Corridoio Vasariano/Florenz

Im Geheimgang der Medici

Der berühmte Corridoio Vasariano wird im kommenden Mai der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

03.12.2023 UPDATE: 03.12.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 20 Sekunden
Blick aus dem Geheimgang auf den Ponte Vecchio. Foto: Rodrian

Von Hans-Werner Rodrian

Kein Stadtführer von Florenz lässt diese Geschichte aus: Fürst Cosimo de Medici wollte sich einst nicht unters einfache Volk mischen, um von seinem Wohnpalast, dem Palazzo Pitti, in sein Büro am Palazzo Vecchio zu gelangen. Für die rund 960 Meter lange Strecke ließ er sich 1565 von seinem Baumeister Giorgio Vasari einen Fürstenflur bauen, den Corridoio Vasariano. Weil am Boden auch damals schon kein Platz mehr und überdies ein Fluss zu queren war, baute Vasari den Fürstengang kurzerhand in luftiger Höhe.

In der Vergangenheit wurde der Corridoio Vasariano nur für Sonder- und teure Privatführungen aufgesperrt. Und seit 2016 war der berühmte Gang wegen Restaurierungsarbeiten ganz geschlossen. Denn der deutsche Direktor der Uffizien, Eike Schmidt, lässt seitdem die gesetzlich verlangten Notausgänge sowie einen behindertengerechten Zugang einbauen. Auch die weltberühmte Selbstporträtsammlung wurde aus dem Gang entfernt, der künftig die beiden Museen Uffizien und Pitti-Palast verbinden soll.

Hintergrund

Zu beachten: Auf der offiziellen Webseite www.uffizi.it/en/corridoio-vasariano war die Wiedereröffnung des Corridoio Vasariano bei Redaktionsschluss noch

[+] Lesen Sie mehr

Zu beachten: Auf der offiziellen Webseite www.uffizi.it/en/corridoio-vasariano war die Wiedereröffnung des Corridoio Vasariano bei Redaktionsschluss noch nicht bestätigt. Dort ist in der italienischsprachigen Fassung auch noch die Rede von einem Zugang im Erdgeschoss und einem Sonderticket für die Benutzung. Über nicht offizielle Webseiten wie www.ticketsflorence.com werden auch weiter private Führungen durch den Vasarigang zum Preis von 65 Euro pro Person angeboten. Die Museumsleitung der Uffizien warnt vor inoffiziellen Verkäufern.

[-] Weniger anzeigen

Auf der offiziellen Webseite der Uffizien wird der Termin noch nicht bestätigt. Doch kürzlich hat der toskanische Regionalpräsident Eugenio Giani ganz offiziell die Wiedereröffnung bekanntgemacht. Er kündigte an: Am 27. Mai 2024 werde der "neue" Fürstengang eingeweiht, 450 Jahre nach dem Tod seiner beiden Erbauer Cosimo de Medici und Giorgio Vasari. Der Fürst starb einen Monat vor dem 27. Mai, der Architekt vier Wochen später. Künftig sollen Besucher für die Nutzung des Ganges nicht einmal etwas bezahlen müssen. Der Politiker legte sich bereits darauf fest, dass die Wiedereröffnung "auf eine neue Art" geschehen werde: nämlich für alle. In der Praxis läuft es offenbar darauf hinaus, dass der Zugang zum Vasari-Korridor im Kombiticket für Uffizien und Pitti-Palast enthalten sein wird. Das ergibt Sinn – schließlich verbindet der Gang beide Museen auf spektakuläre Art und Weise.

Auf die Selbstporträtsammlung werden die Nutzer des Gangs zwar verzichten müssen, in jedem Fall bietet sich aber künftig ein bleibendes Erlebnis. Der Besuch beginnt in den Uffizien. Im dritten Stock, auf der Stirnseite mit Blick auf Arno und Ponte Vecchio, lohnt sich ein erster Stopp: Der Vasarigang verläuft nämlich über den Dächern der Ladenbrücke und ist von nirgendwo aus besser zu sehen als von diesem Panoramafenster.

Dann geht es wirklich los: Wer zwischen Raum 25 und Raum 34 nach links abbiegt (und vermutlich sein Kombiticket vorlegen muss), steht inmitten des Ganges. Selbst Florenzkenner werden fasziniert an den Fenstern stehen und wie einst die Medici über die Köpfe ihrer Untertanen blicken, auf der Brücke Ponte Vecchio dem Treiben unter sich zusehen, Einblicke durch Bullaugenfenster in die Florentiner Gassen gewinnen. Neben der bekannten Grotte von Buontalenti im Boboligarten kommt der Vasarigang wieder ans Tageslicht.

Jenseits des Ponte Vecchio zeigt sich zuvor noch die Macht der Medici: Der Gang verläuft teils quer durch die Wohnhäuser. Einmal trifft er sogar auf ein Gotteshaus: In der Kirche Santa Felicità streift der Fürstengang von Florenz die Empore, gibt durch Fenster den Blick frei auf die Betenden tief unten. Die Medici nutzten den Zugang auf ihre Art: Das menschenscheue Fürstengeschlecht ließ sich hier oben seine eigene Gebetsloge einrichten.

Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Trotz der hübschen Geschichte mit Cosimo war der historische Grund für den Bau des Vasarigangs ein anderer. Den Ausschlag gab die Hochzeit von Cosimos Sohn Francesco mit der Habsburgerin Johanna von Österreich. Die Gemäldesammlung im dritten Stock der Uffizien war gerade fertig geworden, das später von Buontalenti errichtete repräsentative Treppenhaus aber noch nicht. Und so bildete der eilig in nur fünf Monaten erstellte Gang einen standesgemäßen Zugang. Die Idee hatte Vasari übrigens geklaut, und zwar von keinem Geringeren als Leonardo da Vinci. Dieser hatte bereits kurz vorher ein ähnliches Werk für die Fürstenfamilie Sforza in Mailand projektiert.