Mit dem BMW i3 ohne Zittern bis zum Ziel

Das erste Strom-Mobil von BMW beweist sich im Praxistest - 130 bis 160 Kilometer soll der Elektroflitzer pro Aufladung schaffen

27.08.2014 UPDATE: 27.08.2014 06:00 Uhr 3 Minuten, 47 Sekunden
Anderssein ist Programm beim Elektro-Auto von BMW, dem i3. Foto: AB
Von Axel F. Busse

Heidelberg. Mit der Akzeptanz von Elektromobilen hapert es noch gewaltig in Deutschland. Nur etwas mehr als 6000 Neuzulassungen für diese Stromer hat das KBA vergangenes Jahr registriert - unter 44 Millionen Pkw. Wie BMW die abgasfreie Zukunft definiert, zeigt das Modell i3 - was es im Alltag kann, der RNZ-Praxistest.

"Neuzulassungen von Elektromobilen in Deutschland verdoppelt". Die Nachricht aus den Januar-Tagen dieses Jahres klingt erstmal gut. Genaueres Hinsehen offenbart, dass die E-Autos noch immer einen verschwindend geringen Anteil am gesamten Verkehrsaufkommen haben. BMW hat sein Angebot in Form des Modells i3 gemacht. Es gibt ihn als reines Elektroauto und wahlweise mit einem die Reichweite verlängernden Zweizylinder-Verbrennungsmotor. Ohne Netz und doppelten Boden, vor allem aber ohne Notstrom-Aggregat ging es auf diese einwöchige Test-Tour. So viel sei verraten: Ohne das Zittern vorm Liegenbleiben und abgasfrei entspannt kann man mit dem Auto viel Spaß und gute Laune erleben - nur für die Urlaubsfahrt ist ein konventioneller Antrieb doch besser geeignet.

Anderssein ist Programm beim i3 und deshalb ist er außen wie innen unkonventionell gestaltet. Weil er genauso hoch wie seine Spur breit ist, wirkt er sehr kompakt und wendig. Letzteres ist er wirklich, denn auf seinen schmalen Reifen braucht er nur einen Radius von weniger als fünf Metern, um eine 180-Grad-Wende zu vollführen.

Bei aller Innovationskraft, die in dem Auto steckt, ist es nur verwunderlich, dass man das Dach nicht gleich noch mit Solarzellen bestückt hat. Zu den auffälligsten äußeren Merkmalen gehören die schmalen Reifen im Format 155/70 R 19. Durch die geringe Aufstandsfläche haben sie nur wenig Rollwiderstand, was wiederum Energie spart.

Innovativ wie der Antrieb ist auch das Türkonzept: Zwei gegenläufig öffnende Klappen ermöglichen den Zustieg auf die hintere Sitzreihe. Der vordere Wagenschlag überlappt den hinteren, so dass dieser nicht separat geöffnet werden kann. Hinten sitzt man bequem und etwas höher als die vorderen Passagiere, die niedrige Fensterkante trägt zum üppigen Raumgefühl bei. Der allein 230 kg schwere Akku sorgt dafür, dass trotz der Fahrzeughöhe von knapp 1,58 m der Schwerpunkt niedrig liegt. Und der ist einem dynamischen Fahrgefühl bekanntlich sehr förderlich. Die Karosserie aus Kohlefaser ist dafür verantwortlich, dass das Gesamtgewicht 1200 kg nicht überschreitet.

Durch Umlegen der Rücksitze ist eine ebene Ladefläche herstell- und ein Volumen von 1100 Litern nutzbar. Der große, frei stehende Monitor in der Mitte des Armaturenbretts sowie der kleine hinter dem Lenkrad sorgen für eine futuristische Atmosphäre im Cockpit. Ein ergonomisch geformter Drehschalter an der Lenksäule ersetzt den Ganghebel. Das Harman-Kardon-Lautsprecher-System kostet zwar stolze 800 Euro extra, verwöhnt aber durch einen wirklich konzertanten Sound. Aus dem für 34.950 Euro angebotenen Basis-Fahrzeug einen 50.000-Euro-Luxusschlittenzu machen, ist im Übrigen kein Problem - wie der Testwagen eindrucksvoll bewies.

