Bootsausflüge

Mit dem Themse-Boot durch London

In der britischen Metropole gibt es auch eine für die Füße erholsame Variante der Stadtbesichtigung

26.09.2023 UPDATE: 26.09.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 33 Sekunden
Blick auf den Westminsterpalast. Foto: Getty

Von Sybille Boolakee

Viele Sehenswürdigkeiten Londons lassen sich wunderbar vom Wasser aus erkunden. Von Kew Village, einem beschaulichen Vorort im Westen der britischen Metropole, schippert seit mehr als 40 Jahren das Themseboot "Cockney Sparrow" flussabwärts in die "City of London". Die Tour passiert in gut eineinhalb Stunden zwölf historische Brücken und bringt den Besuchern die spannende Geschichte der Stadt fließend näher.

Hintergrund

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> Bootstouren: Thames River Boats: Die einfache Fahrt von Kew bis Westminster kostet für Erwachsene 16,50 Pfund, für Kinder 8,50 Pfund, für Familien 41,50 Pfund;

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> Bootstouren: Thames River Boats: Die einfache Fahrt von Kew bis Westminster kostet für Erwachsene 16,50 Pfund, für Kinder 8,50 Pfund, für Familien 41,50 Pfund; www.thamesriverboats.co.uk. Die Cockney Sparrow fährt ab Kew vom 1. April bis Ende September je nach Tidenhub täglich um 12.30 Uhr und 16.30 Uhr. Die genauen Zeiten sollten vorab im Internet abgerufen werden.

> Anfahrt nach Kew: Mit der District Line, z. B. ab Westminster in ca. 30 Minuten. Ab Bahnhof Kew etwa 15 Minuten Fußweg zum Kew Pier unmittelbar neben der Kew Bridge.
> Weitere Infos: www.visitbritain.de

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Voller Vorfreude auf eine gemütliche Bootspartie haben knapp zwei Dutzend Passagiere auf dem Oberdeck des Bootes Platz genommen, genießen den Ausblick auf die vorbeiziehende Landschaft und packen zur Lunchtime Sandwiches aus. Die Themse ist mit ihren 346 Kilometern der zweitlängste Fluss in Großbritannien und für Engländer ein Nationalheiligtum. Schon die Kelten siedelten an ihrem Ufer. Römer, Sachsen und Wikinger versuchten von der Themse aus, die Insel zu erobern. Die festlich herausgeputzte Anne Boleyn fuhr auf der Themse mit einer Barke zur Hochzeit mit Heinrich VIII. und drei Jahre später zum Schafott. Die Themse war schon immer Handelsweg, Trinkwasserreservoir und Inspiration für Künstler.

Schon bald passiert die "Cockney Sparrow" die Chiswick Bridge. Dort ist die Ziellinie der Ruderregatta "Boat Race". Ende März oder Anfang April messen sich die stärksten Achter-Rudermannschaften der Universitäten Oxford und Cambridge. Nach Chiswick gleitet das Ausflugsboot vorbei an handtuchschmalen Reihenhäusern im Tudorstil, urigen Pubs und einer grünen Flusslandschaft. Kinder stapfen in Gummistiefeln durch den braunen Ufermorast auf der Suche nach historischen Fundstücken. Mudlarker, wie die Themse-Schatzsucher heißen, finden im Schlamm immer wieder Relikte der historischen Vergangenheit. Manches Fundstück liegt im Museum of London – oder zu Hause auf dem Kaminsims.

Bootsfahrt auf der Themse. Foto: Boolake

Nach einer Flussbiegung kommt die Hammersmith Bridge ins Blickfeld. Nachdem Risse in den gusseisernen Konstruktionsteilen festgestellt worden waren, ist die Brücke seit 2020 komplett gesperrt. Weiter flussabwärts ändert sich nach und nach das Stadtbild. Nirgendwo lässt sich der Wandel der Londoner Skyline besser erfassen als von der Themse aus. Schicke Wohnhäuser mit Dachterrassen wurden an das Flussufer gebaut. Glasfassaden wechseln sich ab mit kleinen Bootshäusern. Vor den College Boat Clubs liegen schnittige Ruderboote. An der Putney Bridge startet seit 1845 das spektakuläre Duell der Rudermannschaften der Universitäten von Oxford und Cambridge.

Bootsausflüge auf der Themse haben eine lange Tradition. So begab sich am 17. Juli 1717 König Georg I. mit Gefolge in Lambeth auf seine offene Barke und ließ sich mit der Strömung nach Chelsea treiben – begleitet von Georg Friedrich Händels Wassermusik. Weiter flussabwärts weitet sich die Themse allmählich zum Strom. Eine der schönsten Themsebrücken ist die elegante Albert Bridge, benannt nach Prinz Albert, dem Ehemann Königin Victorias. Eine filigrane Schönheit ist wiederum die Chelsea Bridge. In ihrem Flussbett wurden beim Bau der ersten Brücke keltische sowie römische Waffen und Knochen gefunden. Unter anderem der Battersea-Schild, der heute im British Museum ausgestellt ist. Historiker vermuten, dass Cäsar an dieser Stelle im Jahr 54 vor Christus die Themse überschritten hat.

Noch vor Erreichen der Vauxhall Bridge ist Schluss mit dem idyllischen Landleben. Dominant erhebt sich der St. George Wharf Tower. Unmittelbar neben der Vauxhall Bridge – James Bond lässt grüßen – steht der massive Betonklotz MI6: das Hauptquartier des Secret Intelligence Service.

Gleich danach zeigt sich die steinerne Pracht des ehemaligen Empire: Lambeth Palace am Südufer, Palace of Westminster mit Big Ben am Nordufer. Statt Brücken verbanden jahrhundertelang Fähren die beiden Flussufer. Seit dem 13. Jahrhundert legten selbst die Boote der Könige an der Horseferry Road in Lambeth an. Die Benutzung dieser "Pferdefähre" war jedoch oft gefährlich. Der Farbanstrich der Brücken ist nicht zufällig gewählt. Der rote Anstrich der Lambeth Bridge steht für die roten Ledersessel im House of Lords und die grün gestrichene Westminster Bridge für die grünen Ledersessel im Sitzungssaal im House of Commons. Die 1862 eingeweihte und mit Wappen verzierte Westminster Bridge ist heute die älteste Themsebrücke Londons.

Mit einem leichten Stups erreicht die "Cockney Sparrow" die Anlegestelle. Polizeisirenen, Motorengeheul und ein babylonisches Sprachgewirr prasseln auf die Besucher nieder. Unbeirrt spielt über all dem Lärm ein schottischer Dudelsackspieler seine Weisen – willkommen in der City of London.