Ein Stück Sahara
Fuerteventura überzeugt mit Wüstenlandschaft und flachabfallenden Stränden. Das wissen vor allem Familien zu schätzen.

Von Marc Vorsatz
Wie macht dieser Mann das bloß? Am Nachmittag hat Alex noch Gäste verhauen. Naja, nicht wirklich. Eigentlich haben die Gäste versucht, ihn zu verhauen. Ist ihnen aber nicht gelungen. Denn Alex ist Kickboxmeister im Robinson Club Esquinzo Playa und trainiert dort täglich mit viel Leidenschaft sportaffine Urlauber. Und danach? Kurze Dusche und schon steht der gegelte Best Ager in lässigem Outfit am DJ-Pult. Als DJ heizt er Kids und Eltern mit internationalen Gassenhauern unter der Sonne Fuerteventuras ein. Und das mit mindestens genauso viel Spaß und Können wie beim Kampfsport. Beim Gala-Dinner begrüßt er viele beim Namen, denn etliche sind Wiederholungstäter. Umgekehrt nennen ihn alle einfach nur Alex, nicht etwa Alejandro Monzó, General Manager.
Hintergrund
Infos:
Anreise: Mit dem Flieger dauert die Reise rund viereinhalb Stunden. Es fliegen Tuifly, Easyjet, Condor oder Eurowings ab ca. 300 Euro hin und zurück.
Angebote: Esquinzo Playa gilt bei Familien als der
Infos:
Anreise: Mit dem Flieger dauert die Reise rund viereinhalb Stunden. Es fliegen Tuifly, Easyjet, Condor oder Eurowings ab ca. 300 Euro hin und zurück.
Angebote: Esquinzo Playa gilt bei Familien als der beliebteste Robinson Club überhaupt. Die Wiederholer-Quote liegt bei 50 Prozent. Inkl. kreativen, sportlichen und spielerischen Angeboten speziell für Kinder im Roby Club, umfangreichem Erwachsenen-Programm, Top-Kulinarik; 7 Nächte All Inclusive mit Flug, Transfers ab 950 Euro. www.robinson.com
Für etwas preissensiblere Familien empfiehlt sich das frisch renovierte TUI Magic Life Fuerteventura, ebenfalls direkte Strandlage, mit Kinderbetreuung, Wellness- und Fitness-Center, Splash-Wasserspielplatz, 7 Nächte All Inclusive inkl. Flug, Transfers ab 746 Euro. www.magiclife.com
Exkursionen:
In beiden Anlagen sind diverse Exkursionen wie Bio- und Ziegenfarm, Aloe-Vera-Plantage, Foodtour, Dolphin Watching, Piraten-Cruise, Dünen- und Vulkantour buchbar. www.tuimusement.com
Literatur: Neben vielen praktischen Informationen überzeugt der Baedeker Reiseführer Fuerteventura mit den Rubriken Magische Momente und Überraschendes; 19,95 Euro, eBook/PDF 16,99 Euro, www.baedeker.com
Weitere Infos:
www.spain.info
www.visitfuerteventura.com/de
Um 7 Uhr morgens begrüßt der Tausendsassa seine ersten hungrigen Gäste. Ein paar Meter weiter brutzeln schon die Eierkuchen auf einem heißen Blech. Gegen die hat selbst ein Kickboxmeister keine Chance.
Nach dem Nichts-geht-mehr-Frühstück gilt es, die wilde Westküste mit ihren schroffen Klippen und schwarzen Lavastränden zu erkunden. Die Fahrt dorthin führt durch eine merkwürdig anmutende Landschaft in sanften Braun-, Ocker- und Rottönen. Kein Schatten, nirgends. Karge Vulkanstummel prägen das Bild. Einst über 3000 Meter hoch, in 20 Millionen Jahren von Wind und Wetter rund geschliffen.
Der ungezähmte Strand von Ajuy und das gleichnamige Fischerdorf wollen eigentlich so gar nicht ins Postkartenklischee der goldgelben endlosen Strände passen, für die Fuerteventura so berühmt ist. Trotzdem, oder grade deshalb, gilt er bei Einheimischen wie Touristen als beliebtes Ausflugsziel. Meterhohe Wellen krachen gegen die bizarren Felsen links und rechts der Bucht. Die Unterströmung ist heftig, hat selbst schon gute Schwimmer mitgerissen. Aber die meisten Ausflügler kommen ohnehin nicht zum Baden, sondern starten von hier aus ausgedehnte Küstenwanderungen oder besuchen das nahegelegene Felsentor Peña Horadada und die Meereshöhlen in der Caleta Negra.