Mit zartem Pfeifen setzt sich der i3 in Bewegung und man lernt diese Geräuschkulisse sehr schnell zu schätzen. Es passt nämlich ausgezeichnet zu der Agilität, mit der es voran geht. Auch wenn man bald einsieht, aus Gründen der Stromersparnis lieber darauf zu verzichten, ist die Beschleunigung ernorm und soll laut Hersteller bei 7,2 Sekunden von Null auf Hundert liegen. Gefühlt sind es unter fünf Sekunden. Auch ohne Ampel-Duelle kommt der Spaß nicht zu kurz, denn im Nu gewöhnt man sich einen auf die Besonderheiten des Autos zugeschnittenen Fahrstil an.

Ist man gelassen und vorausschauend unterwegs, kommt die Bremse kaum noch zum Einsatz. Natürlich wird der Schubbetrieb beim Loslassen des Fahrpedals zur Rekuperation genutzt. Da die Verzögerungsrate unabhängig von der Rollgeschwindigkeit 0,16 g beträgt, kann man damit das Fahrzeug sogar bis zum Stillstand "abbremsen". Um den nachfolgenden Verkehr nicht zu irritieren, ist jedes Mal das Bremslicht aktiviert, wenn kinetische Energie wieder der Batterie zugeführt wird. Zusätzliche Reichweite ist also der Lohn für eine unaggressive Fahrweise. Obwohl viel Luft und Gummi zwischen Felge und Fahrbahn ist, gehört der Abrollkomfort zur eher robusten Sorte. Besonders auf reparaturbedürftigen Straßen oder gar Kopfsteinpflaster geht es mitunter so holperig zu, dass man sich eine frisch geteerte Asphaltdecke herbeiwünscht.

Käufer eines i3 werden sich wohl zumeist eine Wallbox zum Laden am Abstellplatz des Fahrzeugs installieren lassen. Die Schnelllade-Funktion kann man sich als Sonderausstattung für 1590 Euro bestellen. Da im vorliegenden Fall nur eine temporäre Nutzung stattfand, war das erste Utensil für den 260 Liter großen Gepäckraum ein 20-Meter-Verlängerungskabel. Zugegeben, etwas umständlich ist es schon, aber damit bewiesen, dass sich auch aus einer Etagenwohnung heraus ein i3 unter Strom halten lässt. Das Auffüllen der Batterie an öffentlichen Ladesäulen erwies sich als nicht unproblematisch.

Entweder waren die Steckbuchsen schon durch andere Fahrzeuge belegt oder es handelte sich um Säulen lokaler Energieversorger, auf die nur mittels Kundenkarte zugegriffen werden kann. Angesichts von 30 km Restreichweite erschien es deshalb sinnvoll, die Suche nach weiteren Möglichkeiten einzustellen und daheim das gute alte Verlängerungskabel wieder in Betrieb zu nehmen.

BMW gibt für das Fahren im Comfort-Fahrmodus eine die Reichweite von 130 - 160 km an. Mit der Energie aus der Haushaltssteckdose war die Reichweitenanzeige während dieses Testes nicht über 125 km zu bringen. Doch auch das ist noch das Dreifache dessen, was der Durchschnittsautofahrer pro Tag zurücklegt. Bei der Streckenplanung für den nächsten Tag hilft das Smartphone: Dort sind über eine entsprechende App Ladezustand und andere Statusdaten abrufbar. Das Connected-Drive-Servicepaket kostet 670 Euro extra. Der Bordcomputer errechnete während der einwöchigen Nutzung einen Durchschnittsverbrauch von 14 kWh je 100 km und damit rund eine Kilowattstunde mehr, als der Hersteller angibt. Bei einem Preis von 25 Cent je kWh kostete die Normdistanz also 3,50 Euro. Dafür sind gegenwärtig etwa zwei Liter hochoktaniges Benzin zu bekommen - mehr nicht.

Fazit: Anders fahren? Mit dem BMW i3 geht's! Vier Personen und Handgepäck sind damit flott und kostengünstig unterwegs, das Auto ist praktisch und leicht zu handhaben, vor allem dann, wenn man auf die 30-minütige Schnellladung zurückgreifen kann. Ohne eigene Strom-Säule ist der Betrieb manchmal mühsam, doch das Gefühl, mit einem echten Zukunftsauto unterwegs zu sein, kann für vieles entschädigen. Der i3 könnte der ideale Zweitwagen sein - wäre er dafür nicht ein bisschen teuer.