wissen nur, dass sie da waren, prähistorische Funde, Knochen, Werkzeuge, Zeichnungen und Malereien, größtenteils aus der Altsteinzeit, belegen dies. Man vermutet, dass Menschen die Höhle von 30.000 bis 1800 vor Christus nutzten. Doch was sie beim Anblick der faszinierenden Gesteinsformationen dachten, das können wir nicht ahnen.

Also belassen wir es dabei und staunen lieber über die 45 Meter hohe Säule. Es ist die größte ihrer Art weltweit. Auch im "Saal des Elefantenstoßzahns" finden sich eindrucksvolle Stalagmiten und Stalaktiten: Die ersten wachsen von unten nach oben, die zweiten mit der Schwerkraft von oben nach unten. Es finden hier auch regelmäßig Veranstaltungen und das Höhlenfestival von Nerja statt.

Das Aquädukt bei Nerja versorgt seit 2012 wieder Felder in der Region mit Wasser. Foto: Heiko Wacker

Doch die Gegend hat mehr zu bieten, wie etwa Frigiliana, eines der beeindruckendsten "weißen Dörfer" Andalusiens. Von Nerja sind es nur sieben Kilometer bis dorthin. Die Wurzeln der Ortschaft liegen in der Römerzeit, auch die Phönizier waren hier, und man fand hier prähistorische Reste. Aussehen und Charakter der Siedlung sind jedoch arabisch geprägt.

Das merkt man Frigliana an, denn es wirkt wie an den Berg geklebt. Von dort hat man spektakuläre Ausblicke bis auf die Costa del Sol. Das kostenlose Parken an der Straßenseite kann sich in der Saison schwierig gestalten.

Auf dem Rückweg lohnt sich ein Abstecher in Torrox. Absolut lohnend ist auch ein Besuch im Stadtmuseum mit einer Ausstellung über die Höhle von Nerja und dem Zuckerrohranbau in der Region. Und falls man die Türen der Kirche El Salvador aus dem 17. Jahrhundert offen vorfindet, dann sollte man einen Blick in dieses Highlight im historischen Stadtzentrum werfen. Das barocke Bauwerk befindet sich zwischen der Plaza Cavana und der Flanier-Promenade des Balcón de Europa, angemessene Kleidung und eine dezente Lautstärke sind an diesem Ort selbstverständlich.

Wieder in Nerja angekommen, lohnt am Abend ein Spaziergang durch die pittoresken Altstadtgassen und die weiß gekalkten Häuser. Denn die Altstadt ist nahezu autofrei, und die Restaurants bieten für jeden Geldbeutel und Geschmack etwas. Ein Tipp: Darauf achten, wo die Einheimischen essen.

Ort des Geschehens

In jedem Fall sollte man den Tag mit einem Spaziergang auf den Balkon ausklingen lassen. Vor allem, wenn die Sonne und das bronzene Antlitz des Königs in goldenes Licht taucht. Vor den Füßen der Statue sind jene Worte verewigt, die er einst sprach, um den Menschen Mut zu machen. "Das ist der Balkon von Europa."