In den beiden Fischrestaurants wird traditionelle Küche ohne Schnickschnack serviert: gebratener Fisch oder Meeresfrüchte, dazu die kanarischen Runzelkartoffeln und ein Klecks Mojosauce. Einfach und lecker. Als Dessert wird Gofio-Mousse aus geröstetem Hafer und Weizen und lokaler Ziegenkäse aufgetischt. Dass Letzterer nicht einfach aus dem Supermarkt stammt, sondern in einer Molkerei aus der Milch der Majorera-Ziege hergestellt wird, lernt der Nachwuchs auf einer der Ziegenfarmen im Inselinneren. Und wenn es irgendwann dann doch zu pädagogisch wird, können die sie einfach rausgehen und Zicklein streicheln. Macht offensichtlich mehr Spaß.
Auch die architektonischen Kostbarkeiten findet man abseits der Küsten. Allen voran in Betancuria, der einstigen Inselhauptstadt. Ein Spaziergang durch die 600 Jahre alten Gassen, vorbei an weiß getünchten, kanarischen Landhäusern, traumhaften Cafés, eingebettet in prachtvoller Flora, und der Iglesia de Santa María mit ihrem markanten Kirchturm versetzt Besucher in längst vergangene Tage. Kein Wunder, dass hier öfter Werbespots, Filmszenen oder auch Musikvideos produziert werden. Peter Maffay drehte beispielsweise Sequenzen zu seinem Hit Halleluja in der Klosterruine. Seinen melancholischen Song bettete der Sänger gekonnt in die eindrückliche Leere Fuerteventuras.

Ganz anders die Szenerie im Nordosten. Der Naturpark El Jable gleicht einem wahrhaften Stück Sahara. Über Jahrmillionen haben sich die beeindruckenden Wanderdünen von Corralejo angehäuft. Es sind die größten der Kanaren, für Kinder ein Sandkasten der Superlative, für einige Filmemacher die perfekte Kulisse. So machte Regisseur Ridley Scott in seiner Bibelverfilmung "Exodus" aus El Jable kurzerhand die Wüste Sinai.
Zwischen den haushohen Sandbergen und dem türkisfarbenen Meer ziehen sich die Grandes Playas, die Großen Strände. Über sieben Kilometer goldgelber feiner Sand. Flach abfallend dazu. Besonders Familien mit kleinen Kindern wissen das zu schätzen. Weiter draußen türmen sich Wellen, über die passionierte Surfer unermüdlich reiten.
Von ein paar wenigen touristischen Zentren an der Ostküste abgesehen, ist das Wort Dichtestress ein Fremdwort auf Fuerteventura. Umso erstaunlicher scheinen die Overtourism-Proteste "Canarias tiene un límite", "Die Kanaren haben ein Limit", auf den ersten Blick. Sie sind zwar nicht mit denen auf Teneriffa oder Gran Canaria vergleichbar, ähneln sich jedoch bei genauerem Hinsehen.
"Ich kann die Locals bestens verstehen", erklärt Manager Alex. "Urlauber benötigen nicht nur Hotelzimmer, sondern auch Menschen, die diese komplexen Beherbergungsbetriebe am Laufen halten. Die kommen oft vom Festland und müssen ja auch irgendwo wohnen." Knappes Angebot und hohe Nachfrage lassen Miet- und Immobilienpreise seit Jahren steigen. Mittlerweile unerschwinglich für viele Insulaner, gelten die Kanaren doch als einkommensschwächste Region Spaniens.
"Wir haben die Zeichen der Zeit erkannt und Mitarbeiter-Unterkünfte gleich neben dem Robinson Club gebaut. Dazu flächendeckend Solarpanels und eine Wasseraufbereitungsanlage installiert. Es gibt noch viel zu tun und wir werden unseren Weg weiter gehen." Nächster Schritt: "Lebensmittelabfälle reduzieren", berichtet der Manager mit ein wenig Stolz in der Stimme. "So leisten wir unseren Beitrag für einen sozialverträglichen Tourismus, von dem Gäste, Mitarbeitende und Einheimische gleichermaßen profitieren."
Jetzt müssen nur noch andere folgen. Dann steht es bestens um Fuerteventura, der kargen Schönheit im Atlantik.